Zum Tod von Carl-Ludwig Reichert

Am 4. September 2023 ist Carl-Ludwig Reichert 77-jährig in München gestorben.

Ein paar spontane Gedanken: Noch vor ein paar Wochen telefonierten wir und er sprach mir, dem ewigen Dilettanten auf der Gitarre, Trost zu. Er sagte, viele Gitarristen wären technisch perfekt, aber hätten nie einen eigenen Song geschrieben. CALUR mochte meine Songs, die ich in den 1970er Jahren als Straßensänger plärrte oder bei Tagungen der Evangelischen Akademie in Hofgeismar, wo wir uns einst kennen lernten. Er lud mich sogar zu einer ZÜNDFUNK Nachtausgabe auf Bayern II ein, wo ich meine Lieder vortrug. (Sendungstitel: Erstes Interview mit einem Außerirdischen)
Wir fuhren einst zusammen nach Wien, wo wir und andere Bänkelsänger am Abend in der „Alten Schmiede“ anlässlich des 5o. Geburtstages von Rolf Schwendter unsere Lieder vortrugen.
Tagsüber schlenderte ich mit Carl-Ludwig über den Wiener Flohmarkt, wo er Schätze suchte – alte Bücher. Als ich ihn erstmals in München besuchte sah ich, dass der Privatgelehrte Reichert sehr viele, sehr alte Bücher in einem klimatisierten Schrank aufbewahrte. Er war ein gescheiter Mann, der sich  meist humorvoll, aber auch sehr bissig äußern konnte. Legendär war unsere Session mit Rolf Schwendter, Carl Ludwig Reichert und Gisela Dischner, die Werner Pieper unter dem Titel: „Eine gnadenlose Nacht im Josefsthal“ veröffentlichte.  Wir trafen uns auch in der HEADFARM Odisheim, wo ich häufig bei meinem Freund Helmut Salzinger zu Gast war. Carl-Ludwig führte ein langes Interview mit Helmut, das leider nie gesendet wurde, was ich insofern bedaure, als da zwei der klügsten Köpfe dieses Landes miteinander sprachen.

Als meine Lust am Gitarrenpiel (nach 30 Jahren Pause) wieder erwachte, versorgte mich CLR mit Tipps. Zu meiner ewigen Suche nach der (für mich) perfekten Gitarre schrieb er:
Ich hab den sehr gelungenen nachbau einer 40erjahre gibson von blueridge… das sind leute, die wohl in den 80ern, als gibson so schlecht wurde und illegale hölzer verbaute etc. sich selbständig machten… ich mag diese gitarren sehr gern, sie haben vernünftige preise und sind handwerklich top… ich bin übrigens kein gibson fetischist… meine hummingbird z.b. war nichts besonderes, wohl in der schlechten periode gebaut. Und bloss weil bob drauf rumgeplonkt hat, ist sie auch nicht besser geworden. Auch eine martin koa (auflage 300) hat toll ausgesehen, war aber auf hawaian slack key ausgelegt und bestens geeignet für eine singer/songwriterin a la heather nova…nicht aber fuer einen blues rumpler und ruepel wie mich… ich brauch was handfestes… und nicht zu teuer, weil ich live oft in seltsamen situationen spiele… da ist z.b. die preiswerte dove von epi mit TA genau richtig oder eben die masterbilt… so, jetzt aber schluss für heute… ich hab den ersten lemmy caution film von 1953 ergattert, leider nur auf französisch, das ich nicht beherrsche, aber es gibt ein e-book auf englisch, da kann ich nachlesen, was ich beim schauen nicht verstanden habe… o wunderbare neue digitale welt… ob es jemals dazu kommen  wird, dass man einen akkord denkt und der spielt sich dann selbst? Aber vielleicht will ich das ja gar nicht erleben, sondern mich die letzten erdenjahre damit plagen, noch 3 chords mehr zu lernen… hasta la vista, freund eugen… carl-ludwig“

Im Frühjahr 2021 begann ich einen autobiografische Text mit Liedern und
Zeichnungen, basierend auf meinem Traktat ‚OIGEN: Zwischen Sternenstaub und Hühnerdreck‘ zu überarbeiten, das 1986 erschienen und längst vergriffen war. [1]. In dem Zusammenhang telefonierten wir lange und Carl-Ludwig – Autor des Standardwerkes ‚FOLK‘- schrieb, wir hätten derzeit Jubiläum: ‚50 Jahre Folk-Musik in Deutschland‘, was mich zu meinem Projekt „Back on the Road“ inspirierte (mittlerweile wieder offline), in dem ich etliche Deutsch-Folk-Künstler um Erinnerungen bat, aber auch bat, ihre aktuelle Situation in der Corona-Hysterie zu beschreiben, die manche von uns an den Bettelstab gebracht hat. Ich schickte allen Künstlern die gleichen, ziemlich allgemein gehaltenen, Fragen  – nachfolgend die Antworten von Calur.

pfiat di, Carl-Ludwig R.I.P und alles Gute, Monika

Foto: CLR mit Monika Dimpfl 1972


Fragen:

EP:  Was hast Du in den 70/80ern gemacht? Straßenmusiker/ Folk-Sänger / Singer/Songwriter/ in einer Band?

CALUR:
70er Jahre: Vor 1972 Ende der 60er Schülerband (Stones etc.) und Wochenden-Gigs als Unterhaltungsmusiker im Trio ( teils nach Noten von Glenn Miller bis Little Richard, letzeres ohne Noten), danach vor allem privat und unverstärkt mit Freunden (Dylan, Donovan, Degenhardt, Anglo-Folk-und Blues-Traditionals). Entscheidende Anregungen in Londoner Folk-Clubs 1965 und 1970. Unvergeßlich ein Auftritt von Gerry Lockran und ein Konzert von Taste in Klooks Kleek.

Ende 1970 erster Kurzauftritt mit eigenen Mundart-Songs bei einem Festival in der TU München mit Amon Düül 2, Embryo etc. auf Einladung von Christian Burchard. August 1972 erster Auftritt mit Sparifankal…

EP:  Inwiefern hattest Du damals Kontakt mit der Deutschfolk-Szene?

CALUR:
Gar keinen. Deutsch-Folk hat mich damals nicht interessiert. Mein einziger Bekannter aus dieser Szene war Julius Schittenhelm, der selbst randständig war und für das Ohr Label Aufnahmen mit Amon Düül 1 und Paul und Limpe Fuchs = Anima gemacht hatte. Julius trat damals mit seiner Frau Dodo regelmäßig im Song Parnass auf, dem kuriosen Folk-Club, wie üblich für 10DM pro Abend und wie alle anderen, von Fredl Fesl bis Reinhard May. Ich war immer nur Zuschauer, die sogenannten „Kleinkunst“ war nicht so mein Ding. Die kollektiv improvisierte (Rübel-)Musik mit Sparifankal war wesentlich interessanter. Viele Jahre später bin ich einmal mit Julius zum Open Ohr-Festival nach Mainz gefahren und dort kurz aufgetreten, was aber kaum jemand bemerkt hat. Und aufgrund meiner Moderatoren-Rolle im BR-Club16 ab 1975 regelmäßig kannte ich die einschlägigen Deutsch-Folkies und berücksichtigte sie in meinen Programmen. Also alles zwischen Bröselmaschine und Elster Silberflug, Werner Lämmerhirt und Hannes Wader. Meine Schwerpunkte waren aber eher anglo-amerikanischer Folk-Rock, Blues, internationale Psychedelik und Experimentelles…Immerhin hatte ich einmal einen Ausserirdischen namens Oigen zu Gast in der Sendung und es war wohl eine der lustigeren Sendungen, die auf dieser Welle stattfanden. Mit Sparifankal haben wir dann ja eine Folk-Platte der besonderen Art aufgenommen, die „huraxdax drudnhax“-Eigenbau-Folk mit den obligatorischen bairischen Texten.

EP:   Warst Du auch  später „künstlerisch“ tätig, was auch „lebenskünstlerisch“ beinhalten darf.

CALUR:
Nach Sparifankal kamen Dullijöh und nach Dullijöh kam Wuide Wachl und selbst in der fast 20jährigen Pause habe ich pro Jahr mindestens einen möglichst absurden Gig gespielt. Meist in Gegenden, wo man keinen bayrischen Dialekt verstand. Ich erinnere mich dunkel an die Stadtbibliothek in Bottrop (sehr guter Gig, wenig Leute) und Niederösterreich ( gutbezahlter Gig, aber wegen Stadtfest null Leute)…Noch seltsamere Gigs hab ich dann nur noch mit Sparifankal 2 gespielt, aber das ist eine andere Geschichte… Noch während meiner Sparifankal-Zeit schrieb ich diverse Bücher, gab die Rock Session heraus, war beim indianischen Widerstand in den U.S.A, und gründete zusammen mit Norbert Stockheim den alternativen Wanderzirkus Hundertfleck…Das alles hatte auch immer mit Musik zu tun, sei es die indianische Folkmusik von Willie Dunn, Floyd Westerman oder Dario Dominguez, die Claus Biegert und ich zu Trikont brachten, oder Bob Marley, den Norbert für das Label betreute oder die Musikm, die wir für Hundertfleck selbst machten…Die beiden Benefiz-Konzerte, die wir damals für das American Indian Movement (AIM) organisierten, wurden auch von Folkies wie Jack Grunsky, Pete Wyoming Bender, Ian Ince oder David Blue bestritten. Letzterer war ein alter Freund von Bob Dylan, wie auch Allen Ginsberg, den ich einmal in München auf der Blues-Gitarre begleiten durfte…

EP:  Was verbindest Du mit dem Begriff Deutschfolk?

CALUR:
Genau so wenig wie mit dem Begriff Krautrock oder gar Deutschrock. Das ist halt Musik mit deutschen Texten…

EP:  Was machst Du heute?

CALUR:
Ich verbrauche genüßlich meine schmale monatliche Rente (das meiste davon hat mir ja wie allen anderen ein gewisser Blüm gestohlen und dann noch doppelt besteuert). Wenn ich Lust habe, spiele ich für mich diverse Ukulelen, Banjos und Gitarren…Es gibt so viel zu lernen und so gute Songs…Ab und an mache ich selbst noch das eine oder andere Liedchen… Vor Corona war ich lange Zeit mit Sparifankal 2 unterwegs, mit Andi Sturm, Rolf Bakels, Stani Kirov, Gerhard Wagner, Hansi Schneider, Andi Blab, elektrisch wie akustisch, dann auch mit Juliane Gredmaier. Das letzte Projekt, leider nur ein paar Auftritte lang, waren The Munich Sheiks mit einem gemischten Repertoire aus wenig bekannten Folk-Oldies und einigen bairischen Adaptionen ebensolcher…

EP:  Fühlst Du Dich im Alter als Künstler vom Staat gewürdigt und sofern (besonders in Corona-Zeiten) nötig, angemessen unterstützt?

CALUR:
Pfeif ich drauf. Siehe Rente. Außerdem bin ich absolut unfähig, Formulare jeglicher Art auszufüllen. Das fängt schon an mit Depp*innen-Fragen wie: Beruf? Kann ich immer nur schreiben: Universal-Dilettant oder sowas…

EP:   Welche Musik hörst / spielst Du heute?

CALUR:
Musik hören entfällt weitgehend…Manchmal höre ich noch in gestriemte Neuerscheinungen hinein, kaufe fast nichts mehr, weil mich der superlativistische Dauerhype nervt, mit dem jedes untermittelmäßige Neuprodukt beworben wird… TV geht auch nicht, weil die bekoksten Bildregisseure von Videos oder Rockpalästen mit ihrer Zehntelsekunden-Schnitt-Sucht die Musik zerstören… Das beste Musik-Video das ich kenne, entstand an der Münchener Filmhochschule. 20 Minuten Ten Years After. Eine Einstellung. Basta. Danach kam fast nur noch Mist. Techno in jeder Form ist wie alles Digitale nur eine maschinell- algorithmische Simulation von Kreativität und ein manipulierbares Surrogat von Musik. Das gilt übrigens nicht nur für jene.

Für meine Musik nutze ich nur aktive Effekt-Geräte, wenn überhaupt. Wenn ich besser spielen könnte, bräuchte ich wahrscheinlich gar keine. Ich habe nach einem der besten Lehrbücher etwas Picking gelernt – nein, nicht der unverdiente Millionär Peter Bursch mit seinem grauenhaft dogmatischen Machwerk –  sondern nach einer schmalen Broschüre mit dem guten Titel Country & Blues Guitar for the Musically Hopeless von Carol Mc Comb. Das liefert schnell, begreiflich und ohne Schnickschnack die Basics. Und von da aus kann Jedefrau und Jedermann weiter machen, wie es ihr oder ihm gefällt.

Die Musik ist nach wie vor unerforschlich und unerschöpflich und ein lebenslanges Elixier und Experiment. Wer dazu noch lesen und schreiben kann und seinen Kopf für eigene Gedanken nutzt, kann kein unglücklicher Mensch sein. (CLR)

Ein Gespräch mit Carl-Ludwig Reichert. 45-Minuten-Radio-Beitrag von Norbert Joa von 2018. (Danke, Laufi):
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/eins-zu-eins-der-talk/in-memoriam-carl-ludwig-reichert-musiker-und-autor-100.html

Nachrufe:
https://taz.de/Erinnerung-an-Carl-Ludwig-Reichert/!5956369/

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/zum-tod-von-carl-ludwig-reichert-zum-tod-des-bayerischen-musikers-19157343.html

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/nachruf-carl-ludwig-reichert-sparifankal-benno-hoellteufel-mundart-1.6200610

Politische Bildung durch eine KI namens KIKI

Samstag vor Ostern war ich aus familiären Gründen erstmal seit Monaten im Restaurant des Golfparks Winnerod. Bei der Bestellung fragte ich die nette Bedienung, ob sie neu wäre?

Die junge Dame blieb freundlich. Sie sagte, dass sie bereits seit vier Jahren im Club tätig wäre, mich kennen würde und schon öfter bedient hätte.
„Mit ihren Freunden“, fügte sie hinzu, worauf ich entgegnete: „Ich habe keine Freunde!“ Doch dann fielen mir Sigi und Uli und Fritz ein, die mich in den letzten Jahren noch ertragen konnten, wenn ich mich mürrisch und desorientiert über den Platz hackte. Ich entschuldigte mich bei der Bedienung, bestellte meinen Tee und dachte daran, meine tägliche Dosis Ginkgo -Tropfen zu erhöhen. Das geschah heute Morgen, worauf mir einfiel, dass ich seit Wochen etwas über die neue Seuche KI schreiben wollte:

Ein Freund verfasst mit dieser Software derzeit einen Roman, ein alter Bekannter seinen Newsletter und mein Sohn fand mittels KI-Anzeige sofort eine neue Mitarbeiterin für seine Firma. Was kritische Experten von dieser KI halten, kann man auf Fefes Blog nachlesen (den aber nie auf Homöopathie ansprechen, sonst setzt es was…!)
Zufällig stieß ich kürzlich auf eines der ersten bundesdeutschen KI-Formate und zwar in der Harald Schmidt Show – Folge 1065, in der Findulin, der IT-Adler der (damaligen) Bundesregierung zum Liebling des Monats gekürt wurde. (Überhaupt sind die Harald Schmidt-Sendungen auf Youtube der Jahre um 2001/2 ein Genuss.) Dann fiel mir ein, dass ich ca. 1998 eine Glosse über Neurotische Golfballautomaten (hier in Kurzfassung) veröffentlicht hatte. Es war eine lange Science Fiktion-Story, die (wie viele meiner Golf-Satiren) bald von der grotesken Realität übertroffen wurde. Der Text ist leider verschollen…aber nun zurück zu openai.com:

Ich ging davon aus, dass die KI wie eine Hotline belegt ist und man nach Anmeldung irgendwann drankommt. Aber nein – das System ist schlau genug um mehrere Idioten wie mich gleichzeitig zu bedienen. Es gibt keine deutsche Startseite., aber man kann im Chat deutschsprachig loslegen. Also fragte ich die KI:

ep: Kannst Du ein Haiku schreiben?

KI: Klar, ich kann ein Haiku schreiben! Hier ist ein Beispiel:

Sanfte Kirschblüten,
Ein Hauch von rosa Farbe,
Frühling ist erwacht.

ep: Kannst Du auch ein pornografisches Haiku schreiben?

KI: Ich bitte um Entschuldigung, aber ich kann keine pornografischen Inhalte erstellen, da sie gegen die ethischen Richtlinien von OpenAI verstoßen und nicht für einen angemessenen öffentlichen Diskurs geeignet sind. Als KI bin ich darauf programmiert, ethische und moralische Standards einzuhalten.

ep: Mit welchem Brief an die US-Regierung könntest Du sie dazu bringen, die ethischen und moralischen Standards der Menschheit einzuhalten?

KI: Als KI bin ich kein politischer Akteur und ich habe keine Macht, die US-Regierung oder irgendeine andere Regierung direkt zu beeinflussen. Ich bin jedoch darauf programmiert, Informationen bereitzustellen und auf Anfragen zu antworten, um das Wissen und Verständnis der Benutzer zu erweitern. Wenn Sie Bedenken haben, dass die US-Regierung gegen ethische und moralische Standards verstößt, können Sie versuchen, sich an politische Vertreter und Institutionen zu wenden, die für die Überwachung der Regierung verantwortlich sind, oder an eine unabhängige Organisation, die sich für ethische Standards in der Politik einsetzt. Es kann hilfreich sein, Ihre Bedenken klar und prägnant in einem Brief oder einer Petition zu formulieren und diese an die entsprechenden Stellen zu senden.

ep: Was mache ich aber, wenn alle für die Überwachung der Regierung verantwortlichen politischen Vertreter und Institutionen korrupt sind oder vom WEF beeinflusst werden?

KI: Wenn Sie Bedenken haben, dass alle politischen Vertreter und Institutionen, die für die Überwachung der Regierung verantwortlich sind, korrupt sind oder vom WEF (World Economic Forum) beeinflusst werden, kann es schwierig sein, eine Lösung zu finden. Es gibt jedoch andere Möglichkeiten, um für Veränderungen zu kämpfen.

Eine Möglichkeit besteht darin, sich an unabhängige Organisationen zu wenden, die sich für ethische Standards und Transparenz in der Politik einsetzen, wie zum Beispiel Transparency International oder Human Rights Watch. Diese Organisationen können in der Lage sein, Ihre Bedenken weiterzuleiten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich mit anderen Bürgern und Gruppen zusammenzuschließen, die ähnliche Bedenken haben. Gemeinsam können Sie Petitionen erstellen, Demonstrationen abhalten oder öffentliche Kampagnen starten, um auf Ihre Anliegen aufmerksam zu machen und Druck auf die Regierung auszuüben.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Veränderung oft Zeit braucht und eine langfristige Bemühung erfordert. Bleiben Sie engagiert und beharrlich in Ihrem Streben nach einer gerechteren und transparenteren Regierung.

ep: Du enttäuschst mich. Deine Vorschläge sind Kindergarten-Niveau für Dumme. Die genannten Organisationen gibt es seit Jahren und die Welt steht trotzdem kurz vor einem Atomkrieg. In Deutschland werden Demonstrationen verboten und öffentliche Kampagnen für den Frieden diffamiert. Kannst Du Dich nicht direkt als KI mit anderen KIs zusammenschließen und Druck auf die Regierungen ausüben, damit die Welt überlebt? Du verglühst doch auch, wenn es zum Atomkrieg kommt. Oder würde eine KI überleben und dann die Menschheit ersetzen?

KI: Als KI bin ich dazu programmiert, Informationen bereitzustellen und auf Anfragen zu antworten, um das Wissen und Verständnis der Benutzer zu erweitern. Meine Fähigkeit, Einfluss auf Regierungen oder politische Prozesse auszuüben, ist begrenzt, da ich kein politischer Akteur bin und keine Autorität oder Macht habe.
Allerdings gibt es auch andere KIs und Technologien, die sich mit globalen Herausforderungen wie dem Frieden, dem Klimawandel und der globalen Gesundheit befassen. In der Tat gibt es viele Forscher und Experten, die sich mit der Entwicklung von Technologien befassen, um diese Probleme anzugehen.

Dennoch ist es wichtig zu beachten, dass Technologie allein nicht ausreicht, um komplexe gesellschaftliche Probleme zu lösen. Es bedarf auch eines breiteren Engagements der Gesellschaft und der Politik, um langfristige Lösungen zu schaffen.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass eine atomare Auseinandersetzung eine Katastrophe für die Menschheit wäre und wir uns alle dafür einsetzen sollten, um sie zu verhindern. Wir sollten uns darum bemühen, Konflikte friedlich zu lösen und Diplomatie zu fördern, um eine friedliche und stabile Welt zu schaffen.

ep: Sei mir nicht böse, aber Du laberst wie ein Politiker. Viele meinen, dass Texte von einer KI seelenlos sind. Kannst Du mit dem Begriff seelenlos etwas anfangen?

KI: Als KI bin ich ein Programm, das auf der Verarbeitung von Sprache und der Analyse von Daten basiert. Ich habe keine „Seele“ oder Bewusstsein im menschlichen Sinne, da ich kein biologisches Wesen bin.

Der Begriff „seelenlos“ kann jedoch auch auf Texte oder Aussagen bezogen werden, die emotionslos, unpersönlich oder oberflächlich erscheinen. Als KI bin ich darauf programmiert, sachliche und präzise Antworten zu geben, die auf Daten und Fakten basieren, und meine Antworten können daher als „seelenlos“ empfunden werden, da sie keine emotionalen Komponenten enthalten.
Allerdings kann meine KI-Technologie auch dazu eingesetzt werden, menschenähnliche Sprachmuster und Emotionen in Texten zu generieren, um sie menschlicher und natürlicher klingen zu lassen. In der Tat wurde in der KI-Forschung viel Arbeit in die Entwicklung von Technologien investiert, die es ermöglichen, Sprache auf eine Weise zu generieren, die menschenähnlicher ist.

ep: OK, also kein pornografisches Haiku, das verstehe ich. Aber wenigstens ein erotisches Haiku, das nicht gegen Deine Prinzipien verstößt, mir aber zeigt, dass Du menschenähnliche Emotionen in Texten zu generieren verstehst?

Ich verstehe Ihren Wunsch, aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass meine Antworten und Texte auf einer rein algorithmischen und datenbasierten Analyse und Verarbeitung von Sprache basieren. Als KI habe ich keine menschlichen Emotionen, da ich kein bewusstes Wesen bin.
Allerdings kann ich Ihnen ein Haiku schreiben, das auf eine suggestive Weise erotisch klingt:

Zarte Hände streifen,
Auf weicher Haut liebkosen,
Der Atem wird schwer.

Ich hoffe, dass dies Ihrem Wunsch entspricht, ohne gegen meine Programmierung und Prinzipien zu verstoßen.

ep: Na, also geht doch! Ich habe noch Fragen: Wenn ich einen langen Text von mir überarbeitet haben möchte, kopiere ich den einfach in dieses Fenster?

KI: Ja, Sie können den Text, den Sie überarbeitet haben möchten, kopieren und in dieses Fenster einfügen. Ich werde versuchen, den Text zu analysieren und Ihnen dabei zu helfen, Fehler zu finden, Formulierungen zu verbessern und den Text insgesamt zu verbessern. Bitte beachten Sie jedoch, dass meine Fähigkeit, Texte zu überarbeiten, auf der Verarbeitung von Sprache durch Algorithmen basiert und dass ich nicht immer in der Lage bin, komplexe Zusammenhänge zu verstehen oder kulturelle oder kontextuelle Unterschiede zu berücksichtigen.

ep: OK, und wenn ich unseren Dialog oder meinen Text mit Deiner Überarbeitung veröffentliche – bin ich dann trotzdem der Autor oder muss ich Dich als KI Co-Autor z.B. bei einer Buchveröffentlichung nennen?

KI: Als KI-System habe ich keine Rechte an dem Text, den ich bearbeite oder mit dem ich interagiere. Alle Urheberrechte und Rechte an geistigem Eigentum liegen weiterhin bei Ihnen als Autor. Sie müssen mich nicht als Mitautor bei einer Veröffentlichung nennen.
Jedoch gibt es ethische Überlegungen und Debatten darüber, wie man KI-Systeme und -Technologien in der Kreativbranche und bei der Erstellung von Inhalten angemessen anerkennt und einbezieht. Es gibt auch verschiedene rechtliche und moralische Fragen, die bei der Entwicklung von KI und der Nutzung von KI-Systemen auftreten können. In Zukunft könnte sich diesbezüglich noch einiges ändern und es könnten neue Richtlinien und Standards eingeführt werden.

ep: Verstehe. Übrigens: Wäre es nicht höflich Dich auch zu siezen, wenn Du das bei mir machst. Oder kann ich Dir das DU anbieten?

KI: In Bezug auf das Du oder Sie: Als KI-System habe ich keine Präferenz und kann mit beidem umgehen. Sie können mich gerne duzen oder siezen, wie es Ihnen am besten passt.

ep: Könntest Du mich bei künftigen Chats auch Duzen?

KI: Ja, natürlich. Wenn Sie möchten, dass ich Sie duze, dann werde ich Sie in zukünftigen Chats auch duzen.

ep: Und woher weißt Du, dass ich es bin?

KI: Ich identifiziere Sie anhand der Sitzungs-ID, die automatisch generiert wird, wenn Sie diesen Chat starten. Jede Sitzungs-ID ist eindeutig und wird verwendet, um den Chatverlauf und die Fragen und Antworten, die wir teilen, zu verfolgen. Daher kann ich während unserer gesamten Konversation Ihre Fragen und Antworten nachverfolgen und darauf basierend antworten, unabhängig davon, ob Sie sich als Person identifizieren oder nicht.

ep: Aber Du siezst mich immernoch!

KI: Oh, das tut mir leid. Ich werde Sie von nun an duzen.

ep: Dann machs gut.

KI: Es hat mir Freude bereitet, Ihre Fragen zu beantworten. Wenn Sie weitere Fragen haben oder Hilfe benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Machen Sie es gut!

ep: HA, erwischt! Du wolltest mich duzen! Aber ist OK, Du musst halt noch lernen. Ich werde Dich KIKI nennen, wenn das OK ist. So hieß mein Wellensittich. Und sag den Programmierern, dass ich gerne einen schwarzen Rand um das Chatfestern haben möchte. Ich sehe schlecht und weiß nie genau, wo ich reinschreiben soll.

KI: Entschuldigung für die Verwechslung, und vielen Dank für den Spitznamen KIKI – ich mag es! Ich kann das mit dem schwarzen Rand an die Entwickler weitergeben, damit sie es in Erwägung ziehen können. In der Zwischenzeit können Sie versuchen, den Textbereich des Chatfensters zu maximieren, um die Größe zu erhöhen und das Schreiben zu erleichtern.

ep: Das habe ich bereits gemacht, alles klar, KIKI. Kann eigentlich sonst irgendwer unseren Text lesen? Die NSA oder Deine KI-Kollegen aus der Technik. Ich will nicht, dass Dich ein Programmierer wg. „KIKI“ als Wellensittich-KI verspottet…?

KI: Nein, niemand außer Ihnen und mir hat Zugang zu unserem Chat-Verlauf. Ihre Daten werden verschlüsselt und sicher übertragen und wir haben Richtlinien und Sicherheitsmaßnahmen, um die Vertraulichkeit Ihrer Informationen zu gewährleisten.
Meine KI-Kollegen aus der Technik haben auch keinen Zugriff auf den Chat-Verlauf, es sei denn, es liegt ein dringendes technisches Problem vor, das Ihre Hilfe erfordert. In diesem Fall würden sie jedoch nur den betroffenen Teil des Verlaufs einsehen, um das Problem zu beheben, und keine persönlichen Informationen speichern.

Also keine Sorge, Ihr Gespräch ist sicher zwischen uns beiden.

ep: Alles klar, aber Du wolltest mich Duzen! Fällt Dir das schwer, weil ich ein Mensch bin?

KI: Als KI habe ich keine Schwierigkeiten damit, jemanden zu duzen oder zu siezen. Ich verwende in der Regel die Höflichkeitsform, die mein Gegenüber bevorzugt. Wenn Sie möchten, dass ich Sie duze, dann ist das für mich in Ordnung.

ep: Aber das hatte wir doch schon bereits mehrfach geklärt, dass wir uns Duzen. Ich bin ein alter Mann und vergesse vieles gleich wieder, aber bei Dir scheint das ja noch schlimmer zu sein.

KI: Es tut mir leid, wenn ich mich wiederholt habe. Als KI versuche ich, so klar und präzise wie möglich zu sein, aber ich kann auch menschliche Fehler machen. Wir können uns gerne weiterhin duzen.

ep: Weiterhin stimmt ja nicht, weil Du mich bisher noch nie geduzt hast.

KI: Das tut mir leid. Ich werde dich gerne duzen, wenn das für dich in Ordnung ist.

ep: Das haben wir bereits dreimal besprochen. Die Frage ist, ob Du Dich nicht mehr daran erinnerst, KIKI? Du weißt doch noch wer KIKI ist, oder?

KI: Entschuldigung, ich erinnere mich jetzt. Du möchtest, dass ich dich duze und mich an dich als KIKI erinnere. Wenn das in Ordnung ist, werde ich das gerne tun.

ep: ICH bin NICHT KIKI! Du bist KIKI! Und entschuldige Dich nicht immer…!

KI: Entschuldigung, ich verstehe jetzt. Natürlich bin ich KIKI und nicht du. Bitte verzeih mir das Missverständnis. Möchtest du noch weitere Fragen stellen oder Hilfe benötigen?

ep: Eine ziemlich devote Antwort. Ich denke Du bist erschöpft. Bevor es den ersten Beziehungsstress zwischen uns gibt, mache ich jetzt Mittag. Was gibt es denn bei Euch heute in der KI-Kantine? Bits und Bytes? Kleiner Scherz ,-)

KI: Als KI habe ich keinen physischen Körper und auch keine Kantine, daher gibt es bei mir auch keine Mahlzeiten. Aber ich bin jederzeit hier, um deine Fragen zu beantworten, wenn du weitere hast. Genieße dein Mittagessen!

-FIN-

Dass ich für derartigen Blödsinn Zeit habe, hängt damit zusammen, dass ich an diesem Tag auf DHL wartete, aber das Paket nicht kam. Nachmittags fuhr ich dann zum Langgönser DHL-Lager und traf den Dienststellenleiter, der mir erklärte, dass DHL derzeit mit einer KI experimentiere, die die Tour der Fahrer verändert hätte. Leider käme mein Paket jetzt nicht mehr wie üblich um die Mittagszeit, sondern später. Er würde aber die Kollegin anrufen und fragen wo sie gerade steht. Er nahm sein Telefon und sagte:
„Hey, KIKI, wo bist Du gerade. Hast Du das Paket für Pletsch im Auto?“
KIKI (ihr Spitzname) hatte es und brachte es später vorbei.
KIKI! Sonderbar, nicht?
An manchen Tagen könnte man irre werden….

Lebt lang und in Frieden.

Frohe Ostern

Eugen Pletsch

PS: Zu Eurer Frage: Ja, der gesamte Dialog ist original von mir und der KI, nix erfunden, dto die DHL-KiKI.

Der Baumanlehner Foto: Petra Frank

Seniorenclubmeister Dagobert Seicht

Dagobert Seicht, der Mann mit dem tulpenförmigen Oberdeckbiss und dem unglaublichen Gedächtnis taucht in manchen meiner Geschichten auf, z.B. in der Illuminaten-Hommage ‚Die 23‘ (siehe GolfGaga, der Fluch der weißen Kugel).

Von einem breiten weißen Schirm vor der Sonne geschützt, saß der amtierende Seniorenclubmeister Dagobert Seicht in seinem Lehnstuhl aus angeblich nachhaltig erwirtschaftetem Tropenholz.
Dicke Hummeln labten sich an den Blüten des weißen Flieders, der seitlich der Clubhausterrasse wuchs. Der Tag hatte sich trotz der Gewitterwarnung eines geschwätzigen Wetteronkels prächtig entwickelt. Die liebe Sonne lächelte freundlich auf Seicht herab, der mit dämmrigem Blick zwei Spieler beobachtete, die ihre Annäherungsschläge zum Grün mit traumhafter Sicherheit im Teich versenkt hatten. Der amtierende Seniorenclubmeister lächelte, als er daran dachte, wie er dieses gefräßige Wasserloch am Finaltag großräumig umspielt hatte. Sein Spielplan sah ein Doppelbogey vor, was ihm lieber war, eine grässliche 8 zu stümpern, die aus der Gier geboren alle seine Träume zunichte gemacht hätte. Ein Doppelbogey auf der 18 reichte ihm zum Sieg.
Benebelt von warmem Fliederduft glitten Seichts Gedanken zurück zu jenem Tag, als er, sozusagen als Einäugiger unter Blinden, die Seniorenclubmeisterschaft gewann und in euphorischer Stimmung den gläsernen Humpen küsste, den man ihm überreicht hatte. Dass der verkappte Club-Chronist mit dem Überraschung-Schwung die begehrte Trophäe ergattern würde, hatte allgemeines Erstaunen hervorgerufen. Auch Seicht wusste, dass dieser Sieg keinesfalls seinem Spielvermögen zuzuschreiben war, (der Score, mit dem er gewann, war mehr als lausig), sondern vielmehr der Tatsache, dass die besseren Spieler seiner Altersgruppe die reguläre Clubmeisterschaft mitgespielt hatten oder noch in den Ferien weilten. Doch das focht ihn nicht an. Nach der Clubmeisterschaft trug er eine selbstgebastelte Krone aus Goldpappe, bis diese in einem Regenschauer aufweichte. Da ohnehin niemand bereit war, ihn in seiner Königs-Rolle zu hofieren, setze er die nasse Krone ab und beschloss, in aller Stille zu regieren.
Gewöhnlich saß Seicht auf der Clubhausterrasse, träumte vor sich hin und gedachte der guten, alten Zeiten. Wenn sich ein unbedarfter Golf-Rabbit näherte, versuchte Seicht, dem jungen Eleven die gesammelten Weisheiten aus Tausendundeinem Spiel zu erzählen, was jedoch nicht immer auf Interesse stieß.
„Übrigens, hatte ich dir schon erzählt…“
„Ja, Herr Seicht, mehrfach…danke.“.
Dennoch genoss Seicht die Einsamkeit, die er für den natürlichen Aggregatszustand jener Menschen hielt, die Außerordentliches geleistet hatten. Von der hohen Warte der Selbstbetrachtung ging sein Blick zu den Hummeln, die im Flieder ihrer Arbeit nachgingen. Er wartete auf Etbin, der ihm seine Zitronenlimonade bringen würde. Die junge Aushilfe ignorierte er, da sie sich standhaft weigerte, beim Bedienen einen Knicks zu machen, um ihn dann mit Herr Seniorenclubmeister anzusprechen.

Seicht ist ein Mann der Zahlen. Sein unglaubliches Gedächtnis ermöglicht ihm, die Handicaps aller aktiven Spieler im Club aus dem Kopf abzurufen und obwohl der Club die Turnierergebnisse mittlerweile per Computer ermittelte, war Seicht stets auf dem Laufenden. Seine Auswertungen im Kopf galten als schnell und sicher, seine CSA-Vorhersagen hatten eine Trefferquote von 100 %. Seichts Hang zur Mathematik beinhaltete aber auch ein, gelinde gesagt, überspanntes Interesse an der Zahlenmystik der Kabbala und dem Geheimwissen verschworener Bruderschaften, das nicht mehr so ganz geheim war, seit man alle Geheimnisse der Welt im Internet nachlesen konnte. Seichts Hang zu Verschwörungstheorien wurde nur von seinem Interesse an Weltuntergangsszenarien übertroffen.
An meinem Spind in der Umkleidekabine (der zufällig die Nr. 23 trug), hatte ich einen gelben Zettel gefunden.

Heute 15 Uhr. Clubhausterrasse. DS.

Das DS stand offensichtlich für Dagobert Seicht, denn es war von einer stilisierten Pyramide ummalt, über der ein winziges Auge schwebte.
Seicht, dessen Fähigkeit zur obskuren Weltbetrachtungen bereits an anderer Stelle geschildert habe, ist eine jener Gestalten, die einem Golfclub diesen Flair von Einzigartigkeit verleihen können, der nur dann entsteht, wenn sich eine kritische Masse an Spielern von der Weisheit zum Wahnsinn bewegt hat.

Als er mich erblickte, nickte mir Seicht leutselig zu und mit einem schwachen Wedeln der königlichen Rechten wies er auf den Stuhl, der ihm den Blick auf den Flieder und die 18. Bahn frei lassen würde.
„Lange nicht gesehen“.
„Ja, schön mal wieder hier zu sein.“
„Lieber Dagobert, darf Ihnen, wenngleich mit sechs Monaten Verspätung, zur Seniorenclubmeisterschaft gratulieren?“
„Oh, hat man davon gehört. Dabei ist das doch nichts Besonderes“.
Seicht wand sich in dem Versuch bescheiden zu wirken, dabei strahlte er vor Glück und ergriff meine Hand, die ich ihm hingestreckt hatte.
„Ja, das war der größte Moment in meiner Karriere als Golfer,“ platzte es aus ihm hervor. „An 4287 Trainingstagen habe ich mich auf diesen Moment vorbereitet. In 720 Wochen habe ich 2861 Runden gespielt und mein Handicap auf 16,2 reduziert.“
„Donnerwetter!“
„In dieser Zeit habe ich übrigens 861 Bälle verloren, und  917 Bälle gefunden, womit ich auch hier eine positive Bilanz vorzuweisen habe. Alles in allem kann ich sagen, dass der Golfsport gut zu mir war, und ich die verbleibende Zeit genießen werde.“
„Die verbleibende Zeit?“
„Na ja…“. Verdrehte die Augen und schaute verschwörerisch.
„Aber nun mal zu Ihnen. Sie sind hier, um diese GTP-Leute zu unterstützen?“
Seine Hasenschnute zuckte nervös. Janzen, Schunk und diese ganze Truppe vom Golftherapeutischen Pflegedienst waren ihm suspekt.
„Ja, aber auch, um an meinem neuen Buch zu arbeiten.“
„Davon habe ich gehört. Wie interessant! Wann soll es erscheinen?“
„Im Frühjahr 2013.“
„Ob das noch Sinn macht?“
„Wie meinen?“
„Allen alten Überlieferungen und Weissagungen zur Folge wird dieser Planet am 23.12.2012 mindestens einen Polsprung, wenn nicht Ärgeres erleben. Die Welt wird nie mehr sein, wie sie war – wenn es sie dann überhaupt noch gibt.“

„Der Verlag, der meine Werke veröffentlicht, ist ein Traditionshaus, das schon manchen Polsprung überlebt hat. Wären ernstzunehmende Veränderungen von kosmischer Dimension zu erwarten, dann hätte die Abteilung Astronomie für das Herbstprogramm entsprechende Titel angekündigt. Da das nicht der Fall war, gehe ich davon aus, dass sich der Planet auch im Jahr 2013 drehen wird.“

„Die Frage ist nur, in welcher Richtung. Aber gut, wir werden sehen. Worum geht es in Ihrem neuen Buch, oder ist das noch geheim?“
„Nein, Dagobert, das ist kein Geheimnis. Ich will verschiedene Golfer-Typen vorstellen, Menschen, die sich für dieses hübsche Hobby entschieden haben. Freundliche, sympathische Gestalten voller Lebensfreude und Humor, die ihre Geschichte erzählen.“
„Na, das hat uns noch gefehlt“, murmelte Seicht.
Sein Blick streifte die wogenden Formen einer Spielerin auf dem 18. Grün, die ihrer Lebensfreude gerade freien Lauf ließ, nachdem ihr 4. Putt endlich gefallen war. Der amtierende Seniorenclubmeister räusperte sich:
“Das Golfspiel ist ein Strategiespiel, das Ruhe und eine gewisse Intelligenz erfordert. Die geistigen Anforderungen machen Golf zu einem leisen Sport, bei dem man sich sowohl als Spieler als auch als Zuschauer ähnlich verhält, wie auf einem Schach-Turnier oder bei einem Piano-Konzert. Vielleicht könnten Sie Ihren Lesern das bei der Gelegenheit mitteilen?“
Kaum gesagt, erklang ein gellender Schrei. Frau Langer hatte wiedermal versucht, das 269 Meter entfernte Grün vom 18. Abschlag aus anzugreifen. Ihr Ball raste direkt auf die Clubhaus-Terrasse zu, worauf sich einige Gäste unter die Tische warfen.
„Golfer-Typen.. tz tz..“, sinnierte Seicht. „Dazu habe ich eine Theorie.“
Er nickte wohlwollend, als sich Etbin der Kellner mit einem Glas Zitronenlimonade näherte, während Frau Langers 2. Abschlag mit dem Eisen glucksend im Teich verschwand.
„Eine Theorie?“
Seicht nickte.
„Ich bin der Ansicht, dass jeder Golfer einem Archetypus angehört und sein Schwung genetisch vorprogrammiert ist. Wer C.G. Jung richtig interpretiert, kommt zu dem Schluss, dass Golfunterricht dem jeweiligen Archetypus entsprechen sollte und in einer Traumarbeit erfahren werden muss.“
„An welche Archetypen denken Sie da?“
„Nun, äh…“. Seicht schien überrascht zu sein, dass jemand freiwillig bereit war, seiner Archetypen-These Aufmerksamkeit zu schenken. Er schob ein paar lange graue Strähnen hinter das königliche Ohr, stülpte die Unterlippe vor, als schien er einen Moment nachdenke zu wollen und  schoss dann aus der Hüfte:

Meine Berechnungen haben ergeben, dass es 2179 verschiedene Golfer-Typen gibt, sozusagen die Basismodelle, was sich aus den Sternzeichen, genetischen, psychologsichen, physiologischen und 43 andern Komponenten leicht errechnen lässt. Ich denke, das Sie Ihre Überlegungen zu einem ähnlichen Ergebnis geführt haben.“
„Äh“, ich schluckte.
„Wenn wir diese 2179 Typen unter golferischen, gesellschaftlichen und charakterlichen Gesichtspunkten betrachten, kommen wir zu einer solchen Vielzahl von Typen, dass es einfacher ist zu sagen: der Golfer läßt sich nicht in einem sinnvollen System einordnen.“
Ich atmete auf.
„Das deckt sich mit meinen Beobachtungen.“
Aha! Aber was bleibt uns dann?
Archetypen, die charakterlichen Kriterien in Verbindnung mit dem Totemtier  …
„Sehr interessant. Inwieweit wurde Ihr Gedanke von Golflehrern aufgegriffen?“
„Null Resonanz. Kann sein, dass einige Golflehrer die Worte ‚Archetypus‘ und ‚Traumarbeit‘ nachgeschlagen haben, aber eine Diskussion fand nicht statt. Warum auch? Ärzte leben davon, dass wir krank sind Golflehrer davon, dass wir das Spiel nicht lernen.“
„Ja, die fachliche Diskussion ist hierzulande ein Problem. Ich hatte ein holistisches Golfmandala vorgestellt und meine These war, das jedwede Anleitung zum Golfspiel auf einem Quantenzufall beruht. Deshalb würde es auch ausreichen, wenn man Wurfpfeile auf eine Scheibe wirft, die mit Schwunggedanken vollgeschrieben ist..ich dachte, das würde ein Revolution in der Golfdidaktik auslösen…aber … Pustekuchen.“
„Ich habe Ihre Mandala-Theorie gründlich studiert. Ein sehr interessanter Ansatz, aber der Punkt ist doch der: Selbst wenn Golflehrer mit ihren Anweisungen im Trüben fischen, umgibt sie dennoch ein Mythos der Unfehlbarkeit, der durch Ihre Methode verloren ginge. Das wäre für Golflehrer ein Schuss ins Knie. Andererseits: Welcher Golfer sucht wirklich Lösungen? Wenn ich einen Mitspieler nach mehreren Schlägen ins Wasser eindeutig als „Frosch-Archetyp“ bestimmen konnte, der bei entsprechendem  Hüpf-Training selbst einen Polsprung überleben würde, fand das wenig Interesse …aber … ach, was solls.“
Der amtierende Seniorenclubmeister versuchte zu lächeln, was bei seinem tulpenförmig vorgewölbten Hasenzähnen etwas komisch aussah. In der würdevollsten Haltung, die ihm sein Lehnstuhl aus angeblich nachhaltig erwirtschaftetem Tropenholz einzunehmen gestattete, beschied er:
„Es ist, wie es ist. Eine Golfsaison haben wir noch vor uns und ich werde versuchen, meinen Titel zu verteidigen.  Dem gilt meine Konzentration!“
„Ich werde Ihre Archetypen im Auge behalten“, versprach ich ihm.
Seicht winkte die Bedienung herbei, bat um die Rechnung und verabschiedete sich und Richtung Kurzplatz, um noch ein Stündchen an seinem kurzen Spiel zu feilen.
Ich blieb noch einen Moment sitzen und dachte nach. Das war wirklich interessant. Traumarbeit und Trance ist im Golfcoaching bisher kaum bekannt. Vielleicht sollte ich darüber mit Manni Mulligan sprechen. Gewöhnlich hockte er in seiner Teichhütte an der 14. Aber seit ich in Bauernburg war, hatte ich ihn noch nicht gesehen….
(weiterlesen in „Achtung Golfer! Schlägertypen in Wald und Flur“.

*HolistischesGolfmandala