Bienenstich

Seit dem Lockdown schreibe ich nicht mehr, warum auch. Zum Thema Golf ist alles gesagt, was ich zu sagen hatte und von allen anderen Themen verstehe ich noch weniger und überlasse es anderen ihre (meist) überflüssige Meinung in die Welt zu blasen.

Ich weiß auch gar nicht, wie ich damals, als Golfer und meist in drei Jobs berufstätig, noch die Zeit fand, (meist Sonntagmorgens) endlose Zeilen zu bloggen.
Was ich jetzt mache? Meist hocke ich nachmittags in den Praxen meines Breitbandspektrums an Ärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten. Oder ich besuche eine alte Mühle, einen Gnadenhof im Nachbarort, wo ich gnadenlos laut singen und Gitarre üben kann.
(Meine Hoffnung, nochmal als Straßensänger die Welt zu erschüttern, wird zwar immer unwahrscheinlicher, aber noch glaube ich dran.) 
Seit ich begriffen habe, dass es Grasmilben sind, die mich den ganzen Juni gequält haben, gehe ich kaum noch in den Wald (wie zuvor fast täglich), aber wenn es warm ist, gehe ich im Nachbarort schwimmen. Nicht viele Bahnen, aber es spart mir das morgendliche Duschen. Dann gehe ich nach Anweisung von Frau Dr. W. barfuß über die Wiese, um mich zu erden. Dabei trat ich heute in eine Biene. Interessant zu spüren, wie der Schmerz mein Nervensystem durchdrang.
Ich schaffte es gerade noch bis zu Hause, wobei das Kupplung treten ausgesprochen unangenehm war. (Den Stachel hatte ich zwar aus der Fußsohle entfernt, aber offensichtlich war es ein Volltreffer in irgendeinen Nerv).
Was nun? Zwiebelsaft oder Essig? Die Heilerin vom Nachbarort empfahl Ledum-Globuli, woran ich zwar nicht mehr glaube, was aber überraschend schnell half.

Zu Hause blieb mir nicht anderes übrig, als ein bisschen auf der Gitarre zu klimpern, um dann auf Youtube zu versacken. (Mittlerweile bin ich Shorts-süchtig). Ich hörte einen Podcast über die Mär vom unprovozierten Angriffskrieg Russlands, die Oberstleutnant a. D. Jochen Scholz auf den Nachdenkenseiten zerpflückt.

Dann, wie Florian Warweg von ‚geleakten Papieren‘ der Bundesregierung berichtet, nach denen Bundesbehörden im nicht näher definierten „Kampf gegen Desinformation“ zur Narrativ-Gleichschaltung blasen.
Schaut Euch sowas besser nicht an, das bringt Euch nur auf die schiefe Bahn und plötzlich glaubt Ihr nicht mehr, was alle anderen glauben sollen.

Dann las ich ein Kapitel aus Broeckers neuem Buch Das Gedächtnis der Natur, in dem er sich über Rupert Sheldrake und seine ‚morphische Felder‘ auslässt. Soweit ich mich erinnere, habe ich Sheldrake zweimal getroffen. Einmal Buchmesse (?) und dann, als er mit Tim Leary in der Mannheimer Feuerwache auftrat, moderiert von Werner Pieper. Tim war auf Deutschlandreise, vor dem Auftritt saßen wir eine Weile zusammen. Es war das letzte Mal, dass ich ihm begegnete. Tim schien niedergeschlagen, dann erzählte er mir, dass seine Tochter die Nacht zuvor Selbstmord begangen hatte.

Eugen und Tim in einer Mannheimer Kneipe

But the Show must go on. Tim und Rupert, die galaktischen Zauberer, warfen sich auf der Bühne Geistesblitze zu, gelegentlich unterbrochen von Piepers Anekdötchen.
Morphische Felder haben mich insofern interessiert,als ich damals in der Modebranche als Vertriebler im Bereich „young Fashion“ bundesweit unterwegs war. Zu der Zeit gab ich noch keine Musikvideos, geschweige denn Internet, aber die Teens wussten immer, welche Schnitte und Klamotten gerade angesagt waren, z.B. Jeans-Schnitte! Eng oder weit und welche Waschung.
Woher wussten die das? Überall, bundesweit, wahrscheinlich Europaweit (außer im Osten, da gab es nur ‚Moonwash‘ ) – von heute auf morgen und bevor diese Modetrends in den Jugend-und Modezeitschriften zu sehen waren. Wir hatten auch ein Kleid, das bundesweit Furore machte, aber das war in einer Langnese-Werbung im Kino zu sehen.
Sheldrake habe ich dazu nicht gefragt, aber für mich war Mode ein Beweis, dass seine Thesen richtig sind.

Broeckers Artikel wurde auf dem Magazin „Multipolar“ veröffentlicht. Ich war bestimmt schon mal irgendwann auf Multipolar, aber mein Bienenstich gab mir nun Gelegenheit, mich dort etwas genauer umzusehen. Femdom Faeser ist von denen sicher kein Freund, soviel ist klar.

In der rechten Spalte von Multipolar entdeckte ich einen Blogger namens Norbert Häring, den ich bisher nicht kannte. Ich las zwei seiner Artikel, nämlich dass die IHR-Reform während der Fußball Europa-Meisterschaft durchgeflutscht ist, wodurch die WHO nun nach Lust und Laune und auf Verdacht Pandemien ausrufen kann.
Und dann las ich einem älteren Artikel, dass die Bundesregierung nicht einmal mehr den Anschein wahrt, ein souveränes Land zu regieren.
(Bestätigt sich durch die aktuelle Langstreckenraketen-Stationierung. Jetzt, Ihr Wiesbadener, heißt es: tiefe Keller graben – wobei das auch nichts nützen wird).

Diese Blogs enthalten natürlich nur scheußliche ‚Verschwörungstheorien‘ und weil mir das zu heiß wurde, habe ich keine weiteren Artikel angeschaut. Der Bienenstich hat mir nachhaltig klargemacht, wie sich eine strenge Behörden-Befragung anfühlen könnte, und so habe ich den Rest des Tages damit verbracht, mir auf YouTube Shorts anzusehen, am liebsten die Videos mit kleinen Kätzchen.  
Und das hier ist auch süß!
Und das hier zeigt, wie Nazis jahrelang vom Verfassungschutz observiert wurden.

Lebt lang und in Frieden

(ep)

Julian Assange ist frei!

Wird aber auch Zeit…

Ich weiß: googeln könnt Ihr selber, aber ich empfehle im Zusammenhang mit Julians Freilassung den Blog von Mathias Bröckers, (der sich als einer der wenigen deutschen Journalisten dauerhaft für Julian Assange engagiert hat).

Weitere Hintergründe erläutert auch Yanis Varoufakis in seinem YT-Video Yanis Varoufakis on Julian Assange’s release.

Grundlos auf Anweisung der USA für fünf Jahre im Hochsicherheitsgefängnis in Belmarsh in einem Raum von 6 qm eingesperrt zu sein nennt man Folter.

Im Zusammenhang mit Folter auf US-Befehl möchte ich auch an den Film „Der Mauretanier“ erinnern. Vorsicht: Link führt zu WIKI. Der Film war bis vor ein paar Tagen in der ARD-Mediathek abrufbar. Ich fand manche Szenen so unerträglich, dass ich ihn nur im Schnelldurchlauf sehen konnte. Mehr Infos zum Mauretanier

Auch auf den Podcast „Slahi – 14 Jahre Guantanamo“ möchte ich hinweisen.
„Bastian Berbner und John Goetz erzählen die Geschichte von Mohamedou Slahi: Slahi, Sohn eines Kamelhirten aus Mauretanien, kommt zum Studium nach Deutschland und wird Ingenieur. Was klingt wie ein Einwanderer-Märchen, endet in Guantanamo Bay, wo er ohne Anklage festgehalten wird. Er gilt als einer der wichtigsten Gefangenen dort – und wird so heftig gefoltert wie kein anderer. Wie konnte es dazu kommen? Was macht Folter mit demjenigen, der gefoltert wird und denjenigen, die foltern? Erstmals äußern sich Slahis Folterer. Ihre Enthüllungen führen ins dunkle Herz des „Krieges gegen den Terror“. Ausgezeichnet mit dem Grimme Online Award 2022 in der Kategorie INFORMATION für „Recherche, Produktion und Moderation“
Quelle: NDR Info

Mögen George Bush, Dick Cheney und Obama dereinst in der Hölle schmoren…

(ep)

Achtung Golfer!

Wie mein Buch über „Schlägertypen in Wald und Flur“ entstand….

Prolog

Ein Buch zu schreiben ist für mich ein ähnliches Abenteuer wie eine Golfrunde auf einem gänzlich unbekannten Platz. Man kann sich einschwingen, ein Birdie Book studieren oder sich einen Spielplan zurechtlegen, aber wenn es dann losgeht und direkt am ersten Abschlag auf einem Felsen über der Küste plötzlich heftiger Wind aufkommt, dann passieren die merkwürdigsten Dinge und das manchmal über 18 lange Bahnen. Es fasziniert mich immer wieder, wohin mich mein Golfspiel führt, aber noch mehr fasziniert es mich, als Anhänger des spontanen Schreibens, zu erleben, wie ein Text entsteht und sich daraus ein Buch entwickelt – oder sollte ich sagen: verwickelt?

Mein letztes Buch[1] hatte mich weit über meine körperlichen und geistigen Grenzen hinausgeführt, und ich brauchte Jahre, um mich zu regenerieren.

Als schließlich die Lust an einem neuen Buchprojekt in mir zu köcheln begann, versuchte ich mich an einem anarchistischen Golfroman. Es sollte ein dicker, fetter Schmöker werden, schwer genug, um Augen mit Tränen zu füllen, Blumen zu pressen und um offene Balkontüren zu fixieren. Mein Werk sollte auch die dunkle Seite des Golfsports beschreiben. Viele mögen es nicht glauben, aber sogar der Golfsport hat seine Schattenseiten, die von Niveaulosigkeit, Geltungssucht und Habgier bestimmt sind. Deshalb – und weil ich manchmal dem Wahn erliege, die ewigen Werte in ihrer Weisheit und Wahrheit für mich gepachtet zu haben – versuchte ich, dem »königlichen Spiel« in einem gewaltigen Epos zu huldigen, nicht zuletzt, um damit ein Bollwerk gegen den golferischen Stumpfsinn zu errichten.

Irgendwann war mein Werk zu einer stattlichen Rohfassung gereift, was mir jedoch immer noch fehlte, war der erste Satz. Deshalb wurde ich in meiner ohnehin unruhigen Nachtruhe häufig von Alpträumen heimgesucht. Dabei ging es stets um diesen ersten Satz, der mir nicht einfallen wollte. Mein Roman (mittlerweile war es ein Golfer-Drama, das vor Tragik nur so triefte) würde Herzen schmelzen und Tränen vom Himmel fallen lassen – aber nur, wenn der erste Satz perfekt wäre. Was tun?

Ich musste das Problem in aller Ruhe durchdenken, und denken kann ich am besten auf einer Golfrunde. Weil das Thema so gewaltig war und es so viel Stoff zum Nachdenken gab, spielte ich den ganzen Sommer lang jeden Tag Golf. Dadurch kam ich leider nicht zum Schreiben, während meine Träume immer bedrohlicher wurden.

Der Volkshochschulkurs

Könnte der erste Satz lauten »Der Golfer ist ein seltsam Ding, ­wovon ich euch ein Liedlein sing.«? Nein, lieber nicht. Auch Kursleiter Benno Breme war von der Idee entsetzt, während er sich an meinem verängstigten Hasenblick weidete. Noch einmal stellte er mir die Frage, die mich seit Monaten quälte: »Wie lautet der erste Satz in deinem nächsten Buch?«

Ich starrte ihn an und schluckte. Woher sollte ich das wissen? Deshalb war ich doch in seinem Kurs! Mit meinem Golferlatein war ich am Ende. Die anderen Teilnehmer des Kurses »Kreatives Schreiben« im Raum IV der Volkshochschule schauten mich desinteressiert an.

»Mein erster Satz, äh …« Ich stotterte.

»Golfer … äh … sind liebenswerte Menschen. Zumindest die meisten.«

»Und so was nimmt dir dein Verlag ab?«

Benno Breme (in der Autorenszene BeeBee genannt) schmatzte verächtlich. Er hatte gelbe Zähne vom Rotwein und Schwarzer-Krauser-Rauchen und einen dicken Schnauzer, in dem meist ein Popel hing. Noch ein mitleidiger Blick in meine Richtung, dann donnerte er los: »Leute! Der erste Satz ist entscheidend! Der muss wie ein Faustschlag sitzen!«

Er musste es ja wissen: Der Bukowski-Jünger BeeBee hatte in den 90er-Jahren einige Schmuddelgedichte in Underground-Magazinen veröffentlicht. Da ihm die breite Anerkennung versagt blieb, hatte er sich sein Nest in der Schublade »Verkannte Dichtergenies« gepolstert und pflegte sein Image als einstiger Zeilenstürmer. Was er weniger genoss, war seine Volkshochschulklientel: Smartphone-Fuzzies der Generation Twitter, die lernen wollten, wie man geile Marketingtexte verfasst, um »irgendeinen Konsumscheiß via Internet zu verhökern« (Zitat: BeeBee), sowie „Haus­frauen, die davon träumten, als Harry-Potter-Milliardärinnen in die Literaturgeschichte einzugehen“.

»Wenn du deinen Leser mit dem ersten Satz am Schlafittchen hast, kann er dir nicht mehr entrinnen! Aber nur dann!«

Eine seltsame Stille krümmte den Raum. Oh bitte, lieber Gott, gib mir endlich den ersten Satz!

Das Bild von BeeBee im Raum IV der Volkshochschule verblasste. Ich erwachte schweißgebadet.

Ein heiteres Buch?

Dann kam der Anruf, den ich seit Wochen befürchtet hatte.

»Und? Wie sieht es aus?« Die Stimme meines Redakteurs klang freundlich.

»Sie meinen draußen? Das Wetter ist sonnig«, murmelte ich.

»Ich spreche von unserer weiteren Zusammenarbeit.«

»Das neue Buch ist in Arbeit. Aber Sie wollten abklären, wie es mit dem Vorschuss aussieht.«

»Die Verlagsleitung hat über Ihre Forderungen nachgedacht.«

»Und?«

»Wie beim letzten Buch: Eine Flasche stilles Wasser, einen Apfel und eine Packung Knäckebrot.«

»Das ist alles?«

»Wir halten es hier mit Schopenhauer, der einst sagte: ›Die vortrefflichsten Werke der großen Männer sind alle aus der Zeit, als sie noch umsonst oder für ein sehr geringes Honorar schreiben mussten.‹«

»Dann aber Dinkelknäckebrot!«

»Hab’s notiert.«

»Irgendwelche Bedingungen?«

»Ja. Es soll ein heiteres Buch werden!«

»Ein was?«

»Ein heiteres Buch.«

Das vermieste mir sofort die Laune. »Das Golfspiel ist nicht immer heiter!«

»Das mag sein. Aber Sie können manchmal richtig fies werden, so dass man meint, Sie wollten Ihren Lesern das Golfspiel vermiesen.«

»Wie bitte? Ich? Ich bin der einzige in der Branche, der diesen Traumtänzern reinen Wein einschenkt, der ihnen schonungslos sagt, was ihnen bevorsteht, wenn sie … ich habe doch täglich mit den Opfern dieses Spiels zu tun. Ich bin doch selbst eins!« Ich hatte die Stimme vielleicht etwas angehoben, aber brüllen klingt anders.

»Ja, ja, schon gut«, wiegelte er ab, vermutlich, weil er befürchtete, dass mein Bluthochdruck zu Umsatzeinbußen führen könnte. »Beruhigen Sie sich. Ich rufe noch mal in ein paar Wochen an. Vielleicht fällt Ihnen bis dahin etwas ein. Aber bis zur nächsten Verlagskonferenz brauche ich ein Konzept.«

»Alles klar«, knurrte ich und legte auf.

Hatte ich unwirsch geklungen? Schließlich war der Vorschuss noch nicht ausbezahlt. Aber es regt mich auf, dass alles immer »lustig« sein muss. Das Leben ist nicht immer lustig und schon gar nicht dieses Spiel. Golf ist eine zwiespältige Angelegenheit. Jeder Golfer weiß das, und natürlich auch jede Golferin. Einerseits erfüllt uns das Spiel mit einer Heiterkeit des Herzens, die ich nicht missen möchte. Aber wenn Schläge misslingen, dann ist die Heiterkeit futsch. Dann kann man sich ärgern, bis man schwarz wird, rot sieht oder blau anläuft. Dem Ärger ist die Farbe egal.

Der Goldesel

Zwei Wochen später. Düdelüt!

Ein schmerzhaftes Nagen an meiner Hirnrinde. Düdelüt!

Mein Telefon! So früh? Nein, es war nicht früh, ich hatte total verpennt.

Ich hob ab und mein Redakteur sprang mir direkt in den Schädel, wodurch sich das Gespräch unauslöschlich in meine Festplatte brannte.

»Habe ich Sie geweckt?«

»Ich sitze seit Stunden am Schreibtisch.«

»Das ist wunderbar«, sagte er, der gerne in neuen Manuskripten stochert, egal ob sie von lustigen Teichmolchen, schwarzen Löchern im Universum, fetten Fischen auf dem Grill oder kiffenden Landschildkröten handeln. Sogar Golfbücher pflegt er in rührender Unkenntnis zu sichten, seit der Verlag nach einem Schnupperkurs der Geschäftsleitung entschied, Golfbücher im Marktsegment Naturkundliche Wanderung zu platzieren.

»Woran arbeiten Sie?«

»Am ersten Satz des neuen Buches.«

»Oh?«

»Ja, der erste Satz ist entscheidend. Man muss seine Leser sofort am Schlafittchen schnappen. Wussten Sie das nicht?«

»Aber Sie haben vorwiegend Leserinnen! Unsere Leserbefragung bestätigt das. Übrigens: Wie sieht es mit Ihrem Konzept aus? Nicht dass ich drängeln möchte, aber wie Sie wissen, rückt die Verlagskonferenz immer näher und die Kollegen fragen sich …«

Die sonst so sanfte Stimme meines Redakteurs hatte einen anderen Farbton angenommen. So klingt er, wenn ich versuche, ihn um einen Vorschuss anzuhauen.

»Ein Konzept? Sie meinen, worum es in dem neuen Buch geht?

»Genau.«

»Es handelt sicher nicht von Einwegschnecken oder kroatischen Kampfbibern. Es wird ein Golfbuch!«

»Tatsächlich? Wie interessant. Nur bräuchte ich das etwas genauer, da wir im Verlagsprogramm auch andere Golfbücher vorbereiten.«

»Meine These: Der Golfsport ist versaut. Es geht nur um Kohle.«

»Also eine Art Schmähschrift, wie Ihre anderen Bücher?«

»In diese Richtung dachte ich, aber ich wollte es diesmal etwas größer anlegen. Ich dachte an einen anarchistischen Golfroman.«

»Einen anarchistischen Golfroman? Hatten Sie nicht schon mal vor Jahren in diese Richtung gedacht?«

»Stimmt. Damals war die Zeit aber noch nicht reif, man hätte mich nicht verstanden. Doch jetzt, wo die Menschheit die größte Bedrohung in ihrer Geschichte erlebt …«

»Sie meinen den Golfsport?«

»Nein, ich meine ALLES! Der Weltuntergang steht bevor. Uralte, schreckliche Geheimnisse werden offenbar. Grauenhafte ­Gestalten der Finsternis kriechen hervor …«

»Gut, dass Sie mich an meinen Banktermin erinnern«, flötete mein Redakteur, der sich durch nichts so schnell aus der Fassung bringen lässt, »aber nun sagen Sie doch mal: Worum geht es in Ihrem Roman?«

»Sie meinen in Kurzfassung? Hm. Ich würde sagen, es geht um den Konflikt zwischen Tradition und Moderne am Beispiel des Golfsports. Sozusagen. Meine These ist: Golf ist Anarchie. Mein Beweis: Wo immer sich Golflehrer einmischen, herrscht danach das reine Chaos. Nein, das war nur ein Spaß.«

Er holte tief Luft. »Jetzt mal im Ernst.«

»Na gut. Es wird ein ziemlicher Schinken werden. Stellen Sie sich vor: Krieg und Frieden, Die Säulen der Erde und Die Bibel in einem Buch. Soll ich etwas aus der Handlung beschreiben?«

»Ich bitte darum.«

»Einerseits geht es um all die Abscheulichkeiten einer verkommenen Welt, aber es geht auch um einen Golfer und seine große Liebe. Der letzte Dialog der beiden Liebenden, wenn er sich von ihr wegen Missachtung einer Golfregel trennt – und dabei war alles nur ein Irrtum –, oh, Jesses, ich muss schon flennen, wenn ich nur daran denke. Vom Winde verweht ist nichts dagegen. Dass so ein monumentales Werk seine Zeit braucht, werden Sie doch verstehen, oder?«

Eine Weile herrschte Stille, dann hörte ich ihn leise wimmern: »Vom Winde verweht?«

»Ja! Mit herrlichen, endlos langen Sätzen und einem Schuss Wahnsinn, fast wie Dantes Inferno.« Einen gewissen Stolz konnte ich mir nicht verkneifen.

Er röchelte. »Dieses Inferno wird niemand kaufen.«

Ich erschrak. »Wie kommen Sie denn darauf?«

»Ganz einfach, weil die Menschen nicht mehr lesen. Wir leben im Twitter-Zeitalter. Mehr als eine SMS kann nicht mehr verarbeitet werden. Lange Geschichten können Sie vergessen.«

»Aber alle meine Bücher bestehen doch aus langen Geschichten!«

»Darüber wollte ich heute mit Ihnen sprechen. Die Leserumfrage besagt: Kaum ein Leser liest Ihre langen Geschichten.«

»Nein? Was dann?« Ich hatte meine Tropfen noch nicht genommen und jetzt flatterte mein Nervenkostüm. Mir wurde schwach. »Meine Leserinnen auch nicht?«

»Die lesen manche Kapitel. Aber gegen seichtes, hochtrabendes Geschwafel sind auch Frauen mittlerweile allergisch. Über doppelbödige Pointen, die den Kopf anstrengen, mag heute niemand mehr nachdenken.«

Heute Morgen würde ich meinen Blutdruck besser nicht messen. »Worauf wollen Sie hinaus?«

»Kein 1000-Seiten-Roman! Wir brauchen kurze Episoden, leicht wie Knäckebrot, die flach unter dem Wind segeln.«

»Was meinen Sie damit? Soll ich irgendwelche niveaulosen ­Sottisen und peinlichen Anekdötchen zu einem Amalgam der Geschmacklosigkeit zusammenrühren, das bei jedem intel­ligenten Menschen Übelkeit verursacht? Schopenhauer sagt dazu …«

»Das leichte Genre ist ein Trend, den wir nicht verschlafen sollten!«, unterbrach mich mein Redakteur.

»Sie meinen, ich soll meine Leser in den Hades grobschlächtiger Satire stürzen? Aber das ist doch überhaupt nicht mein Stil! Außerdem kann ich mich nicht kurz fassen.«

»Dann müssen Sie es lernen. Viele Bücher, die ihre Leser nicht mit Inhalt überfordern, sind Bestseller geworden.«

»Solche Bücher werden Bestseller?«

Es folgte ein Moment der Stille. Der Redakteur am anderen Ende der Leitung schien zu nicken. Im tiefsten Gedärm meines Wesens, da, wo in jedem Künstler die Angst vor der Einsamkeit in Altersarmut wohnt, schrie plötzlich ein hungriger Esel auf, der GOLDESEL: »ÖÖÖnk, ÖÖÖnk, ÖÖÖnk!«

»Vielleicht sollte auch ich diesen schweren Zeiten der Niveaulosigkeit meinen Tribut zollen?«

»Die Verlagsleitung würde das sehr zu schätzen wissen.«

»Und das Thema?«

»Geschichten über Golfer, sozusagen Schlägertypen in Wald und Flur. Auf wen lässt man sich ein, wenn man mit dem Golfen beginnt? Wir möchten den Markt der Neugolfer ansprechen, indem wir ihnen die Menschen vorstellen, die sich bereits für dieses hübsche Hobby entschieden haben. Freundliche, sympathische Gestalten voller Lebensfreude und Humor, die ihre Geschichte erzählen – und wie gesagt, es darf nicht zu anspruchsvoll sein. Meinen Sie, Sie können das?«

»Hübsches Hobby? Freundliche, sympathische Gestalten voller Lebensfreude? Sagen Sie, waren Sie schon mal auf einem Golfplatz?«

»Nein, aber denken Sie über meinen Vorschlag nach.«

»Ich könnte vielleicht etwas über unsere Therapiegruppe schreiben«, überlegte ich laut.

»Gut zu wissen, dass Sie noch in Therapie sind, aber ist das lustig?«

»Ich bin nicht in Therapie, ich bin der Therapeut!«

»Oh! Wie schön. Dann ist es für Ihre Klienten bestimmt lustig.«

»Für die Betroffenen vielleicht weniger, aber für die Leser könnte manche Episode ein Anlass zum Schmunzeln sein.«

»Na, dann haben wir doch etwas gefunden«, sagte mein Redakteur und legte auf.


[1] › Endlich Einstellig! – Golf und die Kunst des Scheiterns