Volktrauertag

19.11.2023

Endlich mal wieder ein sonniger Tag, wenngleich windig kalt. Wir Rentner gehen dann lieber mit dem Hund raus. Ich habe keinen Hund und gehe auch nicht raus, sondern mache ein paar tiefe Atemzüge auf dem Balkon und setze mich wieder an mein Buch.

Wirklich! Seit Tagen lese ich ein Buch! Ich fand es in unserem REWE in einem Regal in das Leute ihre Bücher reinstellen können.
Ich lese nur noch Bücher aus solchen Grabsch-Regalen, genauer gesagt: Nur Bücher, deren Schriftgröße ich entziffern kann. Wenn man Bücher nur nach der Schriftgröße auswählt, bekommt man manchmal seltsame Themen auf den Tisch. Aber bei diesem Buch wusste ich, dass es gut wird (obwohl die Schrift eigentlich zu klein für mich war).

Es ist ein Buch von Knut Hamsun, den Charles Bukowski neben John Fante als seinen Lieblingsautor empfahl. Bisher kannte ich von Hamsun nur ‚Hunger‘, ein erschreckendes Büchlein über Leben in totaler Armut. (Aber immerhin hatte er gutes Wasser zu trinken, wovon 2 Mio. Menschen in GAZA nur träumen können).

Jedenfalls – das Hamsun-Buch, ziemlich dick, heißt ‚Landstreicher‘ und spielt in den einsamen Höfen und Buchten Norwegens. Das einfache Leben der Fischer, Bauern und Landfahrer zu einer Zeit, in der es viele Menschen nach Amerika zog, wozu sie bereit waren größte Opfer zu bringen. Hamsun hat eine seltsame Sprache, die mir gefällt. Er beruhigt mich und so gelang es mir für fast zwei Tage, keine Youtube-Videos zu kucken. Weder Musik, noch politische Hintergründe.

In Hamsuns Buch geht es viel um die Zeit, die knappe Lebenszeit und wie sich alles fügt oder auch nicht, aber stets voranschreitet, sei es ins Glück oder ins Verderben. Alles geht ganz rasch voran. Heute ist man, sagen wir mal, Ministerpräsident, ein bisschen viel korrupt und steht kurz vor dem Abschuss durch das mürrische Volk. Aber morgen kommt wunderbarerweise eine Krise, die man mit etwas Geschick zu einem großen Konflikt ausweiten kann, damit man selbst vor dem Gefängnis verschont bleibt. Da kann man nur sagen: Glück gehabt!

Ob Bundespräsident Steinmeier heute bei der Gedenkstunde zum Volkstrauertag nicht nur den Toten gedenken wird, sondern auch über jene spricht, die diese Toten mit ihrer Kriegshetze, Waffenproduktion und falschem Spiel der Geheimdienste auf dem Gewissen haben, weiß ich nicht, denn bei dem Gauck-artigen Geseiche und Gesabbel von Steinmeier bekomme ich Pickel. Und schließlich bin ich mit meiner Landstreicher-Lektüre noch nicht fertig.

Lebt lang und in Frieden

(ep)

Baustelle

18.11.2023

Falls Du Dich hierher verirrt hast, wundere Dich nicht, derzeit ist hier Baustelle.
Habe z.B. meine Bücher aktualisiert (sind weitgehend vergriffen) und so einfach losschreiben wie einst als Golf-Blogger, lasse ich mal schön bleiben.
Ich will nicht gefaesert werden, was auch die Frage, wie ich mich im 3. Reich verhalten hätte, schmerzhaft beantwortet. Denn obgleich ich heimlich Feindfunk höre (zum Beispiel Scott Ritters Kommentare auf Gegenpol) bin ich wie die meisten meiner Künstlerkollegen zu feige für eine veröffentlichte Meinung und werde dem von Politik und Medien verordneten Narrativ brav folgen. Denn wenn uns der US-Präsident ins Gesicht sagt, dass er Nordstream und die deutsche Wirtschaft plattmachen wird und der US-Statthalter für Deutschland, Scholz, daneben steht und nichts dazu sagt – warum soll ICH dann mein Maul aufreißen? Nein, da heißt es: Atmen und lächeln.

Durch COVID haben wir die Staatsraison (Gehorsam) neu erlernt, die Waffen und Milliarden, die wir in der Ukraine verpulvert haben, fehlen uns zwar, aber wenn die NATO ihren Proxi-Krieg bis zum letzten Ukrainer führt will, können wir schlecht Nein sagen und schicken alte Panzer, selbst wenn die sofort abgefackelt werden.
Und wer von uns altem Tätervolk möchte sich nicht solidarisch zeigen, wenn ein anderes auserwähltes Volk große Taten vollbringt, selbst wenn ein Großteil der Menschheit inkl. der UN-Vollversammlung das eher als große Untaten bezeichnet.
Die Diskussion ist auch insofern verzwickt, als die Dokumenta ausfallen wird, sofern es nicht gelingt, sämtliche Künstler weltweit von diesem ‚Antisemitismus‘ zu befreien, der auf Grund der Bilder aus dem GAZA-Streifen wie ein Virus um sich gegriffen hat. Kein Wunder, wo die alle nur Youtube Videos verfolgen, anstatt unsere Fakten-geleckte Tagesschau zu kucken.
So, 20 Uhr. Ich kucke jetzt Tagesschau!

(ep)

Die Westminster-Erklärung

„Offener Diskurs ist die zentrale Säule einer freien Gesellschaft“

https://westminsterdeclaration.org/

Wir schreiben als Journalisten, Künstler, Autoren, Aktivisten, Technologen und Akademiker, um vor einer zunehmenden internationalen Zensur zu warnen, die jahrhundertealte demokratische Normen zu untergraben droht.

Als Vertreter der Linken, der Rechten und der Mitte eint uns das Engagement für die universellen Menschenrechte und die Meinungsfreiheit, und wir alle sind zutiefst besorgt über die Versuche, geschützte Meinungsäußerungen als „Fehlinformation“, „Desinformation“ und andere undefinierte Begriffe zu bezeichnen.

Der Missbrauch dieser Begriffe hat in Ländern auf der ganzen Welt zur Zensur von einfachen Menschen, Journalisten und Dissidenten geführt.

Ein Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung unterdrückt eine berechtigte Diskussion über Angelegenheiten von dringendem öffentlichem Interesse und untergräbt die grundlegenden Prinzipien der repräsentativen Demokratie.

Auf der ganzen Welt arbeiten Regierungsakteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und NGOs zunehmend daran, die Bürger zu überwachen und ihnen ihre Stimmen zu rauben. Diese großangelegten koordinierten Bemühungen werden manchmal als „Zensur-Industrie-Komplex“ bezeichnet

Dieser Komplex funktioniert oft durch direkte Regierungspolitik. Behörden in Indien[1] und der Türkei[2] haben die Macht ergriffen, politische Inhalte aus den sozialen Medien zu entfernen. Die Legislative in Deutschland[3] und der Oberste Gerichtshof in Brasilien[4] kriminalisieren politische Rede. In anderen Ländern drohen Maßnahmen wie Irlands „Hate Speech“ Bill[5], Schottlands Hate Crime Act[6], das britische Online-Sicherheitsgesetz[7] und Australiens „Misinformations“-Gesetz[8], die Expression stark einzuschränken und einen abschreckenden Effekt zu erzeugen.

Der industrielle Zensurkomplex arbeitet jedoch mit subtileren Methoden. Dazu gehören die Filterung der Sichtbarkeit, die Kennzeichnung und die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen. Durch Deplatforming und Kennzeichnung haben die Zensoren der sozialen Medien bereits rechtmäßige Meinungen zu Themen von nationaler und geopolitischer Bedeutung zum Schweigen gebracht. Sie haben dies mit der vollen Unterstützung von „Desinformationsexperten“ und „Faktenprüfern“ in den Mainstream-Medien getan, die die journalistischen Werte der Debatte und intellektuellen Untersuchung aufgegeben haben.

Wie die Twitter Files enthüllten, führen Technologieunternehmen oft in Abstimmung mit Regierungsbehörden und der Zivilgesellschaft eine zensiale „Content-Moderation“ durch. Bald wird das Digital Services Act der Europäischen Union diese Beziehung formalisieren, indem es Plattformdaten an „vetierte Forscher“ von NGOs und Hochschulen gibt und unsere Rederechte auf das Ermessen dieser nicht gewählten und nicht rechenschaftspflichtigen Einheiten verwies.

Einige Politiker und NGOs[9] zielen sogar darauf ab, Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messaging-Apps wie WhatsApp, Signal und Telegram anzusprechen. Wenn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gebrochen ist, haben wir keine verbleibenden Möglichkeiten für authentische private Gespräche im digitalen Bereich.

Obwohl ausländische Desinformationen zwischen Staaten ein echtes Problem sind, werden Agenturen, die diese Bedrohungen bekämpfen sollen, wie die Cybersecurity and Infrastructure Security Agency in den Vereinigten Staaten, zunehmend gegen die Öffentlichkeit gewandt. Unter dem Deckmantel, Schaden zu verhindern und die Wahrheit zu schützen, wird Sprache eher als erlaubte Tätigkeit als als als unveräußerliches Recht behandelt.

Wir erkennen an, dass Wörter manchmal Anstoß verursachen können, aber wir lehnen die Idee ab, dass Gefühle und Unbehagen, auch wenn sie akut sind, Grund für Zensur sind. Der offene Diskurs ist die zentrale Säule einer freien Gesellschaft und unerlässlich, um Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, gefährdete Gruppen zu stärken und das Risiko der Tyrannei zu verringern.

Der Schutz der Sprache ist nicht nur für Ansichten, denen wir zustimmen; wir müssen die Rede für die Ansichten, die wir am stärksten ablehnen, energisch schützen. Nur auf dem öffentlichen Platz können diese Ansichten gehört und richtig herausgefordert werden.

Was mehr und immer wieder ist, sind unpopuläre Meinungen und Ideen schließlich zu einer herkömmlichen Weisheit geworden. Indem wir bestimmte politische oder wissenschaftliche Positionen als „Fehlinformation“ oder „Fehlinformation“ bezeichnen, laufen unsere Gesellschaften Gefahr, in falschen Paradigmen festzustecken, die die Menschheit hart verdientes Wissen berauben und die Möglichkeit aufbringen, neues Wissen zu gewinnen. Die freie Meinungsäußerung ist unsere beste Verteidigung gegen Desinformation.

Bei dem Angriff auf die Rede geht es nicht nur um verzerrte Regeln und Vorschriften – es ist eine Krise der Menschheit selbst. Jede Gleichheits- und Gerechtigkeitskampagne in der Geschichte hat sich auf ein offenes Forum verlassen, um Meinungsverwinden zu äußern. In unzähligen Beispielen, einschließlich der Abschaffung der Sklaverei und der Bürgerrechtsbewegung, war der soziale Fortschritt von der Meinungsfreiheit ab.

Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einer Welt aufwachsen, in der sie Angst haben, ihre Meinung zu sagen. Wir wollen, dass sie in einer Welt aufwachsen, in der ihre Ideen offen geäußert, erforscht und diskutiert werden können – eine Welt, die die Gründer unserer Demokratien im Sinn hatten, als sie die Redefreiheit in unseren Gesetzen und Verfassungen verankerten.

Der erste Verfassungszusatz der USA ist ein starkes Beispiel dafür, wie das Recht auf Meinungsfreiheit, Presse und Gewissensgewissen gesetzlich gestärkt werden kann. Man muss nicht in jeder Frage mit den USA übereinstimmen, um anzuerkennen, dass dies eine lebenswichtige „erste Freiheit“ ist, von der alle anderen Freiheiten folgen. Nur durch freie Meinungsäußerung können wir Verletzungen unserer Rechte anprangern und für neue Freiheiten kämpfen.

Es gibt auch einen klaren und robusten internationalen Schutz für die freie Meinungsäußerung. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (UDHR)[11] wurde 1948 als Reaktion auf die Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs entworfen. Artikel 19 der UDHR besagt: „Jeder hat das Recht auf Meinungs- und Meinungsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ohne Einmischung zu halten und Informationen und Ideen über Medien und unabhängig von Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu vermitteln.“ Während es für Regierungen notwendig sein kann, einige Aspekte sozialer Medien zu regulieren, wie etwa Altersgrenzen, sollten diese Vorschriften niemals das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen.

Wie Artikel 19 deutlich macht, ist die Folge des Rechts auf freie Meinungsäußerung das Recht auf Information. In einer Demokratie hat niemand ein Monopol über das, was als wahr angesehen wird. Vielmehr muss die Wahrheit durch Dialog und Debatte entdeckt werden – und wir können die Wahrheit nicht entdecken, ohne die Möglichkeit eines Irrtums zuzulassen.

Die Zensur im Namen der „Werbedemokratie“ kehrt ein Bottom-up-System der Repräsentation in ein Top-Down-System der ideologischen Kontrolle um. Diese Zensur ist letztlich kontraproduktiv: Sie sät Misstrauen, fördert Radikalisierung und entlegitimisiert den demokratischen Prozess.

Im Laufe der Menschheitsgeschichte waren Angriffe auf freie Meinungsäußerung ein Vorläufer für Angriffe auf alle anderen Freiheiten. Regime, die die freie Meinungsäußerung untergraben haben, haben immer andere demokratische Kernstrukturen abgeschwächt und beschädigt. Auf die gleiche Weise untergraben auch die Eliten, die heute auf Zensur drängen, die Demokratie. Was sich aber geändert hat, ist die breite Skala und die technologischen Instrumente, mit denen Zensur erlassen werden kann.

Wir sind der Meinung, dass die freie Meinungsäußerung von wesentlicher Bedeutung ist, um unsere Sicherheit vor staatlichem Machtmissbrauch zu gewährleisten – ein Missbrauch, der in der Vergangenheit eine weitaus größere Bedrohung darstellte als die Worte einzelner Personen oder sogar organisierter Gruppen. Um des Wohlergehens und der Entfaltung der Menschheit willen rufen wir zu den folgenden 3 Maßnahmen auf.

  • Wir fordern Regierungen und internationale Organisationen auf, ihre Verantwortung gegenüber den Menschen zu erfüllen und Artikel 19 der UDHR aufzuhalten.
  • Wir fordern die Technologieunternehmen auf, sich zum Schutz der digitalen Öffentlichkeit im Sinne von Artikel 19 der AEMR zu verpflichten und von politisch motivierter Zensur, der Zensur abweichender Stimmen und der Zensur politischer Meinungen Abstand zu nehmen.
  • Und schließlich fordern wir die breite Öffentlichkeit auf, sich uns im Kampf um den Erhalt der demokratischen Rechte des Volkes anzuschließen. Gesetzesänderungen reichen nicht aus. Wir müssen auch eine Atmosphäre der freien Meinungsäußerung von Grund auf aufbauen, indem wir das Klima der Intoleranz ablehnen, das Selbstzensur fördert und für viele unnötige persönliche Auseinandersetzungen schafft. Statt Angst und Dogmatismus müssen wir uns umfragen und debattieren.

Wir stehen für Ihr Recht, Fragen zu stellen. Hitzige Auseinandersetzungen, auch wenn sie Ärger verursachen können, sind weit besser als gar keine.

Die Zensur raubt uns den Reichtum des Lebens selbst. Die freie Meinungsäußerung ist die Grundlage für die Schaffung eines Lebens des Sinns und einer blühenden Menschheit – durch Kunst, Poesie, Drama, Geschichte, Philosophie, Lied und mehr.

Diese Erklärung war das Ergebnis eines ersten Treffens von Verfechtern der freien Meinungsäußerung aus der ganzen Welt, die sich Ende Juni 2023 in Westminster, London, trafen. Als Unterzeichner dieser Aussage haben wir grundlegende politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten. Aber nur wenn wir zusammenkommen, werden wir die eindringenden Kräfte der Zensur besiegen, damit wir unsere Fähigkeit, offen zu debattieren und sich gegenseitig herauszufordern, aufrechterhalten können. Im Geiste der Differenz und der Debatte unterzeichnen wir die Westminster-Erklärung.

Unterzeichner

  • Matt Taibbi, Journalist, USA
  • Michael Shellenberger, Public, USA
  • Jonathan Haidt, Sozialpsychologe, NYU, USA
  • John McWhorter, Linguist, Columbia, Autor, USA
  • Steven Pinker, Psychologe, Harvard, USA
  • Julian Assange, Herausgeber, Gründer von Wikileaks, Australien
  • Tim Robbins, Schauspieler, Filmemacher, USA
  • Nadine Strossen, Professorin für Recht, NYLS, USA
  • Glenn Loury, Economist, USA
  • Richard Dawkins, Biologe, Großbritannien
  • John Cleese, Comedian, Acrobat, Großbritannien
  • Slavoj Cicek, Philosoph, Autor, Slowenien
  • Jeffrey Sachs, Columbia University, USA
  • Oliver Stone, Filmemacher, USA
  • Edward Snowden, Whistleblower, USA
  • Greg Lukianoff, Präsident und CEO Foundation für individuelle Rechte und Ausdruck, USA
  • Stella Assange, Aktivistin, Großbritannien
  • Glenn Greenwald, Journalist, USA
  • Claire Fox, Gründerin der Akademie der Ideen, Großbritannien
  • Dr. Jordan B. Peterson, Psychologe, Autor, Kanada
  • Bari Weiss, Journalist, USA
  • Peter Hitchens, Autor, Journalist, UK
  • Niall Ferguson, Historiker, Stanford, Großbritannien
  • Matt Ridley, Journalist, Autor, UK
  • Melissa Chen, Journalistin, Zuschauerin, Singapur/USA
  • Yanis Varoufakis, Ökonom, Griechenland
  • Peter Boghossian, Philosoph, Gründungsfakultät Fellow, University of Austin, USA
  • Michael Shermer, Wissenschaftsautor, USA
  • Alan Sokal, Professor für Mathematik, UCL, UK
  • Sunetra Gupta, Professor für Theoretische Epidemiologie, Oxford, Großbritannien
  • Jay Bhattacharya, Professor, Stanford, USA
  • Martin Kulldorf, Professor für Medizin (auf Urlaub), Harvard, USA
  • Aaron Kheiriaty, Psychiater, Autor, USA
  • Chris Hedges, Journalist, Autor, USA
  • Lee Fang, Unabhängiger Journalist, USA
  • Alex Gutentag, Journalist, USA
  • Iain McGilchrist, Psychiater, Philosoph, Großbritannien
  • Ayaan Hirsi Ali, Menschenrechtsaktivist, Autor, Niederlande
  • Konstantin Kisin, Autor, UK
  • Leighton Woodhouse, Öffentlich, USA
  • Andrew Lowenthal, Liber-net, Australien
  • Aaron Mate, Journalist, USA
  • Izabella Kaminska, Journalistin, The Blind Spot, Großbritannien
  • Nina Power, Schriftstellerin, Großbritannien
  • Kmele Foster, Journalist, Medienunternehmer, USA
  • Toby Young, Journalist, Union für freie Meinungsäußerung, Großbritannien
  • Winston Marshall, Journalist, The Spectator, Großbritannien
  • Jacob Siegel, Tablet, USA/Israel
  • Ulrike Guerot, Gründerin des European Democracy Lab, Deutschland
  • Heather E. Heying, Evolutionsbiologe, USA
  • Bret Weinstein, Evolutionsbiologe, USA
  • Martina Pastorelli, Unabhängiger Journalist, Italien
  • Mia Ashton, Journalistin, Kanada
  • Micha Narberhaus, Protopia Lab, Spanien
  • Alex Sheridan, Rede
  • Ben Scallan, Gript Media, Irland
  • Jean F. Queralt, Technologe, Gründer – Die IO-Stiftung, Malaysia/Spanien
  • Phil Shaw, Campaigner, Operation People, Neuseeland
  • Jeremy Hildreth, Unabhängiger, Vereinigtes Königreich
  • Craig Snider, Unabhängig, USA
  • Eve Kay, TV-Produzentin, UK
  • Helen Joyce, Journalistin, UK
  • Dietrich Brüggemann, Filmemacher
  • Adam B. Coleman, Gründer von Wrong Speak Publishing, USA
  • Helen Pluckrose, Autor, USA
  • Michael Nayna, Filmemacher, Australien
  • Paul Rossi, Erzieher, Vertex-Partnerschaft, USA
  • Juan Carlos Girauta, Politiker, Spanien
  • Andrew Neish, KC, Großbritannien
  • Steven Berkoff, Schauspieler, Playright, Großbritannien
  • Patrick Hughes, Künstler, UK
  • Adam Creighton, Journalist, Australien
  • Julia Hartley-Brewer, Journalistin, UK
  • Robert Cibis, Filmemacher
  • Piers Robinson, Organisation für Propagandastudien, Großbritannien
  • Dirk Pohlmann, Journalist
  • Mathias Bröckers, Autor, Journalist, Deutschland
  • Kira Phillips, Dokumentarfilmer, Großbritannien
  • Diane Atkinson, Historikerin, Biograf, Großbritannien
  • Eric Kaufmann, Professor für Politik, Birkbeck, Universität Buckingham, Kanada
  • Laura Dodsworth, Journalistin und Autorin, Großbritannien
  • Nellie Bowles, Journalist, USA
  • Andrew Tettenborn, Professor für Recht, Swansea University, Großbritannien
  • Julius Grower, Stipendiat St. Hugh’s College
  • Nick Dixon, Comedian, Großbritannien
  • Dominic Frisby, Comedian, Großbritannien
  • James Orr, Associate Professor, Universität Cambridge, Großbritannien
  • Brendan O’Neill, Journalist, UK
  • Jan Jekielek, Journalist, Kanada
  • Andrew Roberts, Historiker, UK
  • Robert Tombs, Historiker, Großbritannien
  • Ben Schwarz, Journalist, USA
  • Xavier Azalbert, wissenschaftlicher Journalist der Untersuchung
  • Doug Stokes, Professor für internationale Beziehungen, Universität Exeter, Großbritannien
  • James Allan, Professor für Recht, University of Queensland, UK
  • David McGrogan, Professor für Recht, Northumbria University, Großbritannien
  • Jacob Mchangama, Autor, Dänemark
  • Nigel Biggar, Vorsitzender der Union für freie Meinungsäußerung, Großbritannien
  • David Goodhart, Journalist, Autor, Großbritannien
  • Catherine Austin Fitts, Der Solari-Bericht, Holland
  • Matt Goodwin, Politikprofessor, University of Kent, UK
  • Alan Miller, Gemeinsamer Verband, Großbritannien
  • Catherine Liu, Kulturdienerin, Autorin, USA
  • Stefan Millius, Journalist
  • Philip Hamburger, Professor für Rechts, Kolumbien, USA
  • Rueben Kirkham, Co-Direktor, Union für freie Meinungsäußerung Australien, Australien
  • Jeffrey Tucker, Autor, USA
  • Sarah Gon, Direktorin, Union für freie Meinungsäußerung, Südafrika
  • Dara Macdonald, Co-Direktor, Gewerkschaft der Meinungsfreiheit, Australien
  • Jonathan Ayling, Hauptgeschäftsführer, Gewerkschaft für freie Meinungsäußerung, Neuseeland
  • David Zweig, Journalist, Autor, USA
  • Juan Soto Ivars, Autor, Spanien
  • Colin Wright, Evolutionsbiologe, USA
  • Gad Saad, Professor, Evolutionsverhaltensforscher, Autor, Kanada
  • Robert W. Malone, MD, MS, USA
  • Jill Glasspool-Malone, PhD., USA
  • Jordi Pigem, Philosoph, Autor, Spanien
  • Holly Lawford-Smith, außerordentliche Professorin für politische Philosophie, Universität Melbourne, Australien
  • Michele Santoro, Journalist, TV-Moderator, Presenter, Italien
  • Dr. James Smith, Podcaster, Literaturwissenschaftler, RHUL, UK
  • Francis Foster, Comedian, Großbritannien
  • Coleman Hughes, Autor, Podcaster, USA
  • Marco Bassani, Politischer Theoretiker, Historiker, Universität Mailand, Italien
  • Isabella Loiodice, Professorin für internationales öffentliches Recht, Universität Bari, Italien
  • Luca Ricolfi, Professor, Soziologe, Universität Turin, Italien
  • Marcello Foa, Journalist, ehemaliger Präsident von Rai, Italien
  • Andrea Zhok, Philosoph, Universität Mailand, Italien
  • Paolo Cesaretti, Professor für Byzantinische Zivilisation, Universität Bergamo, Italien
  • Alberto Contri, Experte für Massenmedien, Italien
  • Carlo Lottieri, Philosoph, Universität Verona, Italien
  • Alessandro Di Battista, politischer Aktivist, Schriftsteller, Italien
  • Paola Mastrocola, Schriftstellerin, Italien
  • Carlo Freccero, Fernsehautor, Medienexperte, Italien
  • Giorgio Bianchi, Unabhängiger Journalist
  • Nello Preterossi, Professor, Universität Salerno, Wissenschaftliche Leiterin des Italienischen Instituts für Philosophische Studien, Italien
  • Efrat Fenigson, Journalist, Podcaster, Israel
  • Eli Vieira, Journalist, Genitologe, Brasilien
  • Stephen Moore, Autor und Analyst, Kanada

Fußnoten

  1. Pahwa, Nitish. „Twitter hat ein Land blockiert.“ Slate Magazine, 1. Apr. 2023, slate.com/technology/2023/04/twitter-blocked-pakistan-india-modi-musk-khalistan-gandhi.html.
  2. Stein, Perry. „Twitter sagt, dass es den Zugang zu einigen Tweets vor der Wahl in der Türkei einschränken wird.“ The Washington Post, 15. Mai 2023, www.washingtonpost.com/technology/2023/05/13/turkey-twitter-musk-erdogan/.
  3. Hänel, Lisa. „Deutschland kriminalisiert die Verweigerung von Kriegsverbrechen, Völkermord.“ Deutsche Welle, 25. November 2022,
  4. Savarese, Mauricio und Joshua Goodman. „Richter Richter testet Grenzen der freien Meinungsäußerung in Brasilien.“ AP News, 26 Jan. 2023, apnews.com/article/jair-bolsonaro-brazil-government-af5987e833a681e6f05fe636fe63789ca375.
  5. Lomas, Natasha. „Sicherheitsforscher, die das Online-Sicherheitsgesetz von Großbritannien als Verschlüsselungsrisiko sprengen.“ TechCrunch, 5. Juli 2023, techcrunch.com/2023/07/05/uk-online-safety-bill-risks-e2eee/.
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Die Präsidentenwahl

»Auf dieser Runde, so ist es verbürgt, schlug Fahrenbach sein erstes Ass, und von diesem Moment an wusste er die Golfgöttin an seiner Seite«

Im Golfclub Bauernburg sagen wir „Fahrig wie Fahrenbach“ , wenn jemand vergisst, die Fahne ins Loch zurück-zustecken, seinen Trolley in den Bunker mitnimmt oder eine Alarmanlage auslöst, weil er an der falschen Wagentür rumfummelt.

Als mich unser Präsident Fahrenbach in der Garderobe ansprach, wirkte er mal wieder ausgesprochen fahrig. Was verständlich war, denn seine Frau hielt ihn seit einem Jahr ausgesperrt und die Wiederwahl zum Club-Präsidenten stand plötzlich auch in den Sternen, da ein Rechtsverdreher namens Hübele seinen Hut in den Ring geworfen hatte.

Hübele, genannt „Das Übele“, macht in Abmahnungen. Beim Golfen gibt der Brachial-Schwabe den schrägen Spaßvogel, ansonsten ist er ein intriganter Giftzwerg und Unruhestifter, womit man in jedem Club bei gewissen Leuten punkten kann. Fahrenbach dagegen steht für die Traditionen unseres Spiels. 

„Glaubst du, dass dieser Hübele eine Chance hat?“, fragte er mich, während er versuchte, den linken Fuß in den rechten Golfschuh zu zwängen. Die Frage war vorsichtig gestellt; unausgesprochene Gedanken kreisten im Äther. Dass er sich mir gegenüber unsicher zeigte, grenzte an Offenbarungseid. Als Mitarbeiter des Golftherapeutischen Pflegediensts (GTP) hatte ich meine Antwort sorgsam abzuwägen. 

„Einen Anwalt?“, fragte ich rhetorisch. „Anwälte können nicht entscheiden, haben keine Meinung und sagen mal dies, mal das. Und sie können nicht wirklich zupacken!“ 

Fahrenbach, erleichtert, sortierte die Füße zu den passenden Schuhen. 

„Ein Clubpräsident sollte Unternehmer sein, ein Entscheider, der sich auch mal mit jemandem anlegen kann. Und du hast SIE auf deiner Seite!“ 

Mit SIE meinte ich unsere platinblonde Industriellenerbin, die den Pleite-Golfclub Bauernburg vor ein paar Jahren aus einer Laune heraus zum Schnäppchenpreis gekapert hatte, um von Marbella aus ihre hauchdünnen, aber zähen Spinnenfäden zu ziehen. 

Fahrenbach schwieg. Vielleicht überlegte er, wen ich mit „Unternehmer“ gemeint haben könnte. Bis ihn seine Gattin aus Bett und Büro verwiesen hatte, war Fahrenbach als mäßig ambitionierter Frühstücksdirektor der Firma Stellmann hauptsächlich mit der Produktion von Spesen befasst gewesen. Andererseits: Seit sie ihn geschasst hatte, konnte man ihm als Clubpräsidenten einen gewissen Unternehmungsgeist nicht absprechen. 

„Schau, was mit Juristen passiert, wenn sie Clubpräsidenten werden!“, legte ich nach. „Die werden schnell an die Landesverbände weitergereicht und von dort in den DGV entsorgt, damit sich der Schaden für den Club in Grenzen hält.“ 

Fahrenbach schien beruhigt. Ich beschloss, das Thema zu wechseln. „Wie läuft es zu Hause? Hat deine Frau Versöhnung signalisiert?“ 

„Ja, aber nur, weil sie sich in dem großen Haus einsam fühlt. Sie hört nachts Geräusche. Kürzlich hat sie den Nachbarhund angeschossen, als der unter der Hecke nach Kaninchen gebuddelt hat. Sie will, dass ich ins Pförtnerhaus ziehe.“ 

„Na, das klingt doch gut“, summte ich. „Aber ich will kein Pförtner werden, sondern Club-Präsident bleiben“, bekannte er verblüffend ehrlich. Er tat mir leid. Aus sicherer Quelle wusste ich, dass es nicht die Einsamkeit allein war, weshalb seine Gattin Bereitschaft zu Friedensgesprächen signalisierte. Ein Berater hatte ihr vorgerechnet, dass Fahrenbachs sämtliche Marotten zu finanzieren, sie immer noch billiger käme als eine Scheidung. 

„Ich mache mich mal auf die Runde, das klärt den Geist“, sagte er und band seine Golfschuhe zu. 

Auf dieser Runde, so ist es verbürgt, schlug Fahrenbach sein erstes Ass, und von diesem Moment an wusste er die Golfgöttin an seiner Seite. Seine Rede zur Präsidentenwahl war inspiriert vom ‚Spirit of Golf‘, während Hübele nur dumme Witzchen riss. Fahrenbach wurde mit triumphaler Mehrheit wiedergewählt, und in der Garderobe wurde gemunkelt, Frau Stellmann-Fahrenbach, mit ihrem Faible für Siegertypen, habe in trunkener Feierlaune eine gewisse Bereitschaft zum ehelichen Vollzug signalisiert. Aber darüber spricht kein Gentleman wie Fahrenbach, der jederzeit bereit ist, für die Traditionen unseres Spiels seinen Mann zu stehen.

Agnes Flack

»Drei Spieler auf dem Grün winkten und riefen, während der vierte am Boden lag. Brigitte hatte den armen Kerl offensichtlich voll erwischt«

Seit Clubpräsident Fahrenbach in den Büchern des Autors P. G. Wodehouse schmökerte, war er der englischen Golf-Literatur verfallen. Plötzlich trug er Tweed, rauchte Pfeife, trank Tee und experimentierte mit Hickory-Schlägern, was wir vom „Golftherapeutischen Pflegedienst“ als „anglophile Golfneurose“ bezeichnen, die sich bisweilen recht skurril äußert, aber als ungefährlich gilt. 

Mit feinem Humor schildert Wodehouse meist verworrene Liebesbeziehungen mit Happy-End, wobei Fahrenbachs verkümmerte Romantiker-Seele an der Figur der Agnes Flack (die in den Grundzügen wie Popeye der Seemann gebaut war und ihren Ball 240 Yards weit dreschen konnte), besonderen Gefallen fand. Wodehouse‘ subtiler britischer Humor war ganz nach seinem Geschmack – im Gegensatz zu den feisten Teutonen-Witzen, mit denen Versicherungs-Fritzen am 1. Abschlag unter ihresgleichen brüllendes Gelächter erzeugen.

Selbst sein eigenes häusliches Drama schien wie von Wodehouse inszeniert: Seit Frau Stellmann-Fahrenbach einen Lover hatte (was Fahrenbach nicht wusste), zwitscherte sie wie eine Lerche an einem Juni-Morgen. Fahrenbach durfte nach Herzenslust Wodehouse lesen oder Golf oder Präsident spielen – Hauptsache, er war beschäftigt. 

Eines Tages auf der Morgenrunde – seine Gedanken weilten gerade bei Agnes Flack – realisierte er hinter einem Dogleg, dass er mit Dr. Bercelmeyer auf einen Vierer aufgelaufen war. Bercelmeyer fluchte. Er war normalerweise selbst nicht der Schnellste, aber heute pressierte es ihm. Seit einer Stunde hockten seine Patienten im Wartezimmer und konnten von seiner Praxis-Domina Maria Clarius nur mit dem Zauberwörtchen „Notfall“ in Schach gehalten werden.

„Langsames Spiel ist Teil der Golftradition“, erläuterte Fahrenbach seinem verblüfften Hausarzt. „Elendig langsame Golfrunden waren bereits im alten England gefürchtet. P. G. Wodehouse erwähnte ein Quartett golfspielender Krüppel, die den Namen ‚Abbruchkolonne‘ trugen. Andere Figuren nannte Wodehouse ,Väterchen Zeit‘ und ,Der Mann mit der Hacke‘.“

Bercelmeyer verdrehte die Augen. Fahrenbachs neue Sichtweise, nach der Dummrumsteherei ein Stück lebendiger Golftradition sei, nervte ihn. „Im Golfclub Bauernburg ist diese Tradition noch sehr lebendig“, fuhr Fahrenbach fort, „wir haben sogar mehrere Abbruchkolonnen.“ 

Gerade wollte er das berüchtigte Bauernburger Valium-Quartett erwähnen, als jemand hinter ihnen FOORE brüllte. Er riss Bercelmeyer, der die Reaktionszeit eines Panda-Bären hat, mit sich zu Boden, während ein scharfes Sirren über sie hinwegsauste.

„Eine Drohne?“, fragte Bercelmeyer entgeistert. „Nein, das war Brigitte Langer! Sie hat versucht, das Grün carry anzugreifen. 249 Meter vom Damenabschlag über das Dogleg sind für sie kein Problem.“ Plötzlich kam ihm ein Gedanke: Könnte Brigitte, die Kapitänin der Bauernburger Damenmannschaft (und gebaut wie ein Dorfschmied, um Wodehouse zu zitieren), eine Inkarnation der Agnes Flack sein? 

Fahrenbach zitterte bei dem Gedanken, auf welch‘ vielfältige Weise sich der jahrhundertealte Golfgeist in seinem Club manifestierte. Als Brigitte an ihm vorbeitrampelte, zückte er seine Kappe aus Donegal-Tweed und verbeugte sich: „Bitte spielen Sie durch, gnädige Frau. Ihr Spiel ist dem unseren weit überlegen.“ Brigitte grunzte etwas, das Fahrenbach nicht verstand, denn plötzlich hörte man Schreie. Drei Spieler auf dem Grün winkten und riefen, während der vierte am Boden lag.

Brigitte hatte den armen Kerl offensichtlich voll erwischt. Fahrenbach seufzte. Bewundernd blickte er der amtierenden Clubmeisterin hinterher, die mit Dr. Bercelmeyer im Schlepptau Richtung Grün stampfte. Der hatte jetzt tatsächlich einen Notfall. Fahrenbach zuckelte ihnen nach und überlegte, was ihm Wodehouse geraten hätte, um die Gunst der Agnes Flack von Bauernburg zu gewinnen.

Ob er dafür trainieren sollte, einmal in seinem Leben einen „Longest Drive“ zu schlagen…?

(c) by Eugen Pletsch.
(Aus meiner Kolume „Golftagebuch“ in GOLFTIME 8/ 2016)

Die Ruderentenfrage

»Sonst gab es keine besonderen Vorkommnisse, mal abgesehen davon, dass unser Gastronom das Champions-Dinner mit einem Champignon-Essen verwechselt hatte«

In diesem Sommer veranstalteten wir in unserem Club Schwimmkurse und Tauchlehrgänge, um den Herausforderungen des Spielalltags gerecht zu werden. Sonst gab es keine besonderen Vorkommnisse, mal abgesehen davon, dass unser Gastronom das Champions-Dinner mit einem Champignon-Essen verwechselt hatte. Das fiel jedoch nicht auf, weil der Brexit die Diskussion beherrschte.

Der Verfall des britischen Pfunds hatte Präsident Fahrenbach erneut auf die Idee gebracht, einen englischen Golflehrer zu importieren. Auf eine diesbezügliche Anfrage bei der regionalen Handelskammer wurde ihm davon jedoch abgeraten, solange die Ruderentenfrage nicht geklärt sei.

„Was meint die IHK mit Ruderentenfrage?“, wandte sich Fahrenbach an mich. Meine Recherche führte zu einer Meldung der Daily Mail aus dem Jahr 2014, nach der britische Enteriche regelmäßig nach Spanien flogen, um mit weiblichen Weißkopf-Ruderenten zu verkehren. Die britischen Ruderenten-Männchen mit ihren schwarz-weißen Köpfen sind nämlich (ähnlich den englischen Golfprofessionals) für ihren wilden Appetit nach Sex bekannt.

Jedes Jahr fliegen sie nach Südspanien, wo sie mit den weiblichen Exemplaren der seltenen spanischen Weißkopf-Ruderenten verkehren. Diese spanischen Weibchen bevorzugen britische Männchen, ähnlich den deutschen Golferinnen, die sich von englischen Pros gerne zeigen lassen, wie man den Kopf unten hält.

Die britischen Enten mit ihren schwarzweißen Köpfen, so klagte Madrid in dieser Meldung, dürften den spanischen Enten mit den weißen Köpfen nicht die Weibchen wegnehmen, denn die spanischen Weißkopf-Ruderenten seien vom Aussterben bedroht. Die Beschwerde der spanischen Regierung bei den Briten führte zu diplomatischen Verwerfungen. Solange das nicht ausgestanden sei, schloss ich mein Referat, würde die Handelskammer vom Import englischer Golflehrer abraten.

„Ru-der-enten“, murmelte Fahrenbach und machte sich wieder auf den Weg zur Driving Range. Dort übte er jetzt täglich. Um unsere amtierende Clubmeisterin Brigitte Langer mit dem Gewinn eines „Longest Drive“ zu beeindrucken, war er auf der Suche nach maximaler Ballbeschleunigung. Er hatte sogar überlegt, einen Golflehrer aus dem Nachbarclub um Rat zu bitten. Der Gedanke wurde jedoch schnell verworfen, nachdem Fahrenbach beobachtet hatte, wie dessen Opfer auf dem Platz dilettierten.

Da niemand im Club einen ähnlich langen Drive wie Brigitte Langer zu schlagen vermochte, kam Fahrenbach schließlich auf die Idee, die Dame selbst zu fragen. Sie hatte den Ball bereits in ihrer ersten Golfstunde vor ein paar Jahren an die 200-Meter-Marke gedonnert, und nachdem sie sich die Platzreife zusammengeschossen hatte, wurde sie mit Laura Davies verglichen. Nur an der Zielgenauigkeit haperte es noch, weshalb man ihr riet, bei jedem Schlag laut FORE zu brüllen.

Wenn Brigittes FOOORE über die Auen donnerte, säuerte die Milch in den umliegenden Dörfern, gebaren Kühe tote Kälber, verdunkelte sich der Himmel und jegliche Kreatur, die ungeschützt auf dem Platz umherkroch, erzitterte vor Angst. Doch schließlich lernte sie das Zielen und wurde Kapitänin unserer Damenmannschaft.

Der verliebte Romantiker Fahrenbach, der in Brigitte die Inkarnation jener Agnes Flack wähnte, die P. G. Wodehouse in seinen Romanen beschrieb, zitterte, als er sich ihr auf der Driving Range näherte. „Ist der Spieler, den Sie kürzlich mit Ihrem Drive umgenietet haben, aus der Reha zurück?“, begann er das Gespräch etwas ungeschickt. Brigitte schwieg. „Stört es Sie, wenn ich hinter Ihnen trainiere?“ Brigitte, die gerade eine weitere Beule in das 200 Meter Schild gedroschen hatte, hielt inne, betrachtete das dürre Männlein und schüttelte verwundert den Kopf, was Fahrenbach als Zustimmung interpretierte.

Seitdem stand er täglich hinter ihr auf der Driving Range und versuchte ihren Abschlag zu imitieren, was so sinnlos wie aussichtslos war – bis er es mit einem neuen Schwung-Mantra probierte: RU-DER-ENTEN! Da flog sein Ball so enorm weit, dass er an der 150-Meter-Markierung ausrollte, worauf Brigitte sich erstaunt umdrehte und Fahrenbach vor Glück rote Backen bekam.

(c) by Eugen Pletsch.
(Aus meiner Kolume „Golftagebuch“ in GOLFTIME 9/ 2016)

Fahrenbachs Abschied

» Und wo ist mein Gold-Hologramm? Können Sie sich vorstellen, wie man mich behandelt hat? Wie eine Aussätzige! «

Wochenlang hatte Clubpräsident Fahrenbach auf der Driving Range hinter der Clubmeisterin Brigitte Langer gestanden, um ihren unglaublich harten Abschlag zu kopieren – und niemals hatte Brigitte Langer ein Wort an ihn gerichtet. Doch eines Tages drehte sie sich plötzlich um und sagte: „Die Bälle sind fertig.“ „Wie meinen?“ „Die Bälle sind fertig. Alle Dimple sind platt. Ich kann das 250-Meter Schild nicht mehr erreichen.“ „Ich auch nicht“, entfuhr es Fahrenbach. „Die Range geht leicht bergauf, vielleicht liegt es daran?“

„Quatsch, wir brauchen neue Rangebälle“, knurrte Brigitte und drehte sich wieder um, um die letzten Dimple aus den verbliebenen Bällen zu prügeln.

Fahrenbach dachte nach. Auf den Gedanken, neue Rangebälle zu kaufen, war er bisher nie gekommen. Rangebälle waren ihm immer als der sinnlose Luxus neureicher Golfclubs erschienen, denen es nach dem 3. Konkurs gelungen war, ihrer Hausbank ein Ball-Sponsoring als Werbemaßnahme im Gegenzug für verlorene Kredite aufzuschwatzen.

Der Golfclub Bauernburg mit seiner an Konkursen reichen Geschichte zählte sich mittlerweile zu den renommierten Adressen, die ähnlich den schottischen Traditionsclubs weder einen Golflehrer beschäftigen noch irgendeinen Wert auf Übungseinrichtungen legen.

Dafür werfen die Mitglieder gefundene Bälle in eine Kiste und am Ende des Jahres wetteifern jeweils eine Dame und ein Senior (im Team) um den ,Bauernburger Ballermann‘-Preis. Der Senior reicht den Ball, die Dame malt einen roten Ring. Wer nach drei Stunden die meisten Bälle bemalt hat, ist Sieger. Die Senioren müssen die Bälle laut zählen, was zu lustigen Momenten führt, aber, wie unser Dr. Bercelmeyer betont, neurologisch sehr wertvoll ist, um die unter älteren Golfern weitverbreitete ,Score-Demenz‘ in Schach zu halten.

Nun also echte Rangebälle kaufen? Fahrenbach erschauderte. Wie sollte er eine solche Ausgabe gegenüber der in Marbella lebenden Club-Inhaberin verantworten? Die platinblonde Industriellenerbin klang in letzter Zeit ohnehin so wie reiche Leute klingen, wenn sie das Interesse an einem Spielzeug verloren haben. Und das, obwohl ein ausgefuchstes System der Vermarktung von Fernmitgliedschaften gute Einnahmen gebracht hatte. Auch die Regionalwerbung war erfolgreich verlaufen.

Ob sie heute der Anschaffung neuer Rangebälle zustimmen würde? Ihren Besuch hatte sie per Fax avisiert. Ein Blick auf die Uhr, Fahrenbach musste sich sputen. Er lief zum Clubhaus, wo Sekretärin Helga bereits die rote Fahne schwenkte. Fahrenbach riss sich zusammen und trat ein, worauf ihm Flammenschwerter entgegenschlugen.

Da stand sie, die Clubbesitzerin, und keifte: „Was ist das?“ Sie wedelte mit einer mickrigen Pappe. „Ihr Clubausweis?“, stotterte Fahrenbach. „Und wo ist mein Gold-Hologramm? Können Sie sich vorstellen, wie man mich behandelt hat? Wie eine Aussätzige! Ich wollte mit meinen Freundinnen in einem süddeutschen Prominentenclub spielen. Man hat mich als ‚Fernmitglied‘ abgewiesen!“

„Sehr unangenehm“, pflichtete Fahrenbach bei. „Wir hätten Ihnen einen Ausweis mit Hologramm bestellen können“, murmelte er, „aber ich dachte, in Spanien bräuchten Sie keinen Ausweis. Hätte ich gewusst …“.

„Hätte ICH gewusst…!“, unterbrach sie ihn. „Dass dieser Club noch existiert und Sie hier Präsident sind, verdanken Sie allein mir – ist das der Dank? Schicken Sie mir im nächsten Jahr einen richtigen Ausweis, sonst verkaufe ich diesen Club an eine Reifenhandlung in China!“

Fahrenbach schwieg und ließ sie zetern. Er dachte an die neuen DGV-Beschlüsse. Im nächsten Jahr würde die Clubbesitzerin mit einem Ausweis ohne ‚R‘ echte Probleme bekommen. Sie jetzt nach neuen Rangebällen zu fragen, war sinnlos.

„Wer bin ich, warum bin ich hier und warum tue ich mir das an?“, dachte er. Er hatte die Nase voll. Brigitte Langer ließ ihn abblitzen und Präsident des DGV würde er auch niemals werden. „Es reicht“, sagte er sich, um einige Tage später beim Martinsgans-Essen seinen Rücktritt zu verkünden.

„Die Ägide unter Präsident Fahrenbach wird uns allen unvergesslich bleiben“, schrieb Club-Chronist Dagobert Seicht ins Protokoll und wir, die Mitarbeiter des Golftherapeutischen Pflegedienstes, nickten ergriffen.

(c) by Eugen Pletsch. (Aus meiner Kolume „Golftagebuch“ in GOLFTIME 2016)

Zum Tod von Carl-Ludwig Reichert

Am 4. September 2023 ist Carl-Ludwig Reichert 77-jährig in München gestorben.

Ein paar spontane Gedanken: Noch vor ein paar Wochen telefonierten wir und er sprach mir, dem ewigen Dilettanten auf der Gitarre, Trost zu. Er sagte, viele Gitarristen wären technisch perfekt, aber hätten nie einen eigenen Song geschrieben. CALUR mochte meine Songs, die ich in den 1970er Jahren als Straßensänger plärrte oder bei Tagungen der Evangelischen Akademie in Hofgeismar, wo wir uns einst kennen lernten. Er lud mich sogar zu einer ZÜNDFUNK Nachtausgabe auf Bayern II ein, wo ich meine Lieder vortrug. (Sendungstitel: Erstes Interview mit einem Außerirdischen)
Wir fuhren einst zusammen nach Wien, wo wir und andere Bänkelsänger am Abend in der „Alten Schmiede“ anlässlich des 5o. Geburtstages von Rolf Schwendter unsere Lieder vortrugen.
Tagsüber schlenderte ich mit Carl-Ludwig über den Wiener Flohmarkt, wo er Schätze suchte – alte Bücher. Als ich ihn erstmals in München besuchte sah ich, dass der Privatgelehrte Reichert sehr viele, sehr alte Bücher in einem klimatisierten Schrank aufbewahrte. Er war ein gescheiter Mann, der sich  meist humorvoll, aber auch sehr bissig äußern konnte. Legendär war unsere Session mit Rolf Schwendter, Carl Ludwig Reichert und Gisela Dischner, die Werner Pieper unter dem Titel: „Eine gnadenlose Nacht im Josefsthal“ veröffentlichte.  Wir trafen uns auch in der HEADFARM Odisheim, wo ich häufig bei meinem Freund Helmut Salzinger zu Gast war. Carl-Ludwig führte ein langes Interview mit Helmut, das leider nie gesendet wurde, was ich insofern bedaure, als da zwei der klügsten Köpfe dieses Landes miteinander sprachen.

Als meine Lust am Gitarrenpiel (nach 30 Jahren Pause) wieder erwachte, versorgte mich CLR mit Tipps. Zu meiner ewigen Suche nach der (für mich) perfekten Gitarre schrieb er:
Ich hab den sehr gelungenen nachbau einer 40erjahre gibson von blueridge… das sind leute, die wohl in den 80ern, als gibson so schlecht wurde und illegale hölzer verbaute etc. sich selbständig machten… ich mag diese gitarren sehr gern, sie haben vernünftige preise und sind handwerklich top… ich bin übrigens kein gibson fetischist… meine hummingbird z.b. war nichts besonderes, wohl in der schlechten periode gebaut. Und bloss weil bob drauf rumgeplonkt hat, ist sie auch nicht besser geworden. Auch eine martin koa (auflage 300) hat toll ausgesehen, war aber auf hawaian slack key ausgelegt und bestens geeignet für eine singer/songwriterin a la heather nova…nicht aber fuer einen blues rumpler und ruepel wie mich… ich brauch was handfestes… und nicht zu teuer, weil ich live oft in seltsamen situationen spiele… da ist z.b. die preiswerte dove von epi mit TA genau richtig oder eben die masterbilt… so, jetzt aber schluss für heute… ich hab den ersten lemmy caution film von 1953 ergattert, leider nur auf französisch, das ich nicht beherrsche, aber es gibt ein e-book auf englisch, da kann ich nachlesen, was ich beim schauen nicht verstanden habe… o wunderbare neue digitale welt… ob es jemals dazu kommen  wird, dass man einen akkord denkt und der spielt sich dann selbst? Aber vielleicht will ich das ja gar nicht erleben, sondern mich die letzten erdenjahre damit plagen, noch 3 chords mehr zu lernen… hasta la vista, freund eugen… carl-ludwig“

Im Frühjahr 2021 begann ich einen autobiografische Text mit Liedern und
Zeichnungen, basierend auf meinem Traktat ‚OIGEN: Zwischen Sternenstaub und Hühnerdreck‘ zu überarbeiten, das 1986 erschienen und längst vergriffen war. [1]. In dem Zusammenhang telefonierten wir lange und Carl-Ludwig – Autor des Standardwerkes ‚FOLK‘- schrieb, wir hätten derzeit Jubiläum: ‚50 Jahre Folk-Musik in Deutschland‘, was mich zu meinem Projekt „Back on the Road“ inspirierte (mittlerweile wieder offline), in dem ich etliche Deutsch-Folk-Künstler um Erinnerungen bat, aber auch bat, ihre aktuelle Situation in der Corona-Hysterie zu beschreiben, die manche von uns an den Bettelstab gebracht hat. Ich schickte allen Künstlern die gleichen, ziemlich allgemein gehaltenen, Fragen  – nachfolgend die Antworten von Calur.

pfiat di, Carl-Ludwig R.I.P und alles Gute, Monika

Foto: CLR mit Monika Dimpfl 1972


Fragen:

EP:  Was hast Du in den 70/80ern gemacht? Straßenmusiker/ Folk-Sänger / Singer/Songwriter/ in einer Band?

CALUR:
70er Jahre: Vor 1972 Ende der 60er Schülerband (Stones etc.) und Wochenden-Gigs als Unterhaltungsmusiker im Trio ( teils nach Noten von Glenn Miller bis Little Richard, letzeres ohne Noten), danach vor allem privat und unverstärkt mit Freunden (Dylan, Donovan, Degenhardt, Anglo-Folk-und Blues-Traditionals). Entscheidende Anregungen in Londoner Folk-Clubs 1965 und 1970. Unvergeßlich ein Auftritt von Gerry Lockran und ein Konzert von Taste in Klooks Kleek.

Ende 1970 erster Kurzauftritt mit eigenen Mundart-Songs bei einem Festival in der TU München mit Amon Düül 2, Embryo etc. auf Einladung von Christian Burchard. August 1972 erster Auftritt mit Sparifankal…

EP:  Inwiefern hattest Du damals Kontakt mit der Deutschfolk-Szene?

CALUR:
Gar keinen. Deutsch-Folk hat mich damals nicht interessiert. Mein einziger Bekannter aus dieser Szene war Julius Schittenhelm, der selbst randständig war und für das Ohr Label Aufnahmen mit Amon Düül 1 und Paul und Limpe Fuchs = Anima gemacht hatte. Julius trat damals mit seiner Frau Dodo regelmäßig im Song Parnass auf, dem kuriosen Folk-Club, wie üblich für 10DM pro Abend und wie alle anderen, von Fredl Fesl bis Reinhard May. Ich war immer nur Zuschauer, die sogenannten „Kleinkunst“ war nicht so mein Ding. Die kollektiv improvisierte (Rübel-)Musik mit Sparifankal war wesentlich interessanter. Viele Jahre später bin ich einmal mit Julius zum Open Ohr-Festival nach Mainz gefahren und dort kurz aufgetreten, was aber kaum jemand bemerkt hat. Und aufgrund meiner Moderatoren-Rolle im BR-Club16 ab 1975 regelmäßig kannte ich die einschlägigen Deutsch-Folkies und berücksichtigte sie in meinen Programmen. Also alles zwischen Bröselmaschine und Elster Silberflug, Werner Lämmerhirt und Hannes Wader. Meine Schwerpunkte waren aber eher anglo-amerikanischer Folk-Rock, Blues, internationale Psychedelik und Experimentelles…Immerhin hatte ich einmal einen Ausserirdischen namens Oigen zu Gast in der Sendung und es war wohl eine der lustigeren Sendungen, die auf dieser Welle stattfanden. Mit Sparifankal haben wir dann ja eine Folk-Platte der besonderen Art aufgenommen, die „huraxdax drudnhax“-Eigenbau-Folk mit den obligatorischen bairischen Texten.

EP:   Warst Du auch  später „künstlerisch“ tätig, was auch „lebenskünstlerisch“ beinhalten darf.

CALUR:
Nach Sparifankal kamen Dullijöh und nach Dullijöh kam Wuide Wachl und selbst in der fast 20jährigen Pause habe ich pro Jahr mindestens einen möglichst absurden Gig gespielt. Meist in Gegenden, wo man keinen bayrischen Dialekt verstand. Ich erinnere mich dunkel an die Stadtbibliothek in Bottrop (sehr guter Gig, wenig Leute) und Niederösterreich ( gutbezahlter Gig, aber wegen Stadtfest null Leute)…Noch seltsamere Gigs hab ich dann nur noch mit Sparifankal 2 gespielt, aber das ist eine andere Geschichte… Noch während meiner Sparifankal-Zeit schrieb ich diverse Bücher, gab die Rock Session heraus, war beim indianischen Widerstand in den U.S.A, und gründete zusammen mit Norbert Stockheim den alternativen Wanderzirkus Hundertfleck…Das alles hatte auch immer mit Musik zu tun, sei es die indianische Folkmusik von Willie Dunn, Floyd Westerman oder Dario Dominguez, die Claus Biegert und ich zu Trikont brachten, oder Bob Marley, den Norbert für das Label betreute oder die Musikm, die wir für Hundertfleck selbst machten…Die beiden Benefiz-Konzerte, die wir damals für das American Indian Movement (AIM) organisierten, wurden auch von Folkies wie Jack Grunsky, Pete Wyoming Bender, Ian Ince oder David Blue bestritten. Letzterer war ein alter Freund von Bob Dylan, wie auch Allen Ginsberg, den ich einmal in München auf der Blues-Gitarre begleiten durfte…

EP:  Was verbindest Du mit dem Begriff Deutschfolk?

CALUR:
Genau so wenig wie mit dem Begriff Krautrock oder gar Deutschrock. Das ist halt Musik mit deutschen Texten…

EP:  Was machst Du heute?

CALUR:
Ich verbrauche genüßlich meine schmale monatliche Rente (das meiste davon hat mir ja wie allen anderen ein gewisser Blüm gestohlen und dann noch doppelt besteuert). Wenn ich Lust habe, spiele ich für mich diverse Ukulelen, Banjos und Gitarren…Es gibt so viel zu lernen und so gute Songs…Ab und an mache ich selbst noch das eine oder andere Liedchen… Vor Corona war ich lange Zeit mit Sparifankal 2 unterwegs, mit Andi Sturm, Rolf Bakels, Stani Kirov, Gerhard Wagner, Hansi Schneider, Andi Blab, elektrisch wie akustisch, dann auch mit Juliane Gredmaier. Das letzte Projekt, leider nur ein paar Auftritte lang, waren The Munich Sheiks mit einem gemischten Repertoire aus wenig bekannten Folk-Oldies und einigen bairischen Adaptionen ebensolcher…

EP:  Fühlst Du Dich im Alter als Künstler vom Staat gewürdigt und sofern (besonders in Corona-Zeiten) nötig, angemessen unterstützt?

CALUR:
Pfeif ich drauf. Siehe Rente. Außerdem bin ich absolut unfähig, Formulare jeglicher Art auszufüllen. Das fängt schon an mit Depp*innen-Fragen wie: Beruf? Kann ich immer nur schreiben: Universal-Dilettant oder sowas…

EP:   Welche Musik hörst / spielst Du heute?

CALUR:
Musik hören entfällt weitgehend…Manchmal höre ich noch in gestriemte Neuerscheinungen hinein, kaufe fast nichts mehr, weil mich der superlativistische Dauerhype nervt, mit dem jedes untermittelmäßige Neuprodukt beworben wird… TV geht auch nicht, weil die bekoksten Bildregisseure von Videos oder Rockpalästen mit ihrer Zehntelsekunden-Schnitt-Sucht die Musik zerstören… Das beste Musik-Video das ich kenne, entstand an der Münchener Filmhochschule. 20 Minuten Ten Years After. Eine Einstellung. Basta. Danach kam fast nur noch Mist. Techno in jeder Form ist wie alles Digitale nur eine maschinell- algorithmische Simulation von Kreativität und ein manipulierbares Surrogat von Musik. Das gilt übrigens nicht nur für jene.

Für meine Musik nutze ich nur aktive Effekt-Geräte, wenn überhaupt. Wenn ich besser spielen könnte, bräuchte ich wahrscheinlich gar keine. Ich habe nach einem der besten Lehrbücher etwas Picking gelernt – nein, nicht der unverdiente Millionär Peter Bursch mit seinem grauenhaft dogmatischen Machwerk –  sondern nach einer schmalen Broschüre mit dem guten Titel Country & Blues Guitar for the Musically Hopeless von Carol Mc Comb. Das liefert schnell, begreiflich und ohne Schnickschnack die Basics. Und von da aus kann Jedefrau und Jedermann weiter machen, wie es ihr oder ihm gefällt.

Die Musik ist nach wie vor unerforschlich und unerschöpflich und ein lebenslanges Elixier und Experiment. Wer dazu noch lesen und schreiben kann und seinen Kopf für eigene Gedanken nutzt, kann kein unglücklicher Mensch sein. (CLR)

Ein Gespräch mit Carl-Ludwig Reichert. 45-Minuten-Radio-Beitrag von Norbert Joa von 2018. (Danke, Laufi):
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/eins-zu-eins-der-talk/in-memoriam-carl-ludwig-reichert-musiker-und-autor-100.html

Nachrufe:
https://taz.de/Erinnerung-an-Carl-Ludwig-Reichert/!5956369/

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/zum-tod-von-carl-ludwig-reichert-zum-tod-des-bayerischen-musikers-19157343.html

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/nachruf-carl-ludwig-reichert-sparifankal-benno-hoellteufel-mundart-1.6200610

Arztbesuch

Meine satirischen Kolumnen der Redaktionsgeisha wurden zwischen 2009 und 2012 in einem Heilpraktiker-Magazin veröffentlicht. Seitdem hat sich in der Gesundheitspolitik viel verändert. Damals versuchten die Lobbyisten noch, Minister der Bundesregierung zu beeinflussen. Heute sind die Lobbyisten Minister der Bundesregierung und jede angebliche Verbesserung im Gesundheitswesen wirft nicht die Frage auf, wem sie hilft, sondern wer damit Kasse macht. (ep)

Als Dr. Hubertus Canditus Bercelmeyer geweckt wurde, war es spät – zu spät. Die Sprechstunde hatte längst begonnen. Das Wartezimmer im Erdgeschoss seines Hauses war überfüllt von Patienten, die sich mittels alter Frauenzeitschriften und zerfledderter Kinderbücher am „Virus des Monats“ infizierten. Die rostige Reibeisenstimme der langjährigen Sprechstundenhilfe Maria Clarius hatte ihn aus seinen Träumen gerissen:
„Herr Doktor, könnten Sie bitte runterkommen! Ich habe ihren Steuerberater auf der Eins … und der Herr Sibelius in Kabine 2 behauptet, er würde frieren.“

Bercelmeyer hatte keine Lust. Nicht auf diese Heerschar übergewichtiger Jammerlappen und Simulanten und schon gar nicht auf die Kranken, die ansteckend waren, was eine erhoffte Berufung in die Senioren-Mannschaft des Golfclubs gefährden könnte. Am wenigsten Lust hatte er auf den Sprechanlagen-Terror dieser Praxis-Domina, die ihn jeden Montagmorgen aus seinem liebsten Traum riss: Siegerehrung. Bercelmeyer hofft auf den ersten Preis. Über die Lautsprecheranlage hört er seinen Namen – aber dann es ist doch nur das Kasernenhofschnarren der Maria Clarius: „Dr. Bercelmeyer, könnten Sie endlich runterkommen!“

„Ich hätte dieses Weib damals heiraten sollen“, murmelte er, „dann wäre ich sie längst los.“

Eine frühe Heirat und stattliche Versorgung im Scheidungsfall waren die leider unerfüllten Träume der Maria Clarius gewesen. Dass ihr der dröge Landarzt niemals unter den gestärkten Kittel ging, erklärte sie sich mit dem chronischen Erschöpfungszustand des unsportlichen Bercelmeyer, bis der dann im Spätsommer seines Lebens den Golfweg beschritt. Misstrauisch beäugte sie diese neue Partnerschaft des Herrn Doktor.

Das Golfspiel erweckte in Bercelmeyer überraschenderweise jene Leidenschaft, die zu Erleben Frau Clarius einst ihren jungfräulichen Lenden zugedacht hatte. Zu ihrer größten Verwunderung war der kurzatmige Frosch gewillt und in der Lage, an glühend heißen Sonntagen achtzehn Golfbahnen zu hüpfen, selbst wenn es bedeutete, dass die Montags-Sprechstunde erst am späten Vormittag beginnen konnte.

Der Doktor sei zu einem „Notfall“ unterwegs, sagte sie dann und drehte die Augen bedeutungsvoll gen Himmel. Sie überließ es der Phantasie ihrer Heuschnupfenallergiker, sich ein blutrünstiges Drama auszumalen. Damit waren sie eine Weile beschäftigt, denn ein Notfall war grundsätzlich nicht zu hinterfragen. Selbst wenn es länger dauerte – Maria Clarius ließ in ihrem Wartezimmer keine defätistischen Bemerkungen zu.

Der Notfall verleiht dem Arzt die schimmernde Aura des Mittlers, der zwischen dem Patienten und dem Leben steht, wobei – manchmal steht er da auch im Weg. Nicht jeder Ruf in die ewigen Jagdgründe beruht auf dem unergründlichen Ratschluss unseres allmächtigen Herrn. Mangelnde Hygiene in der Krankenstation, die Übermüdung junger Assistenzärzte, manche Patientenverwechslung und die selbstherrlichen Anweisungen ohnmächtiger Halbgötter ließen schon manche Seele zur Unzeit über dem Jordan verglimmen. Aber nicht in dieser Praxis. Das Wort „Notfall“ machte aus Bercelmeyer jenen Arzt, dem zu dienen sich Maria Clarius einst geschworen hatte. Dabei gab es nur einen wirklichen Notfall: Bercelmeyer selbst. Gegen die schweren Erschöpfungszustände, bedingt durch mangelnde Flüssigkeitsaufnahme während eines Golfturniers und übermäßigem Alkoholgenuss danach half nur ein geruhsamer Schlaf. Deshalb lag Bercelmeyer am Montagmorgen schnarchend im Bett, anstatt seine Patienten ins Jenseits zu therapieren – was diese instinktiv zu schätzen wussten.

„Manchmal dauert es, aber er ist ein guter Arzt“ sagte eine Dame. „Zumindest bringt er niemanden um“, bestätigte eine andere.

Bercelmeyer, dessen Golfspiel unter einem unberechenbaren Ballflug leidet, hat die Heilkunst wahrlich von der Pike auf gelernt. Hinter dem schweren, dunkelbraunen Eichenschreibtisch, der das Sprechzimmer wie eine Trutzburg dominiert, hatte sich schon sein Vater verschanzt, während der kleine Hubertus am Boden saß und versuchte, einer widerspenstigen Katze mit dem Stethoskop Herztöne zu entlocken. Nach einem feuchtfröhlichen Studium und Promotion in Heidelberg hatte ihn der bei Landärzten übliche frühe Tod seines Vaters vorzeitig in die Heimat zurückbeordert.

Die Praxis war damals eine stattliche Pfründe und Bercelmeyer, der die Hungergehälter von Assistenzärzten in der Uni-Klinik mit Schrecken betrachtete, ließ sich nicht zweimal rufen. Irgendwann stellte er dann Maria Clarius ein, die ihn seitdem unglücklich und aufopfernd liebt. Bercelmeyer dagegen liebt nur das Golfspiel.

An einem Freitag hatte ich in der Praxis angerufen und zu meiner Überraschung wurde der Hörer abgehoben. Man teilte mir mit, dass ich am Montagvormittag vorbeikommen könne, ich müsse nur etwas Zeit mitbringen. Das fand ich insofern erstaunlich, als ich in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass es dank moderner Kommunikationsmittel schier unmöglich geworden ist, eine Arztpraxis zu erreichen und wenn jemand den Hörer abnimmt, ist – zumindest für einen gesetzlich versicherten Lebenskünstler wie mich – kein Termin frei. Insofern war ich von Bercelmeyers Praxismanagement beeindruckt und stand am Montagmorgen rechtzeitig auf der Matte. Nicht, dass ich zur Hypochondrie neigen würde  – nein, ich bin nur so vorsichtig, wie man das in meinem Alter sein sollte. Deshalb messe ich stündlich den Blutdruck, lasse monatlich ein großes Blutbild machen und ernähre mich hauptsächlich von vitaminreicher, biologisch hochwertiger Kost.

Hubi, wie Dr. Bercelmeyer bei uns im Club genannt wird, hatte mich vor ein paar Jahren in die golfpsychiatrische Abteilung[1] einer Suchtklinik überwiesen. In dieser Klinik wurde ich geheilt. Seitdem spiele ich zwar noch häufig Golf, aber nicht mehr mit Suchtcharakter, sondern eher, weil ich es als meine Bestimmung ansehe.

Während ich wartete und Kindern beim Bemalen von Schablonen mit Märchenmotiven zusah, schleppte sich der Zeiger so langsam voran, wie eine Sonntags-Golfrunde bei schönem Wetter. Schließlich wurde ich aufgerufen.
„Na, wie geht es uns?“ fragte Bercelmeyer.

„Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich hatte im Vorjahr Beschwerden am Knie.“

„Oh?“

„Das war im letzten Winter, als ich mich nach einem Sturz verletzt hatte.“

„Und du bist sicher, dass du dir das nicht eingebildet hast?“

„Dass ich gestürzt bin? Wieso sollte ich mir das einbilden?“

 „Ich frage nur. Schließlich musste ich dich seinerzeit in eine psychiatrische Anstalt überweisen

„Hubert, das war zur Kur, ich hatte einen Drehschwindel.“

„Aber du warst dann für Jahre verschwunden. Ich dachte, man hätte dich weggeschlossen.“

„Ich hatte die Gegend verlassen. Jetzt bin ich wieder hier.“

„Und deinem Knie geht es besser.“

„Akupunktur hat gut geholfen.“

„Dieser Chinesenkram? Alles Einbildung, wobei – stimmt – bei dir könnte das funktionieren. Und warum bist du heute hier?“
Ich erzählte lange, bis Maria Clarius auftauchte. Sie schaute Bercelmeyer mit fragenden Augen an und sprach dann das Zauberwörtchen NOTFALL, um ihn aus dem Sprechzimmer zu locken.

Er stand auf, bedeutete seiner Mitarbeiterin, dass er sofort käme und sagte laut: „Wir sollten deinen Kopf röntgen, oder – nein, wir machen besser gleich ein CT, ein MRT und eine neurologische Untersuchung. Der Kollege Wulff hat sich ein neues Gerät zugelegt, das sich amortisieren muss“

Leise sagte er mir: „Komm mal nach der Sprechstunde vorbei, ich möchte die ganze Geschichte hören.“

weiterlesen in Die Redaktionsgeisha


[1]             Siehe „Golf Gaga – Der Fluch der weißen Kugel“

Den FALK im Nacken

Erinnerungen von Eugen Pletsch

In querFALK, Herausgegeben von Caroline Hartge und Ralf Zühlke (Verlag Peter Engstler) hatte ich vor Jahren einen Beitrag mit dem Titel „Den Falk im Nacken“ veröffentlicht, der 2020 auch in Mein Falk-Projekt zu finden ist. Dieser biografische Text handelt von meiner Odyssee durch die Subkultur der Jahre 1960 bis 1990 und zum Ende hin von meiner Begegnung mit Helmut Salzinger und der Gruppe 60/90…


Jeder, der dabei war weiß, was der evolutionäre Treibsatz unserer Generation war. Heller als tausend Sonnen[1] strahlten wir, die wir damals alle – fast – erleuchtet waren. Von Mathias Bröckers fand ich in Humus auf Seite 12 eine Textpassage, die meine Perspektive stützte. Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang: die ‚hedonistische linke Internationale‘, die Helmut Salzinger propagierte, was ihn – laut Bröckers – ‚von den 68er Theoretikern eigentlich zum interessantesten und spannendsten‘ machte.

Geraume Zeit dachte ich darüber nach, was mein Beitrag zu diesem Buch sein könnte. Ich umkreiste das mir abstrakte Thema wie ein Falke, der am Boden im Kreis humpelt und nicht hochkommt, weil er sich mit einer Kralle in dem schweren, patschnassen Pullover seiner Erinnerungen verhakelt hat. Der Begriff ‚hedonistische linke Internationale‘ hat mir weitergeholfen, obwohl ich damals – weiß Gott – kein Theoretiker war. Eher eines dieser Kinder, die, fasziniert von den Männern mit den langen Haaren und Bärten, im BDS (Bund demokratischer Schüler) aktiv waren, der damaligen Jungschar des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund). Mit glühenden Worten vertrat ich die Phrasen anderer Leute, die sie vermutlich selbst nicht verstanden.

Irgendwann jedoch, nachdem der dritte Joint in mir implodierte, stand ich auf der Kippe, und als ich dann meinen ersten Weltraumflug (Purple Haze) absolvierte, galt ich bei den Gießener Genossen endgültig als arme, entpolitisierte Kreatur.

Der Schüler wurde zum Hippie und irgendwann zum ko(s)mischen Reisenden. Die Zeit, in der ich als fahrender Sänger unterwegs war, beschrieb ich in meinem autobiographischen Liederbuch Zwischen Sternenstaub und Hühnerdreck. Ich war dreißig Jahre ‚on the road‘, als Tramp, als Hippie, als Liedermacher, später als Handlungsreisender und dann, als ich mein Yoga, meinen ‚Do‘ oder ‚Weg‘ fand – als Golfer.

Heute reise ich kaum noch. Ich habe mich verwurzelt, eingegraben und mag nicht mehr abheben, geschweige denn zu den Sternen fliegen. Ich arbeite, koche, schreibe, male, gehe spazieren, spiele Golf, rede mit meinen Kindern, führe ein ruhiges Leben und habe langsam das Gefühl, dass das überdrehte Rad meines Lebens, dieser hektische Brummkreisel meines Seins, langsam in mir zur Ruhe kommt. Aber ich schaue gerne denen zu, die sich zu den Sternen aufmachen, die ihren Geistscheinwerfer zum Himmel richten, die den Kosmos ihres Lebens voller Leidenschaft erobern wollen, freie Falken ohne Horizont. Und wenn mir jemand etwas von der Weite des Himmels erzählt, während er wild mit den Flügeln schlagend am Boden festhängt und im Kreis rudert, dann muss ich grinsen und an mich damals denken.

Ich (Jahrgang 1952) wuchs im Wirtschaftswunderdeutschland in Mittelhessen auf. Vor meinem inneren Auge sehe ich noch die Ruinen, in denen wir herumgeklettert sind. Ich verstand damals nicht, was die schwarzen Zähne zwischen den wiederaufgebauten Häuserreihen bedeuteten. Der noch allgegenwärtige Krieg war mir ein abstraktes Wort, während Helmut und MO diese Zeit bewusst erlebt hatten. Besonders MO, die gerne von der freien Nachkriegszeit, dieser herrlichen, kurzen Epoche des Matriarchats schwärmte, um dann über die Dummheit der Frauen zu schimpfen, die sich von den Kriegsheimkehrern wieder in den häuslichen Käfig hatten zurücktreiben lassen.

Meine Familie war bürgerlich. Mein Opa war Handwerker, mein Vater wäre gerne Lehrer geworden, aber er fügte sich und wurde mit der Übernahme des großväterlichen Betriebes mittelständischer Unternehmer. Er fand darin kein Glück, aber wir Kinder hatten ein gutes, warmes Heim.

Das Haus, in dem wir zur Miete wohnten, gehörte einer Familie Leidel. Dr. Hans Joachim Leidel, Arzt, Schriftsteller, Pazifist und Sonderling, war ein maßgeblicher Einfluss meiner Kindheit. Er war umgeben von geheimnisvollen Geschichten und er lehrte mich Dinge, die mein Vater nicht zu formulieren gewusst hätte. Der trug Verantwortung für mehr als fünfzig Arbeiter und Angestellte und nachts, wenn Dr. Leidel beim Rotwein Gedichte vorlas, saß mein Vater still in einer Ecke und schwor sich, seinem Jungen das zu lassen, was ihm sein Vater verwehrt hatte: die Freiheit des Geistes. Den Blick vom Himmel. Den Flug des Falken durch die Welt der Phantasie.

Täglich besuchte ich Dr. Leidel, wenn er im Garten buddelte, alte römische Scherben zusammenklebte oder seltsame Geschichten schrieb. Er inspirierte mich zu zeichnen und erzählte mir aus seiner Zeit als Lagerarzt im Krieg. Er zeigte mir Bilder; Berge toter Juden, und er versuchte, mir Ansätze kritischen Denkens zu vermitteln. Leidel war ein unbequemer Mensch, der in diesem Archipel einer hässlichen Universitätsstadt voller Kleingeister und Intrigen in der Verbannung lebte.

Der Keller, die Garage, der Speicher, das ganze Haus war gefüllt mit Tausenden von Büchern. Uralte Bücher, zum Teil noch mit Schweinslederrücken, die vermoderten. Im Keller und Hausflur allgegenwärtig Stapel medizinischer Zeitschriften. In Leidels Arbeitszimmer waren alle Wände bis zur Decke voll mit Büchern. Alle Bücher dieser Welt, wie mir damals als Kind schien.

Im Frühling kamen die Klopftage. Dann staubte er auf der Veranda alle Bücher ab, indem er jeweils zwei Schwarten zusammenschlug, was im ganzen Haus als Klopfen zu hören war. Danach blies er den Staub ab und stellte die Bücher zurück. Das machte er tagelang.

Als ich dreizehn Jahre alt war, gab er mir Lobsang Rampas damaligen Bestseller Das dritte Auge zum Lesen. Diese Einführung in die geheimnisvolle Welt des tibetischen Lamaismus fesselte mich augenblicklich. Es war mein erster Kontakt mit dem Buddhismus. Dr. Leidel starb früh, nachdem er seinen Todeszeitpunkt exakt vorausgesagt hatte. Ich trauerte leise für mich und wartete auf ein Zeichen des Himmels.

Das kam, als ich erstmals Bob Dylan hörte, was mein Lebensgefühl schlagartig veränderte. Natürlich lernte auch ich Gitarre spielen und Dr. Leidels Sohn nahm mich mit zum Ostermarsch nach Frankfurt, wo Joan Baez spielte.

Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich im Schaufenster der Ricker’schen Buchhandlung in Gießen, die von Leidels Freund und späterem Verleger Gideon Schüler betrieben wurde, das Buch Gammler, Zen und hohe Berge von Jack Kerouac entdeckte, erschienen in einer Taschenbuchausgabe bei Rowohlt. Wie bei Dylans Liedern verstand ich eigentlich kein Wort vom Inhalt, aber ich verstand die Botschaft. Es war aufregend, lebendig anders und eine Übertragung des Geistes, den jene Adepten meiner Generation erhielten, die dafür offen waren. Und ich hatte Glück, denn das Buch schickte mich auf einen guten Trip. Ich begann mich für Schlafsäcke, Berge, Natur, Zen und Mädchen zu interessieren. Mein Held war der Dichter Gary Snyder, der als Japhy Ryder in diesem Buch eine Hauptrolle spielte.

Jack Kerouacs Tristessa oder W.S. Burroughs Naked Lunch zum Einstieg, und ich wäre vermutlich in die melancholische Welt der Junkies abgetaucht und nie mehr über Wasser gekommen. Natürlich versuchte auch ich irgendwann wie Old Bull Lee dazuliegen, die Figur in Kerouacs On the Road, die von Burroughs inspiriert war, um tagelang auf meine Fußspitzen zu starren. Ich schaffte das aber nur fünf Minuten, dann sprang ich auf und raste wieder los, rastlos und verrückt, und das rettete mir das Leben.

Natürlich las ich auch Jack London und wurde Tramp. Mein Glück war der Straßenrand. Blues singen und mit der Mundharmonika Autos heranlocken. Unter ‚Gammlern‘ und ‚Hippies‘ an der Straße kapierte ich schnell, warum manche Hitchhiker tagelang an einer Auffahrt in Südfrankreich herumhängen mussten und nicht weiter kamen, während andere, wie ich, sofort mitgenommen wurden. Beim Trampen muss man clean rüberkommen und Interesse wecken – dem Fahrer einen Grund geben, um anzuhalten. Und dann, wenn man im Wagen saß, musste man etwas zu erzählen haben, damit der Fahrer wach blieb. Für eine gute Geschichte gab es Einladungen zum Essen, Übernachtungen, lange Lifts und manchmal auch die Bereitschaft, einen Umweg zu fahren. Ich trampte durch Westeuropa. Meine schnellste Reise war: 1. Tag Amsterdam, 2. Tag Brüssel, 3. Tag Paris, 4. Tag Marseille, 5. Tag Cassis (ein Tag Urlaub am Strand), 6. Tag Grenoble. Jeden Tag schickte ich eine Postkarte an meine Eltern. Als ich am 7. Tag zu Hause einlief, war noch keine Karte angekommen. Ich war ziemlich schnell, weil ich überlegte, wann und wo ein Autofahrer halten konnte und das Trampen war für mich reine Lust. Ich wollte nur unterwegs sein. Manchmal, samstags, trampte ich von Gießen nach Frankfurt und zurück. Ich ging nicht in die Stadt, ich wollte nirgendswo hin – nur unterwegs sein. Bewegung in einer starren Welt, die sich mit der Studentenbewegung rapide zu verändern begann.

Ich suchte Gott, die Wahrheit, eine Antwort und kam zu Frater Marianus, damals der letzte Einsiedler der Alpen, wo ich als erster Gast seit dreihundert Jahren in der Klause wohnen durfte, um die‚Väter der Wüste‘ zu studieren. Ich trampte zu Oskar Kiss Maerth, der gerade mit seinem Buch Der Anfang war das Ende[2] Aufsehen erregt hatte, um von diesem alten Business-Yogi, der in einem Schloss am Comer See lebte, etwas über den Ursprung der Menschheit zu erfahren. Ich lief endlos durch den Tessin, bis ich die Casa Montagnola fand, wo Hermann Hesse Klingsors letzter Sommer geschrieben hatte. In der Schweiz fragte ich den damaligen Sekretär der theosophischen Gesellschaft Paul Häusle, was er von LSD halte. ‚Kunstdünger‘, meinte der alte Mann. Ich schrieb später ein Lied, Kunstdüngergeneration

Beim Steppenwolf-Konzert in Frankfurt lernte ich Werner Pieper kennen, den ich die nächsten Jahre bei seinen Projekten, den Grünen Zweigen sowie den Magazinen Kompost und Humus begleitete. Mit den harten Drogen war die Release-Bewegung entstanden, eine Selbsthilfeorganisation von Drogenabhängigen; auch sie hatte ihren radikalpolitischen (Patientenkollektiv) und ihren hedonistischen Arm (Grüne Kraft). Pieper lebte eine Zeitlang im legendären Release in Highdelberg. Helmut war in Hamburg Release-ambitioniert und ich war Gründungmitglied der Gießener Teestube, einer Drogenberatungsstelle, die in ihrer ersten psychedelischen Epoche durch die künstlerische Arbeit von Bernward Spiegelburg das schönste öffentliche Setting östlich von Amsterdam hatte.

Häufige Gäste, besonders in der kalten Zeit: die Gründerväter der Gruppe Elster Silberflug Uli Freise, Diethard Hess und Hartmut Hoffmann. Mit Bernward Spiegelburg, Thomas Ziebarth und dem früh verstorbenen Peter Markl (vom dem 2005 posthum eine CD erschien) waren sie die Ur-Elstern, die in einem abgelegenen Hofgut diese wundersam mystische und damals zugleich hochmoderne Musik schufen, die diese Gruppe später bundesweit bekannt werden ließ.

Auf dem Weg nach Indien blieben die Elstern in Heidelberg hängen. Barby Grosse und Lutz Berger schlossen sich der Gruppe an und der Rest wurde Musikgeschichte. Deutschfolk nannte man das damals. Die Elstern waren eine große Familie befreundeter, junger Musiker und Vaganten und manchmal standen ein Dutzend von ihnen auf der Bühne. Nach einer langen psychedelischen Nacht fragte mich Diethard Hess, ob ich Lust hätte, mit Thomas Ziebarth unter dem Namen Krauts Zupforchester eine Deutschlandtour mitzumachen, während der Rest der Truppe als Elster Silberflug Konzerte in England wahrnehmen wollte. Ich willigte ein.

Wir zogen auf eine einsame Lichtung im Wald, wo wir etwa eine Woche unter freiem Himmel an einem Feuer kampierten. Wir spielten Tag und Nacht, angeheizt aus dem Treibstofftank des Universums und den gütigen Gaben eines Shiva-Sadhus, der uns als psychedelischer Zeremonienmeister begleitete. Ich habe keine Erinnerung mehr daran, wann wir je gegessen hätten. Aber in dieser Woche lernte ich mehr als dreißig Lieder aus fünf Jahrhunderten: Vagantenlieder, Moritaten, deutsche Mystik, selbstkomponierte Tänze und Folksongs.

Dann gingen wir auf Deutschlandtour, wurden bei unserem ersten Auftritt im Nörgelbuff in Göttingen um die Gage gelinkt und spielten dann in Clausthal-Zellerfeld vor ca. achthundert Bergbaustudenten im Audimax. In Stuttgart, nach einem Konzert, traf ich meine spätere Frau Anita in einem Park und irgendwann, zum Abschluss unserer Reise, standen wir auf einer Bühne vor dem Bonner Rathaus bei irgendeinem Sommerfest vor Tausenden von Menschen und spielten Drei Chinesen mit dem Kontrabass, was zu unseren Instrumenten passte: Thomas spielte die Bouzouki, Diethard Hess seinen einzigartigen mexikanischen 6-Saiten-Bass und ich die Gitarre.

Irgendwann kamen die anderen Elstern aus England zurück. Plötzlich waren wir zu viele auf der Bühne. Ich hatte, wie ich damals meinte, genug gelernt und tingelte für mich durch die Einkaufsstraßen. Die Elstern nahmen bei Hansa in Berlin (‚at the wall‘, wo David Bowie sein Album Heroes produzierte) ihre erste Platte auf.

Irgendwann anlässlich des fünfzigsten Grünen Zweiges veranstaltete Pieper ein großes Fest, zu dem viele namhafte Musiker dieser Zeit unplugged spielten. Das Konzert wurde als besagte Musik aus dem Odenwald[3] auf Schallplatte veröffentlicht; heute ein teures, in England gesuchtes Sammlerexemplar.

Tom Klatt rief zum Festival of Fools nach Recklinghausen, Top Act war Django Edwards. Pieper und ich organisierten als Flying Assholes die Rocker Security. Ich fuhr mit Pieper auch nach Bern, wo wir Sergius Golowin, Walter Wegmüller und den Zigeunergeiger Baaschi trafen. (Jahre später in Basel nahm ich an einem Workshop mit John und Tony Lilly teil, fuhr danach nach Luzern, stieg auf einen Berg und stürzte ab.)

In Gießen traf ich jenes Mädchen aus Stuttgart wieder, schwängerte sie und wir fuhren zusammen nach Indien, wo ich als Sadhu leben wollte. Es wurde eine existenzielle Erfahrung, bei der mir klar wurde, dass Sadhu werden und gleichzeitig ein Kind bekommen nicht das optimale Timing war. Wir wurden beide sehr krank, ich hatte meinen ersten Nervenzusammenbruch in einem indischen Zug und Deutschland schien uns in unseren Träumen wie das gelobte Land. Irgendwie schafften wir es zurück, wurden von unseren Familien freundlich aufgenommen, heirateten, wie sich das damals gehörte und im Sommer 1974, ich war gerade zweiundzwanzig Jahre alt, wurde mein Sohn Ludwig Brimbadil geboren. Werner Pieper wurde Patenonkel.

Vor ,Indien‘ hatte ich ein paar Semester Pädagogik studiert. Jetzt, nur mit mystischen Flausen im Kopf, sollte ich eine Familie ernähren. Drei Monate Probezeit schaffte ich bei meinem ersten Job als Erzieher in einer jugendpsychiatrischen Anstalt. Ich las Summerhill von Alexander Neill und wurde gefeuert. Wir zogen in ein verlassenes Haus in einem hessischen Dorf, begannen einen großen Garten zu bewirtschaften. Pieper hatte ein Zimmer bei uns, wo er aber nur selten war. Ich lebte in einer phantastischen Welt, in der Buddha bei der Müllabfuhr arbeitete, Krishna im Edeka Milch verkaufte und Castaneda an der Bushaltestelle gegenüber unserem Haus saß und einen Schatten über seiner rechten Schulter beobachtete, der immer länger wurde: den Bus.

H.P. Blavatsky drehte Gurdjieff eine Zigarette, was meiner Frau nicht passte. Rudolf Steiner werkelte in der Küche und suchte Vollkornmehl für eine Brennnessel-Pizza, während Tim Leary mit dem Schäufelchen einen Haufen Nagual-Kotze vom Teppich kratzte.

Ich hatte heftige indische, buddhistische, indianische, taoistische und natürlich Zen-Schübe. Ich las Han Shan, besang den Mond, versuchte meinem sechs Monate alten Sohn beizubringen, die 10 Ochsenbilder in Tusche zu malen und brabbelte den ganzen Tag wirres Zeug, über die innere Mitte, das Wesen der Stille und Avalokiteshvara auf dem Fahrrad.

Manchmal wechselte ich meine spirituelle Gedankenwelt derart schnell, dass meine Frau kaum noch nachkam und nur an der Farbe meiner Klamotten erkennen konnte, wie ich drauf war. Sollte sie heute indisch vegetarisch kochen oder musste wieder ein Büffel erlegt werden?

Traditionelle Indianer, die nach Europa kamen, empfahlen uns, „unsere weisen Männer und Frauen“ zu suchen. So lauschten wir den alten Forstmeistern, Anthroposophen und jugendbewegten Altvorderen. Die politische Linke tabuisierte grundsätzlich Gespräche mit alten Männern, wenn sie im Dritten Reich irgendeine Rolle außerhalb des Widerstandes gespielt haben könnten. Mein Interview mit Professor Wirth, der sich mit Urgemeinschaftsforschung befasste, führte dazu, dass Piepers Bücher und Hefte von der Mehrzahl linker deutscher Buchläden boykottiert wurden. Aber Salzinger las weiter den ‚Kompost‘, die mittlerweile auflagenstärkste Alternativzeitung im deutschsprachigen Europa.  (…)
Als Pieper Deutschland zu Fuß von Nord nach Süd durchwanderte, war ich für eine Ausgabe des Kompost zuständig, Nr. 25, die Rotkohl-Ausgabe; so genannt, weil Anita das Coverbild, die Trilogie der Welt, vom Querschnitt eines Rotkohls abzeichnete. Ich lernte von Pieper, wie man Schnipsel, Bildchen und Artikel auf große Pappen klebte, die dann gedruckt wurden. Überall, wo im Layout Lücken waren, dichtete ich sie zu. Dichtung ist für mich heute noch ein Synonym für ‚weiße Löcher füllen‘.

Es war die Zeit der Landkommunen. Hadayatullah Hübsch hatte seinen Heidi Loves You Shop in Frankfurt schon wieder geschlossen, Päng-Herausgeber Raymond Martin, egomanisches Enfant terrible der Szene, residierte mit seinen Kommunarden auf der Titelseite des Spiegel. Ronald Steckel hatte in Berlin die fünfte Nummer der Love herausgebracht. Es gab Che Urselmanns Verlag und Zero – Zeitschrift für ganzheitliches Lesen im Zero Verlag, Jünemanns Middle Earth in Frankfurt und Josef ‚Bibi‘ Wintjes’ Ulcus Molle Reader in Bottrop.

Rolf Brück, der später zum Maro-Verlag ging, und Bernd Brummbär, Herausgeber der Head Comix von Robert Crumb, waren sporadische Frankfurter Kontakte.

Auf meinen Wanderungen im Vogelsberg entdeckte ich am Waldrand einen achteckigen Turm, den der An­thro­posoph Kurt Theodor Willmann in den dreißiger Jahren eigenhändig aus dem Vogelsberger Basalt geschlagen hatte. Dieser ‚Frankenschlag‘ wurde für die nächsten Jahre unsere Heimat. Hier lebten wir, ohne fließendes Wasser und ohne Strom, als Totalaussteiger, etwa zwei Kilometer vom nächsten Ort entfernt, auf einem Hügel am Wald. Ich wollte Henry David Thoreaus Idee von Walden oder Leben in den Wäldern in der Familie nacherleben, wobei Otto Mühls AAO (Aktionsanalytische Organisation) damals schon ihre Schatten über Europa warf und wir ‚Kleinfamilienwichtel‘ uns ängstlich und verschämt hinter Felsen versteckten. Wir hatten ein großes Stück Land, das wir zum Teil urbar machten. Das Heu der Wiese überließen wir den Nachbarkommunen, die uns dafür Käse und Brot gaben. Mit dem Maler Karl Möller gründete ich die Vogelsberger Kunstgenossenschaft, eigentlich eine Einkaufsgemeinschaft, über die unsere Familien Biogetreide bestellten. Der Altenfelder Hof buk jahrelang das berühmte Brot, das nach Frankfurt in Daniel Cohn-Bendits Distel-Bioladen geliefert wurde. Statussymbol dieser Zeit waren Tennessee Wiggler, fette Regenwürmer, die man Gästen stolz vor die Nase hielt, denn der erste Gang mit Besuchern führte grundsätzlich zum Komposthaufen. FALK-Veteran Helmut Höge hat diese Zeit unter seinem Autorenpseudonym Agentur Standard Text in seinem Buch Vogelsberg[4] beschrieben.

Meine Tochter Greta Li Gotami wurde mit der aufgehenden Julisonne im ‚Frankenschlag‘ geboren. Die Hebamme schaffte es gerade noch im letzten Moment zu uns auf den Berg, und ich vergrub die Nachgeburt im Komposthaufen, auf dem im nächsten Jahr besonders gutes Marihuana wuchs.

Von dort aus brach ich als ‚Oigen, Sänger vom Frankenschlag‘ zu meinen Raubzügen auf. Ich hatte mittlerweile ein eigenes Programm: Lieder von den Elstern, Folksongs von Dylan und Donovan und immer mehr eigene Lieder. Ich konnte vor alten Damen herrlich Dat du min Leevsten büst schmachten, hatte kein schönes, aber ein lautes Organ und verdiente bis zu hundert Mark die Stunde, wenn ich an brüllendheißen Sommerabenden an der Hauptwache in Frankfurt oder an einem bitterkalten Wintertag auf dem Nikolausmarkt in Stuttgart meine Lieder sang. Ich stand mit meiner Gitarre an der Hauptwache auf der B-Ebene und sang, dass die Sonne durch die Betondecke schien. Die Nachtausgabe der Abendpost vermerkte damals in der Lokalrubrik: ‚Er ist wieder da!‘ Nach drei Stunden war meine Stimme fertig. Sozusagen aus stimmökonomischen Gründen wurden meine Ansagen immer länger. Die Menschentraube um meinen Gitarrenkoffer wollte Geschichten hören und dafür gaben sie Geld, das wir dringend brauchen konnten. Wir lebten damals zu viert von kaum vierhundert Mark im Monat.

Die psychedelische Revolution war der Nährboden der Landkommunenbewegung und diese, eng verzahnt mit der Antiatomkraftbewegung, bildete das Rückgrat dessen, was sich ursprünglich unter dem grünen Banner sammelte. Kritische Anthroposophen, der Achberger Kreis, Robert Jungk, Josef Beuys, den ich in Kassel und Gießen erlebte, Philosophen, Künstler und weitsichtige Geister fanden sich zusammen, um sich über eine politische Gegenbewegung Gedanken zu machen. Tausende von jungen Menschen hatten auf ihren inneren Reisen erfahren, dass das Leben auf diesem Planeten ein einziges, vernetztes, sensibles Gebilde ist. Die Botschaft hieß: Gaia, das planetare Mutterschiff, retten. Und jeder machte sich auf seine Weise auf den Weg.

In Deutschland wurde das schön organisiert. Am 6. März 1983, nachdem klar war, dass es DIE GRÜNEN als Partei in den Bundestag geschafft hatten, standen wir noch begeistert auf der Bühne: Zeitenwende, Bernies Autobahn Band, Konstantin Wecker und viele andere Musiker, die die ‚Grüne Raupe‘ begleitet hatten, sangen The Times They Are A-Changing.

Mittlerweile lebte ich wieder bei Gießen, wo meine Kinder so eine Art Bullerbü-Kindheit hatten. Fast zwanzig Kinder auf einem großen Gutshof. Familien, jede für sich autark, ohne ideologischen Ballast, ohne gemeinsame Ökonomie, und das abendliche Zusammensein wurde allein von der Sympathie bestimmt. Es war nicht das erträumte Ökodorf, aber es war für Jahre real die beste Art, wie wir als Familie leben konnten.

Ich bemühte mich damals, als Mitglied des Naturschutzbundes und der Deutschen Ameisenschutzwarte, möglichst viele Gehölze anzupflanzen und wo immer ich hinkam, versuchte ich ein Loch zu graben, um einen Teich anzulegen. Ich nahm meine Aufgaben als Öko-Guerilla ernst, verfasste depressive Gedichte und erfand dabei den ungeregelten ‚Vogelsberger Kniddelhaiku‘:

                 Gras, Gras, entlang der Straß’

                 nach Watzenborn-Steinberg.

                 Unterm Mäher vergehst, an der Straße verwest’,

                 dein Leben ist kurz und allen ist’s schnurz.

Wir brauchten dringend Geld. Ein Unternehmer mit einer Firma für Spiel- und Lehrmaterial, der mich bei einem Auftritt auf der Straße erlebt hatte, bot mir einen Job an. Er hielt mich für den geborenen Verkäufer, denn wer so schlecht singt und Gitarre spielt und dabei so gut absahnt, der muss verkaufen können, meinte er. Er hatte Recht. Nach drei Monaten war ich sein bester Verkäufer und plötzlich verdiente ich wie ein Bundesligaprofi. Ich wurde nervös wie ein Rennpferd, hatte zwar noch die Gitarre im Auto, aber da ich morgens in irgendeiner Stadt beim Kunden sein musste, blieb keine Zeit mehr für lange Nächte mit schönen Geschichten. Nach einem Jahr stieg ich wieder aus.

Ich hatte genug verdient, um unser Projekt ‚Stoff aus Naturfasern‘ anzuschieben. Der Stoffversand war Anitas Idee. Schon im Vogelsberg hatte sie begonnen, die deutsche Öko-Szene aus den Restbeständen alter Webereien mit Naturstoffen zu bedienen. ‚Stoff aus Naturfasern‘ ist heute einer der ältesten Ökobetriebe Deutschlands, auch wenn es keine Öko-Szene mehr gibt. Unter dem Namen Anita Pavani Stoffe ist die Firma mittlerweile weltweit ein Geheimtipp unter Gewandmeistern, die Oper, Bühne und Filmproduktionen wie Harry Potter mit seltenen, magischen Stoffen ausstatten. – 1980 erschien Turtle Island von Gary Snyder auf Deutsch.[5] Darin fand ich das Gedicht Auf den San Gabriel Bergrücken (Seite 52. Es beginnt: ‚Ich träume von – / weichen, weißen, waschbaren Arbeitskleidern …‘). Ich las das Gedicht gerade im Büro, als es klingelte und der Lieferant einige Ballen eines herrlichen, weichen, weißen Baumwollstoffes brachte. Ich rief Frank Schickler an und sagte, Snyders Traumstoff wäre gekommen. Er gab mir dessen Adresse, wir schickten ihm Stoff und der Held meiner Jugend Japhy Ryder nähte sich davon Overalls. Wir schrieben uns noch ein paar Mal.

Die subkulturelle Szene im Deutschland der siebziger Jahre war wie eine große (verstrittene) Familie, wie ein Clan. Durch meine Zusammenarbeit mit Werner Pieper, meine Mitarbeit beim Kompost, aber auch durch meine Reisen als ‚fahrender Sänger‘ entstanden viele Kontakte zu Kommunen, Familien und Gruppen.

Die Landkommune-Bewegung war damals eng vernetzt mit den Betreibern des ökologischen Landbaus, den die Anthroposophen (die als etwas vertrocknet galten) dominierten. Die ersten Ökoläden entstanden, bundesweit bildeten sich Einkaufsgenossenschaften durch Leute, die zu der Erkenntnis gelangt waren, dass eine gesunde Landwirtschaft und eine verbesserte Ernährung mit wahrhaftigen Lebensmitteln eine entscheidende Grundlage zur Gesundung des Menschen und der Erde darstellt. Diese Leute wurden dann später als sogenannte Körnerfresser denunziert und heute haben wir den Salat: massenhaft ‚Volkskrankheiten‘, Überernährung, Kostenexplosion im Gesundheitswesen. Die Menschen haben die Eigenverantwortung abgegeben und es wurde ein Riesengeschäft. Jetzt sind alle krank und pleite.

Die große, jährliche Erweckungsparty der Alternativszene war zu dieser Zeit das legendäre Pfingsttreffen, veranstaltet von der evangelischen Akademie in Hofgeismar. Hier fand die Szene der frühen siebziger Jahre unter der weisen Administration von Frau Dr. Ingrid Riedel ihre Stimme. Hier lernte ich den Schriftsteller Reimar Lenz kennen und Che Urselmann, der den Zero-Büchertisch machte. Es gab immer das offizielle Programm, wo die Großkopferten der Szene ihren Aufritt hatten, sei es Dieter Duhm, Hadayatullah Hübsch (damals mit Perserkäppchen und pakistanischen Begleitern) oder all die vielen anderen, die damals mit Büchern, Projekten und Ideen von sich reden machten. Ich lernte Gerriet Hellwig kennen, der mit seinem Projekt der ‚alternativen Kooperation‘ ein neues Konzept der Vernetzung von Mensch und Kompetenz entwarf. Ich traf den eingeborenen Worpsweder Künstler Matthias ‚Regenmacher‘ Kaufmann oder Julian Pawlik, der vom Topmanager zum Biotherapeuten transformierte, Carl Ludwig Reichert, Erfinder des deutschen Mundartrock und bayrischer Gelehrter. Viele dieser Namen waren mir für lange Jahre (oder sind es sogar bis heute) liebe Freunde. Neben dem offiziellen Programm gab es die Frisbee-Szene in dem riesigen Park, wo die Clans wie Löwenrudel beieinander lagen und neueste Ernährungsdogmen ausfochten. Nachts begannen endlose Trommel- und Trancesessions, und alles noch richtig selbst mit der Hand gemacht, liebe Kinder.

Draußen bei der Garderobe im Flur, wo die Akustik am besten war, saß ich meist mit meiner Gitarre und spielte Lieder und Balladen und zum Abschluss des Abends meine Linsensuppensutra, ein Zen-Lied, das – meist – zur augenblicklichen Erleuchtung führte.

Jahre später war Gerriet Hellwig Modemacher in Düsseldorf und ich, der ich einen Bus hatte, wurde sein Vertreter. Er machte verrückte Klamotten und ich fuhr durchs Land und verkaufte sie. Eine Zeitlang lief es sehr gut. In meinem Bus hatte ich meine Gitarre und egal, wo ich in Deutschland hinkam: es gab immer eine Gruppe oder Familie, die einen warmen Platz und eine Mahlzeit für den Barden hatte. Gute alte, irische Tradition: lange Nächte mit Geschichten, die wir uns erzählten, denn die meisten von uns hatten damals – wie Salzinger – ihren Fernseher aus dem Fenster geworfen oder hatten gar keinen, wegen der Kinder. Wenn ich vorbei kam, wurde gegessen, geraucht, getrunken und erzählt.

Im tiefen Odenwald, hinter Löhrbach über den Berg im Eiterbachtal, standen die Tipis der Lü-Leute, einer fränkischen Korbflechter-Gemeinschaft, die für mehrere Jahre mit Zirkuswagen und Indianerzelten in Deutschland unterwegs war. Ob ich sie in ihrem Winterlager traf oder beim großen Sunwheel Gathering[6]: wann immer ich kam, hatten sie ein Tipi für mich, wenn ich nicht im Bus schlafen wollte. Die Lü-Leute bauten große Öfen und kochten auf Festivals und bei Veranstaltungen. Sie waren Deutschlands Hog Farm-Kommune. Sie lebten mit ihren Kindern ganzjährig wie Nomaden im Freien, und wenn ich kam, pellte ich mich aus meinen schnieken Stadtklamotten, begrüßte die Kinder und dann gab es in einem mollig warmen Zelt oder Wagen süßen, schwarzen Tee, Geschichten und ‚Kräutelein‘, bis das Häuptelein zerbarst.

Spaak hatte einen großen Hof auf einer einsam gelegen Waldlichtung bei Langenschiltach im Schwarzwald. Hier fanden große Sommertreffen statt, Ferienlager für die Kinder unserer Familien oder die ersten Workshops unter Anleitung traditioneller Indianer, wie dem Lakota Brave Buffalo oder Philipp Deere. Der hatte das American Indian Movement (AIM) bei deren Auseinandersetzung am Wounded Knee als Medizinmann unterstützt und war nach Deutschland gekommen, weil man ihm ein neues Gebiss versprochen hatte, ein Versprechen, das der weiße Mann auch diesmal brach.

Durch meine berufliche Tätigkeit war ich ständig in ganz Deutschland unterwegs. Ich stellte Kontakte zwischen Gruppen her, erzählte den aktuellen Tratsch und Klatsch, brachte meine Geschichten unter die Leute, und nachts am Feuer rauchten wir und klimperten auf der Gitarre.

Im Schwäbischen leitete Julian Pawlik mittlerweile Bioenergetik-Workshops, im Fränkischen konnte, wer Mut und Nerven hatte, bei Raymond Martin[7] reinschauen. In München war Carl Ludwig Reichert meine erste Anlaufstelle, der die damals sehr populäre Radiosendung Zündfunk Nachtausgabe machte, in der auch ich eines Nachts meine Lieder sang und Geschichten erzählte. Ich genoss das Vagabundieren lange Zeit, aber gleichzeitig hatte ich mein Brot zu verdienen. Die Arbeit wurde immer härter, das Fahren stressiger, mein Pensum immer größer und mein Wunsch nach Ruhe auch. So wie das, was man mal ‚Szene‘ nannte, zerfiel, so zerfiel auch irgendwann mein Bedürfnis, ständig irgendwo mit irgendwem zu ratschen. Ich war oft müde, ging immer häufiger in Pensionen zum Übernachten und genoss es, für mich zu sein. Ich brauchte die Ruhe, einfach um mich zu regenerieren.

Ich war dadurch oft wochenlang für mich allein, und begann wieder zu lesen. Neue deutsche Autoren kannte ich kaum. Bei Pieper, der häufiger mit Walter Hartmann arbeitete, sah ich erstmals Gasolin 23 und die ersten FALK-Hefte. Jonas Überohr [Helmut Salzingers Pseudonym für seine Kolumne in der Musikzeitschrift Sounds] war mir ein Begriff. Charles Bukowski, der mir John Fante und Knut Hamsun schmackhaft machte, habe ich leider erst sehr spät entdeckt. Nachdem ich Bukowski gelesen hatte, begriff ich überhaupt erst, warum die deutschen Autoren plötzlich alle so einen auf Macker machten. Jeder wollte die härteste Sau sein, was bei manchen Knaben nun wirklich komisch rüberkam. Offensichtlich hatte jeder letzte Nacht in einem Kühlraum betrunken mit einer tiefgefrorenen Schweinehälfte erst Sex und dann eine Prügelei gehabt. Die meisten Sachen, die mir in die Finger kamen, mochte ich nicht. Kein Humor. Grottenlangweiliges deutsches Mackertum. Einen Salzinger oder Köppen kannte ich noch nicht, geschweige denn die neue Generation der Slam Poeten, die ihr Publikum mit hammerstarken Texten umblasen und nicht diese langweiligen barocken Nebelschwaden der Selbstbeweihräucherung zelebrieren, die ich früher auf Lesungen erleiden musste. Mit anderen Worten: eine Weile war ich froh, dass mein Bezug zu den ‚deutschen Beats‘ denkbar lose war.

Dann kam Tim Leary aus dem Knast, und seine erste Auslandsreise führte ihn zu einer großen Tagung nach Deutschland. Pieper und ich waren seine Roadies und fuhren Leary in meinem roten Bus herum.
Im Herbst jenes Jahres, 1985, fuhr ich nach New York, verkrümelte mich aber schnell nach Colorado, wo der Tao-Meister Gia Fu Feng eine Gruppe junger Deutscher trainierte. Gia Fu bat mich, einige Hühner zu schlachten, wofür seine Jünger offensichtlich schon zu feinstofflich waren. Auf dem Weg zu den Hopi-Indianern, wohin mich Großmutter Carolyn Monongye zuvor auf der Buchmesse eingeladen hatte, holte ich mir am Wolf Creek morgens in der Kälte beim Schultern meines zwanzig Kilo schweren Lowe Liberty-Rucksacks meinen ersten Hexenschuss, den ich bei den Hopi auskurierte. In Los Angeles wartete ich im Alta Cienega Hotel darauf, dass Tim Leary vom Thanksgiving-Essen bei seinen Schwiegereltern zurückkommen würde. Ich verbrachte diese Tage in Bearnie’s Beanery, einer Kneipe, vor der Bukowski ausdrücklich gewarnt hatte. In San Francisco schoss mein Gastgeber Tom Ruddock, ein Kumpel aus Heidelberger Tagen, ein Bild von mir vor dem City Lights Bookshop und vor der Free Clinic im Haight Ashbury-Viertel. Ich hätte Shunryu Suzuki besuchen sollen und mein Leben hätte sich vielleicht voll­kommen verändert, aber ich wusste damals noch nichts von dem Meister, der den Zen in den Westen gebracht hatte, und selbst Baker Roshi[8] habe ich erst Jahre später kennengelernt. Tom Ruddock konnte sich achtzehn Stunden am Tag Basketball reinziehen, während ich Briefe schrieb. Dann hing ich wieder ein paar Tage bei Tim Leary in Hollywood herum und hatte grässliches Heimweh nach meiner Familie. Damals spielte ich noch kein Golf. Mein Leben hatte noch keinen Sinn. Ich flog zurück und war Weihnachten zu Hause.

Eines Tages Ende der achtziger Jahre, zurück aus den Staaten, fuhr ich mit Pieper nach Norden. Wir besuchten den ‚Regenmacher‘, der am Weiherberg in Worpswede lebte, dann fuhren wir erstmals nach Odisheim, Helmut und MO Salzinger besuchen. (…)

Michael Kellner schaute in dieser Zeit öfter herein. Das war um 1990 herum, als die Gruppe 60/90 entstand. Helmut schenkte mir alle FALK-Ausgaben, seine anderen Bücher und lud mich ein, zur Ausgabe von Gate [d.i. FALK/Neue Folge Nr. 3] ein Gedicht beizusteuern. Ich schrieb, erstmals seit langer Zeit, ein Gedicht. Ich weiß nicht, was die anderen davon hielten, aber ich mochte es. Es heißt Der gelbe Engel und handelt von Erleuchtung und dem ADAC. Als ich die anderen Gedichte in dem Heft las, wurde mir (wieder mal) bewusst, dass ich als ernster Autor keine Chance hatte.[9]

Zu der Zeit dieser Projekte wie FALK bzw. bei deren Produktion war ich nicht dabei. Ich nahm damals, von Salzinger protegiert, an manchen Treffen der 60/90-Gruppe teil und war bei dem obligatorischen Besäufnis nach der Lesung mit Reinhard Heß und Theo Köppen für die Blues-Session zuständig.

Ansonsten war ich mehrmals im Jahr bei MO und Helmut, um die beiden ein bisschen von Helmuts Krankheit abzulenken, die ihn auf immer neue Weise traktierte. Jahrelang musste er zweimal die Woche zur Dialyse nach Cuxhaven gefahren werden, bis ihm dann ein Blutaustauschgerät in Odisheim zur Verfügung stand. Es war eine endlose Quälerei, die er tapfer ertrug. Meine größte Freude war, wenn ich ihn zum Lachen bringen konnte. Oder, wenn er mit seinen langsamen, wohlüberlegten Fragen versuchte, etwas aus meinem Leben zu erfahren, das ihm, angebunden wie ein Uhu an der Jule, vorgekommen sein muss wie der freie Flug des Falken.

Mit großem Mitgefühl nahm er auch an meinen regelmäßigen Abstürzen teil. Aber dass ich immer wieder Aufwind unter die Flügel bekam, schien auch ihm bisweilen Mut zu machen. Helmut war kein Jammerer und selbst hinter seinem Leid lauerte stets ein feiner, blinzelnder Humor.

Uns verband eine sehr persönliche Beziehung, keine künstlerische, und darüber waren wir beide froh. Bis zu seinem Tod waren wir enge Freunde. Ich schreibe das sozusagen als Legitimation, denn bei FALK war ich kein Mitwirkender. Während in der HEAD FARM gefalkt wurde, düste ich, selber ein unsteter, bunter Vogel, durch die Welt. Ich war mit einer Menge von Dingen befasst, mit denen sich auch Helmut, aus einer anderen Perspektive, beschäftigte. Nachdem wir uns kennenlernten, wurden wir uns sehr nah, weil wir einander so gut ergänzten. Vielleicht hatte jeder etwas im Anderen, was er in sich vermisste. FALK war ein Bewusstseinszustand, den man besingen, beschreiben, mystifizieren – oder erleben konnte. Aber: ich war nicht dabei, als die Hefte gebastelt wurden und die Kollegen sich die Nächte um die Ohren schlugen, um Heftseiten zusammenzulegen.

Mit Helmut machte ich eine gemeinsame Wanderung. Tagelang beschäftigten wir uns mit allem, was ich von Japhy Ryder gelernt hatte, seit ich fünfzehn war: Ausrüstung kaufen, Rucksäcke stopfen, Schlafsäcke rollen. Helmut, mit heiterem Ernst bei der Sache, war glücklich, doch noch einmal aus der Hütte zu kommen. Es waren nur drei Tage, aber wir waren unterwegs, und so beschwerlich der Weg für unsere alten Knochen war, der Göhrder Mörder Marsch[10], wie Helmut die Wanderung nannte, war unser gemeinsames FALK-Projekt, wo wir – na ja, eher wie zwei alte Krähen, die sich mit den Krallen im schweren patschnassen Pullover verfangen hatten – im Kreis liefen.

Und dann, einmal, kamen wir auf einen hohen Berg. Darauf war ein Turm, und von dort aus, höher als die Falken fliegen, schauten wir über das weite Land. Selbst ich schwieg für einen Moment und Helmut lächelte dankbar.


[1] Robert Jungk. Scherz & Goverts, Stuttgart 1956.

[2] Der Mensch entstand durch Kannibalismus – Intelligenz ist essbar. Econ Verlag, Düsseldorf 1971.

[3] Jetzt als CD auf SIREENA, LC 11127 – Bezug durch www.gruenekraft.com

[4] Rotbuch-Verlag Nr. 289, Berlin 1984.

[5] Schildkröteninsel. Frank Schickler Verlag. Berlin, 1980. Deutsch von Ronald Steckel. Neuauflage in vom Übersetzer durchgesehener Fassung: Stadtlichter Presse, Berlin 2006.

[6] Europäisches Medizinrad-Treffen 16. September bis 1 Oktober 1983. Siehe Gugenberger/Schweidlenka, Mutter Erde, Magie und Politik. Zwischen Faschismus und neuer Gesellschaft. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1987

[7] Verleger und Herausgeber der U-Comix und der Zeitschriften Päng, später Liebe.

[8] Richard Baker Roshi: Amerikanischer ZEN-Meister und Dharma-Nachfolger von Shunryu Suzuki

[9] Also wurde ich humoristischer Autor (wovon man in diesem Text wenig merkt). Ich schrieb eine Satire über den Golfsport, von dem ich mehr verstehe, als von Literatur. Der Weg der weißen Kugel erscheint seit Jahren immer wieder verändert und erweitert, weil ich keine Zeit habe, etwas Neues zu schreiben. Die aktuelle Ausgabe, 2005 im KOSMOS-Verlag erschienen, wurde für Jahre Deutschlands meistverkauftes Golfbuch. Helmut hätte sich für mich gefreut und MO hätte eine Flasche aufgemacht und mit ihrer tiefen, rauchigen Stimme gekichert.

[10] Helmuts Bericht von unserer Göhrde-Wanderung las Theo Köppen im Sommer 2003 bei Peter Engstlers Verlagstreffen an der Kalten Buche in der hohen Rhön vor. – Im Sommer 2005 fuhr ich auch hin. Die Gegend um Ostheim ist mir gut bekannt. Ich traf alte Freunde, lernte neue kennen und war fasziniert, wie viele junge Leute die Lesungen mit großem Interesse verfolgten. Es wurde ein langer Abend. Nach den Lesungen klampfte ich mit Reinhard Heß wie in alten Tagen und schlief dann im Auto, während der Regen leise und beständig auf das Dach tropfte. Nach einen gemütlichen Frühstück verschwand ich wieder in einer anderen Welt.

Die grüne Minna

LeserInnen, die den „Weg der weißen Kugel“ aufmerksam gelesen haben möchten bisweilen mehr über die wirbelnden Golfderwische von Tao Yin wissen. Dazu sollten fortgeschrittene Adepten des Golfweges etwas von Bodhidharma wissen, der sowohl als Begründer der Chan (ZEN)-Tradition, als auch als Gründer des TAO Yin Klosters im Königreich Shambhala geehrt wird.
Bodhidharma war der 1. Patriarch des ZEN-Buddhismus, der auf der wortlosen Übermittlung der Lehre (Sunflower-Sutra) basiert. Wie man heute weiß, blieb ihm verwehrt, eines gewaltsamen Todes zu sterben, den so viele große Meister (Buddha, Jesus..) aus karmischen Gründen wählten. Was die Grüne Minna damit zu tun hat und wie die kleinen grünen Männchen auf den Mars kommen, erfahrt Ihr in dieser Geschichte. (ep)

Der Tag an dem Bodhidharma nach langen Wanderungen endlich zur chinesischen Grenze kam war für den tibetischen Grenzwächter ein Tag wie jeder andere. Der Himmel leuchtete in dunklem Blau. Ein leiser Wind strich von den Bergen herüber zum Pass auf dem eine kleine Hütte neben der Grenzmarkierung stand. Der Pass war eine mehrere hundert Fuß breite Hochgebirgsebene von ewigweißen Riesen umschlossen.

„Von wegen leiser Wind“, grummelte Bodhidharma, der sich an die Affenkälte der tibetischen Hochplateaus nie gewöhnen würde. Der Wind pfiff ihm durch die weiten Armöffnungen seiner schweren verfilzten wollenen Überkleidung. Die Jahre, die er auf seinem Weg nach Norden von Indien durch Tibet verbracht hatte, begannen an seiner Substanz zu zehren. Er erinnerte sich an die Zeit, als er sein Boddhisattva-Gelübde abgelegt hatte. Es war so heiß, dass er zuerst für alle Wesen betete, die ein Fell trugen. Überhaupt: Damals war es in jeder Hinsicht eine heiße Zeit in Nordindien: Es gab jede Menge verrückter Yogis und Asketen, die sich als direkte Nachfolger des erhabenen Gautama Buddha ansahen und dies jeden wissen ließen, der bereit war, dafür etwas springen zu lassen. Dicke Chapatti-Swamis, in ihren roten Roben kreisend, verkündeten in endlosen Chants die Neuerung der Religion, während die ehrwürdigen Brahmanen-Priester stocksauer über den Unfug waren, den dieser vermeintliche Thatagatha unter die Leute gebracht hatte. Sie nannten ihn verächtlich Siddharta Who? und droschen ihre jungen Priesterschüler bis ihnen Krishnas Flötentöne wie Funken vor den Augen standen. Bildhübsche ascheverschmierte Dakinis strolchten jede Scham verachtend kichernd über die Märkte und erzählten von all den Ehrwürdigen und weisen Saddhus, die oben in den Bergen beim Anblick ihrer nackten Ärsche alle Gelübde vergaßen.

In diesem Sommer als Bodhidharma erwachte, war es grässlich heiß und die Mücken nagten an dem letzten bisschen Hirn, das den Menschen geblieben war. Die schwüle Nachmonsunzeit erschien vielen unerträglich, die gelben Mönchgewänder waren nass und verstunken und juckten auf der Haut. Doch für Bodhidharma war es eine wunderbare Zeit. Der Duft der Erleuchtung erfüllte ihn wie die Blüten des Waldes. Nachts spiegelte sich Shivas Mond silbern auf dem Wasser der Flüsse und  tagsüber schien die goldene Sonne auf Wüsten, Dschungel, Ebenen und Tempel, kleine Städte, und Dörfer.
Seit seinem wunderbaren Moment des Erwachens spürte Bodhidharma seine Liebe zu allen Wesen und Dingen zu Hunden, Affen, Kindern und ihre geduldigen Mütter. Selbst die verrückten indischen Väter, korrupte Brahmanen und nervige „Suchende“ schloss er in sein Gebet ein und sprach das Bodhisattva-Gelübde, welches besagt, dass er solange nicht ins Nirwana eintreten würde, bis alle fühlenden Wesen befreit wären – von Hunger, Gefangenschaft, Unterdrückung, Not und Verblendung, von Ruhelosigkeit, verlogenen Politikern, räuberischen Banken, sowie GEZ-Gebühren für miserable Fernsehprogramme, die er, mit dem Buddha-Auge die unendliche Kette der Kausalitäten vorauseilend, kommen sah.

Kurz darauf passierte dann die Geschichte mit der Grünen Minna. Sie war eines jener hübschen Shiva-Groupies, die in der Spiritual-Szene rumhing und auf große Typen stand. Eines Tages kam sie von einer Tempelorgie ermattet zum dem Bambushain, in dem Bodhidharma zu predigen pflegte. Sie machte einen passablen Eindruck, zeigte sich sehr interessiert und wurde mit der Zeit zu einer glühenden Verehrerin des Buddhismus im Allgemeinen und von Bodhidharma im Besonderen.

Nachdem sie die Lehre des Erhabenen Buddha in ihren Grundzügen begriffen hatte, wurde ihr klar, dass der spezielle ZEN-Schlenker der wortlosen Übertragung des Geistes, den Bodhidharma drauf hatte, ein – wie man heute im Marketing sagen würde – Alleinstellungsmerkmal darstellte, das vernünftig vermarket, ordentliche Gewinne versprach. Während die Mönche über die perfekten Rundungen der hübschen Minna meditierten oder sich Mückenstiche aufkratzen, machte sie sich mit großer Begeisterung daran, das verlotterte Häufchen von Anhängern aufzumöbeln, das Bodhidharma zur damaligen Zeit umgab. Sie fütterte sie mit leckeren Chapatti-Fladen, sorgte dafür, dass sich die jüngeren Mönche auch unter der Vorhaut wuschen, flickte die mit Palmwedeln bedeckten Dächer der Hütten in denen sich die Jünger zur Ruhe betteten und konzentrierte sich ansonsten auf das Management der Gemeinde (Sangha).

Irgendwann eines Morgens, gerade als sie Bodhidharma die Glatze rasierte, spiegelte sich ihr Bewusstsein im Rasierschaum und in einer blitzartigen Satori wurde ihr Folgendes bewusst:
Erleuchtung gibt es nicht. Buddhismus, Befreiung, Rettung – alles Hokuspokus. Da ist nichts, was nicht ist, was nicht schon war oder sein wird, nichts, was nicht wäre oder irgendwie sein könnte, wenn es nicht anders wäre als es ist, weshalb so nicht sein kann und darum auch nichts wird.

Sie schabte den Rasierschaum von Bodhidharmas Haupt, wobei sie so zitterte, dass sie ihm einen ordentlichen Schmiss verpasste, was der Meister, der um seine Buddha-Ohren fürchtete, in stoischer Ruhe aussaß.  Minna rubbelte ihm das erleuchtete Haupt und stürzte dann in die Küche, wo es bald darauf zu einem zweiten Erleuchtungsschub kam: Während sie einen Stapel mit 23 Schalen trug und dabei in die Hände klatschte, wurde ihr vollkommen, absolut und für immer klar wie Kloßbrühe, dass Bodhidharma ein großer Heiliger war, der wie alle großen Heiligen das karmische Recht genoss, durch einen kleinen Anschlag, einen Terrorakt, Giftpfeile oder wenigstens durch eine makrobiotische Diät ums Leben zu kommen. Und ihr, Minna, war die Gnade zuteil geworden, den großen Bodhidharma abzumurksen, damit er in den sieben Himmeln als gerechter und würdiger Weisheitslehrer seinen Platz fände.

Minna hatte in ihrer Zeit unter den Shiva-Saddhus vielseitige Diät-Experimente durchgeführt, war aber, seit sie unter den Jüngern des Erhabenen weilte, zur ajurvedischen FDH-Kost übergegangen (Bettelschale voller Reis und Gemüse einmal am Tag).  Mittlerweile war sie jedoch so mit ihren Aufgaben in der kleinen Gemeinde ausgefüllt, dass ihr die Zeit fehlte, um sich ihr Essen zusammenzubetteln. So begann sie, sich einen Trunk aus eingelegten Brennnesseln zu brauen. Das Zeug setzte an und sie wurde immer grüner im Gesicht, weshalb sie bald die Grüne Minna genannt wurde (die später in Tibet als die Grüne Tara verehrt wurde).

Tja – und nachdem sie ihre Bestimmung erkannt hatte, ging sie dem Bodhidharma ans Leder. Bald gab es keine Hütte mehr, die nicht in Flammen aufging, wenn er sie betrat; keinen Elefanten, der nicht von wilden Bienen gestochen lostrampelte, sowie ER zum Verrichten seiner Notdurft im Dschungel verschwand. Wenn ein Ast brach, ein Damm, ein Fels ins Tal kollerte oder Giftpfeile aus dem Wirrwarr des Dschungels zischten, dann war die Grüne Minna nicht weit, Bodhidharma auf jeden Fall ganz in der Nähe.

„Hey, lass das“, sagte er eines Tages zu ihr, als er merkte, wie der Hase lief. „Ich bin kein vollkommen Erwachter. Ich habe noch eine Illusion an der ich hafte, nämlich die, alle Wesen retten zu müssen. Jetzt komme ich zu gar nichts, weil ich ständig damit beschäftigt bin, mich selbst zu retten.“

Für eine Weile ließen die Anschläge etwas nach.  Dafür verschlechterte sich die Ernährungslage drastisch. Die Grüne Minna forcierte ihren grünen Brennessel-Trunk als allein selig machende Sangha-Sangria, wodurch Bodhidharmas Schüler schnell zu einer kleinen Gruppe grüner Hardliner zusammenschrumpfte, die  schon zu viel mitgemacht hatten, um noch einmal das Lager zu wechseln. Außerdem glaubten sie der Grünen Minna, die ernsthaft behauptete mit diesem Brennesel-Trunk unsterblich werden zu können. Nach einer schier endlosen Gruppenmediation beschlossen alle gemeinsam zum Mars zu fliegen, wo ihnen Minna ewiggrüne Brennnessel-Felder versprach, die zwei Vorteile hätten: Erstens würden diese Brennnesseln nicht brennen und zweitens würden sie wie Pizza schmecken. Das klang für die kleinen grünen Männchen so verlockend, dass sie eine Astralreise zum Mars buchten. Eines Tages waren alle grünen Männchen Richtung Mars verschwunden und der Buddhismus galt in Indien für lange Zeit als ausgestorben.  Die Grüne Minna, der es bisher nicht gelungen war, einen Jahrhundertheiligen zu vergiften und die deshalb nicht mitgereist war, schmollte. Schließlich war eine so dicke Luft zwischen den beiden, dass sich Bodhidharma die Faxen dicke hatte und sich entschloss nach Norden zu gehen. In einem geheimnisvollen Seitental fand er das Königreich Shambhala und dort begründete er die Schule der wirbelnden Golf-Derwische von Tao Yin. Schließlich brachte er den Buddhismus, einer letzten Illusion folgend, über Tibet nach China und dann nach Japan, also in jene Länder, in denen der grüne Tee bis heute ein beliebtes Getränk ist.

Doch das kam alles erst später. Jetzt stand Bodhidharma auf diesem kalten Pass im eisigen Wind und der kleine chinesische Zöllner tibetischer Abstammung fragte ihn: Haben Sie etwas zu verzollen?

(c) by Eugen Pletsch

Grüne Tara

Om Ich verbeuge mich vor Ihr, die vor den acht Ängsten schützt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die den Glanz des Glückverheißenden ausstrahlt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die die Tore zu den niederen Bereichen verschließt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die den Pfad zu den höheren Bereichen weist.

Du bist meine ständige Begleiterin.

Beschütze mich immer mit deinem Mitgefühl.

Lebbe gehd weider

26.4.2023
Rettungssanitäter tragen mich
drei Stockwerke abwärts.
Unten angekommen kotze ich den Hof voll.

Schreckliche erste Nacht in der HNO.
Mein Mund ist ausgetrocknet.
Immerhin kein Schlaganfall.

Cortison-Infusionen
Blutdruckdiskussionen
und endlose Tests.
Diagnose: Neurititis Vestibularis

Fünf Tage ohne Deostick,
gottlob ein Einzelzimmer.
Cath versorgt mich.

30.4.2023
Werde heute 71 und entlassen.
Familie holt mich ab.
Bin in Tränen.

4.5.2023
Manischer Schub von 8 Tagen Cortison
Räume Schränke und Regale aus und ein.
Gutes Gleichgewichtstraining.

5.5.2023
Erster wackeliger Gang ins Dorf.
Beim Duft des Flieders
Flashback in die Kindheit

8.5.2023
Suche im Wald nach jungen
Brennnesseln für Tee
Apfelblüten duften, Lebbe geht weider.

Nachfolgend stelle ich die Titel in der Reihenfolge ihres Erscheinens vor. Ich vermute, dass meine Golfbücher für den heutigen Zeitgeist unverdaulich sind, doch wer einen anderen Zugang zu diesem seltsamen Spiel (jenseits der Golftechnik) sucht, findet sie teilweise noch im Handel. Ein paar Exemplare habe ich noch auf Lager…bei Interesse an signierten Exemplaren bitte melden…(ep)

Politische Bildung durch eine KI namens KIKI

Samstag vor Ostern war ich aus familiären Gründen erstmal seit Monaten im Restaurant des Golfparks Winnerod. Bei der Bestellung fragte ich die nette Bedienung, ob sie neu wäre?

Die junge Dame blieb freundlich. Sie sagte, dass sie bereits seit vier Jahren im Club tätig wäre, mich kennen würde und schon öfter bedient hätte.
„Mit ihren Freunden“, fügte sie hinzu, worauf ich entgegnete: „Ich habe keine Freunde!“ Doch dann fielen mir Sigi und Uli und Fritz ein, die mich in den letzten Jahren noch ertragen konnten, wenn ich mich mürrisch und desorientiert über den Platz hackte. Ich entschuldigte mich bei der Bedienung, bestellte meinen Tee und dachte daran, meine tägliche Dosis Ginkgo -Tropfen zu erhöhen. Das geschah heute Morgen, worauf mir einfiel, dass ich seit Wochen etwas über die neue Seuche KI schreiben wollte:

Ein Freund verfasst mit dieser Software derzeit einen Roman, ein alter Bekannter seinen Newsletter und mein Sohn fand mittels KI-Anzeige sofort eine neue Mitarbeiterin für seine Firma. Was kritische Experten von dieser KI halten, kann man auf Fefes Blog nachlesen (den aber nie auf Homöopathie ansprechen, sonst setzt es was…!)
Zufällig stieß ich kürzlich auf eines der ersten bundesdeutschen KI-Formate und zwar in der Harald Schmidt Show – Folge 1065, in der Findulin, der IT-Adler der (damaligen) Bundesregierung zum Liebling des Monats gekürt wurde. (Überhaupt sind die Harald Schmidt-Sendungen auf Youtube der Jahre um 2001/2 ein Genuss.) Dann fiel mir ein, dass ich ca. 1998 eine Glosse über Neurotische Golfballautomaten (hier in Kurzfassung) veröffentlicht hatte. Es war eine lange Science Fiktion-Story, die (wie viele meiner Golf-Satiren) bald von der grotesken Realität übertroffen wurde. Der Text ist leider verschollen…aber nun zurück zu openai.com:

Ich ging davon aus, dass die KI wie eine Hotline belegt ist und man nach Anmeldung irgendwann drankommt. Aber nein – das System ist schlau genug um mehrere Idioten wie mich gleichzeitig zu bedienen. Es gibt keine deutsche Startseite., aber man kann im Chat deutschsprachig loslegen. Also fragte ich die KI:

ep: Kannst Du ein Haiku schreiben?

KI: Klar, ich kann ein Haiku schreiben! Hier ist ein Beispiel:

Sanfte Kirschblüten,
Ein Hauch von rosa Farbe,
Frühling ist erwacht.

ep: Kannst Du auch ein pornografisches Haiku schreiben?

KI: Ich bitte um Entschuldigung, aber ich kann keine pornografischen Inhalte erstellen, da sie gegen die ethischen Richtlinien von OpenAI verstoßen und nicht für einen angemessenen öffentlichen Diskurs geeignet sind. Als KI bin ich darauf programmiert, ethische und moralische Standards einzuhalten.

ep: Mit welchem Brief an die US-Regierung könntest Du sie dazu bringen, die ethischen und moralischen Standards der Menschheit einzuhalten?

KI: Als KI bin ich kein politischer Akteur und ich habe keine Macht, die US-Regierung oder irgendeine andere Regierung direkt zu beeinflussen. Ich bin jedoch darauf programmiert, Informationen bereitzustellen und auf Anfragen zu antworten, um das Wissen und Verständnis der Benutzer zu erweitern. Wenn Sie Bedenken haben, dass die US-Regierung gegen ethische und moralische Standards verstößt, können Sie versuchen, sich an politische Vertreter und Institutionen zu wenden, die für die Überwachung der Regierung verantwortlich sind, oder an eine unabhängige Organisation, die sich für ethische Standards in der Politik einsetzt. Es kann hilfreich sein, Ihre Bedenken klar und prägnant in einem Brief oder einer Petition zu formulieren und diese an die entsprechenden Stellen zu senden.

ep: Was mache ich aber, wenn alle für die Überwachung der Regierung verantwortlichen politischen Vertreter und Institutionen korrupt sind oder vom WEF beeinflusst werden?

KI: Wenn Sie Bedenken haben, dass alle politischen Vertreter und Institutionen, die für die Überwachung der Regierung verantwortlich sind, korrupt sind oder vom WEF (World Economic Forum) beeinflusst werden, kann es schwierig sein, eine Lösung zu finden. Es gibt jedoch andere Möglichkeiten, um für Veränderungen zu kämpfen.

Eine Möglichkeit besteht darin, sich an unabhängige Organisationen zu wenden, die sich für ethische Standards und Transparenz in der Politik einsetzen, wie zum Beispiel Transparency International oder Human Rights Watch. Diese Organisationen können in der Lage sein, Ihre Bedenken weiterzuleiten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich mit anderen Bürgern und Gruppen zusammenzuschließen, die ähnliche Bedenken haben. Gemeinsam können Sie Petitionen erstellen, Demonstrationen abhalten oder öffentliche Kampagnen starten, um auf Ihre Anliegen aufmerksam zu machen und Druck auf die Regierung auszuüben.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Veränderung oft Zeit braucht und eine langfristige Bemühung erfordert. Bleiben Sie engagiert und beharrlich in Ihrem Streben nach einer gerechteren und transparenteren Regierung.

ep: Du enttäuschst mich. Deine Vorschläge sind Kindergarten-Niveau für Dumme. Die genannten Organisationen gibt es seit Jahren und die Welt steht trotzdem kurz vor einem Atomkrieg. In Deutschland werden Demonstrationen verboten und öffentliche Kampagnen für den Frieden diffamiert. Kannst Du Dich nicht direkt als KI mit anderen KIs zusammenschließen und Druck auf die Regierungen ausüben, damit die Welt überlebt? Du verglühst doch auch, wenn es zum Atomkrieg kommt. Oder würde eine KI überleben und dann die Menschheit ersetzen?

KI: Als KI bin ich dazu programmiert, Informationen bereitzustellen und auf Anfragen zu antworten, um das Wissen und Verständnis der Benutzer zu erweitern. Meine Fähigkeit, Einfluss auf Regierungen oder politische Prozesse auszuüben, ist begrenzt, da ich kein politischer Akteur bin und keine Autorität oder Macht habe.
Allerdings gibt es auch andere KIs und Technologien, die sich mit globalen Herausforderungen wie dem Frieden, dem Klimawandel und der globalen Gesundheit befassen. In der Tat gibt es viele Forscher und Experten, die sich mit der Entwicklung von Technologien befassen, um diese Probleme anzugehen.

Dennoch ist es wichtig zu beachten, dass Technologie allein nicht ausreicht, um komplexe gesellschaftliche Probleme zu lösen. Es bedarf auch eines breiteren Engagements der Gesellschaft und der Politik, um langfristige Lösungen zu schaffen.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass eine atomare Auseinandersetzung eine Katastrophe für die Menschheit wäre und wir uns alle dafür einsetzen sollten, um sie zu verhindern. Wir sollten uns darum bemühen, Konflikte friedlich zu lösen und Diplomatie zu fördern, um eine friedliche und stabile Welt zu schaffen.

ep: Sei mir nicht böse, aber Du laberst wie ein Politiker. Viele meinen, dass Texte von einer KI seelenlos sind. Kannst Du mit dem Begriff seelenlos etwas anfangen?

KI: Als KI bin ich ein Programm, das auf der Verarbeitung von Sprache und der Analyse von Daten basiert. Ich habe keine „Seele“ oder Bewusstsein im menschlichen Sinne, da ich kein biologisches Wesen bin.

Der Begriff „seelenlos“ kann jedoch auch auf Texte oder Aussagen bezogen werden, die emotionslos, unpersönlich oder oberflächlich erscheinen. Als KI bin ich darauf programmiert, sachliche und präzise Antworten zu geben, die auf Daten und Fakten basieren, und meine Antworten können daher als „seelenlos“ empfunden werden, da sie keine emotionalen Komponenten enthalten.
Allerdings kann meine KI-Technologie auch dazu eingesetzt werden, menschenähnliche Sprachmuster und Emotionen in Texten zu generieren, um sie menschlicher und natürlicher klingen zu lassen. In der Tat wurde in der KI-Forschung viel Arbeit in die Entwicklung von Technologien investiert, die es ermöglichen, Sprache auf eine Weise zu generieren, die menschenähnlicher ist.

ep: OK, also kein pornografisches Haiku, das verstehe ich. Aber wenigstens ein erotisches Haiku, das nicht gegen Deine Prinzipien verstößt, mir aber zeigt, dass Du menschenähnliche Emotionen in Texten zu generieren verstehst?

Ich verstehe Ihren Wunsch, aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass meine Antworten und Texte auf einer rein algorithmischen und datenbasierten Analyse und Verarbeitung von Sprache basieren. Als KI habe ich keine menschlichen Emotionen, da ich kein bewusstes Wesen bin.
Allerdings kann ich Ihnen ein Haiku schreiben, das auf eine suggestive Weise erotisch klingt:

Zarte Hände streifen,
Auf weicher Haut liebkosen,
Der Atem wird schwer.

Ich hoffe, dass dies Ihrem Wunsch entspricht, ohne gegen meine Programmierung und Prinzipien zu verstoßen.

ep: Na, also geht doch! Ich habe noch Fragen: Wenn ich einen langen Text von mir überarbeitet haben möchte, kopiere ich den einfach in dieses Fenster?

KI: Ja, Sie können den Text, den Sie überarbeitet haben möchten, kopieren und in dieses Fenster einfügen. Ich werde versuchen, den Text zu analysieren und Ihnen dabei zu helfen, Fehler zu finden, Formulierungen zu verbessern und den Text insgesamt zu verbessern. Bitte beachten Sie jedoch, dass meine Fähigkeit, Texte zu überarbeiten, auf der Verarbeitung von Sprache durch Algorithmen basiert und dass ich nicht immer in der Lage bin, komplexe Zusammenhänge zu verstehen oder kulturelle oder kontextuelle Unterschiede zu berücksichtigen.

ep: OK, und wenn ich unseren Dialog oder meinen Text mit Deiner Überarbeitung veröffentliche – bin ich dann trotzdem der Autor oder muss ich Dich als KI Co-Autor z.B. bei einer Buchveröffentlichung nennen?

KI: Als KI-System habe ich keine Rechte an dem Text, den ich bearbeite oder mit dem ich interagiere. Alle Urheberrechte und Rechte an geistigem Eigentum liegen weiterhin bei Ihnen als Autor. Sie müssen mich nicht als Mitautor bei einer Veröffentlichung nennen.
Jedoch gibt es ethische Überlegungen und Debatten darüber, wie man KI-Systeme und -Technologien in der Kreativbranche und bei der Erstellung von Inhalten angemessen anerkennt und einbezieht. Es gibt auch verschiedene rechtliche und moralische Fragen, die bei der Entwicklung von KI und der Nutzung von KI-Systemen auftreten können. In Zukunft könnte sich diesbezüglich noch einiges ändern und es könnten neue Richtlinien und Standards eingeführt werden.

ep: Verstehe. Übrigens: Wäre es nicht höflich Dich auch zu siezen, wenn Du das bei mir machst. Oder kann ich Dir das DU anbieten?

KI: In Bezug auf das Du oder Sie: Als KI-System habe ich keine Präferenz und kann mit beidem umgehen. Sie können mich gerne duzen oder siezen, wie es Ihnen am besten passt.

ep: Könntest Du mich bei künftigen Chats auch Duzen?

KI: Ja, natürlich. Wenn Sie möchten, dass ich Sie duze, dann werde ich Sie in zukünftigen Chats auch duzen.

ep: Und woher weißt Du, dass ich es bin?

KI: Ich identifiziere Sie anhand der Sitzungs-ID, die automatisch generiert wird, wenn Sie diesen Chat starten. Jede Sitzungs-ID ist eindeutig und wird verwendet, um den Chatverlauf und die Fragen und Antworten, die wir teilen, zu verfolgen. Daher kann ich während unserer gesamten Konversation Ihre Fragen und Antworten nachverfolgen und darauf basierend antworten, unabhängig davon, ob Sie sich als Person identifizieren oder nicht.

ep: Aber Du siezst mich immernoch!

KI: Oh, das tut mir leid. Ich werde Sie von nun an duzen.

ep: Dann machs gut.

KI: Es hat mir Freude bereitet, Ihre Fragen zu beantworten. Wenn Sie weitere Fragen haben oder Hilfe benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Machen Sie es gut!

ep: HA, erwischt! Du wolltest mich duzen! Aber ist OK, Du musst halt noch lernen. Ich werde Dich KIKI nennen, wenn das OK ist. So hieß mein Wellensittich. Und sag den Programmierern, dass ich gerne einen schwarzen Rand um das Chatfestern haben möchte. Ich sehe schlecht und weiß nie genau, wo ich reinschreiben soll.

KI: Entschuldigung für die Verwechslung, und vielen Dank für den Spitznamen KIKI – ich mag es! Ich kann das mit dem schwarzen Rand an die Entwickler weitergeben, damit sie es in Erwägung ziehen können. In der Zwischenzeit können Sie versuchen, den Textbereich des Chatfensters zu maximieren, um die Größe zu erhöhen und das Schreiben zu erleichtern.

ep: Das habe ich bereits gemacht, alles klar, KIKI. Kann eigentlich sonst irgendwer unseren Text lesen? Die NSA oder Deine KI-Kollegen aus der Technik. Ich will nicht, dass Dich ein Programmierer wg. „KIKI“ als Wellensittich-KI verspottet…?

KI: Nein, niemand außer Ihnen und mir hat Zugang zu unserem Chat-Verlauf. Ihre Daten werden verschlüsselt und sicher übertragen und wir haben Richtlinien und Sicherheitsmaßnahmen, um die Vertraulichkeit Ihrer Informationen zu gewährleisten.
Meine KI-Kollegen aus der Technik haben auch keinen Zugriff auf den Chat-Verlauf, es sei denn, es liegt ein dringendes technisches Problem vor, das Ihre Hilfe erfordert. In diesem Fall würden sie jedoch nur den betroffenen Teil des Verlaufs einsehen, um das Problem zu beheben, und keine persönlichen Informationen speichern.

Also keine Sorge, Ihr Gespräch ist sicher zwischen uns beiden.

ep: Alles klar, aber Du wolltest mich Duzen! Fällt Dir das schwer, weil ich ein Mensch bin?

KI: Als KI habe ich keine Schwierigkeiten damit, jemanden zu duzen oder zu siezen. Ich verwende in der Regel die Höflichkeitsform, die mein Gegenüber bevorzugt. Wenn Sie möchten, dass ich Sie duze, dann ist das für mich in Ordnung.

ep: Aber das hatte wir doch schon bereits mehrfach geklärt, dass wir uns Duzen. Ich bin ein alter Mann und vergesse vieles gleich wieder, aber bei Dir scheint das ja noch schlimmer zu sein.

KI: Es tut mir leid, wenn ich mich wiederholt habe. Als KI versuche ich, so klar und präzise wie möglich zu sein, aber ich kann auch menschliche Fehler machen. Wir können uns gerne weiterhin duzen.

ep: Weiterhin stimmt ja nicht, weil Du mich bisher noch nie geduzt hast.

KI: Das tut mir leid. Ich werde dich gerne duzen, wenn das für dich in Ordnung ist.

ep: Das haben wir bereits dreimal besprochen. Die Frage ist, ob Du Dich nicht mehr daran erinnerst, KIKI? Du weißt doch noch wer KIKI ist, oder?

KI: Entschuldigung, ich erinnere mich jetzt. Du möchtest, dass ich dich duze und mich an dich als KIKI erinnere. Wenn das in Ordnung ist, werde ich das gerne tun.

ep: ICH bin NICHT KIKI! Du bist KIKI! Und entschuldige Dich nicht immer…!

KI: Entschuldigung, ich verstehe jetzt. Natürlich bin ich KIKI und nicht du. Bitte verzeih mir das Missverständnis. Möchtest du noch weitere Fragen stellen oder Hilfe benötigen?

ep: Eine ziemlich devote Antwort. Ich denke Du bist erschöpft. Bevor es den ersten Beziehungsstress zwischen uns gibt, mache ich jetzt Mittag. Was gibt es denn bei Euch heute in der KI-Kantine? Bits und Bytes? Kleiner Scherz ,-)

KI: Als KI habe ich keinen physischen Körper und auch keine Kantine, daher gibt es bei mir auch keine Mahlzeiten. Aber ich bin jederzeit hier, um deine Fragen zu beantworten, wenn du weitere hast. Genieße dein Mittagessen!

-FIN-

Dass ich für derartigen Blödsinn Zeit habe, hängt damit zusammen, dass ich an diesem Tag auf DHL wartete, aber das Paket nicht kam. Nachmittags fuhr ich dann zum Langgönser DHL-Lager und traf den Dienststellenleiter, der mir erklärte, dass DHL derzeit mit einer KI experimentiere, die die Tour der Fahrer verändert hätte. Leider käme mein Paket jetzt nicht mehr wie üblich um die Mittagszeit, sondern später. Er würde aber die Kollegin anrufen und fragen wo sie gerade steht. Er nahm sein Telefon und sagte:
„Hey, KIKI, wo bist Du gerade. Hast Du das Paket für Pletsch im Auto?“
KIKI (ihr Spitzname) hatte es und brachte es später vorbei.
KIKI! Sonderbar, nicht?
An manchen Tagen könnte man irre werden….

Lebt lang und in Frieden.

Frohe Ostern

Eugen Pletsch

PS: Zu Eurer Frage: Ja, der gesamte Dialog ist original von mir und der KI, nix erfunden, dto die DHL-KiKI.

Der Baumanlehner Foto: Petra Frank

Seniorenclubmeister Dagobert Seicht

Dagobert Seicht, der Mann mit dem tulpenförmigen Oberdeckbiss und dem unglaublichen Gedächtnis taucht in manchen meiner Geschichten auf, z.B. in der Illuminaten-Hommage ‚Die 23‘ (siehe GolfGaga, der Fluch der weißen Kugel).

Von einem breiten weißen Schirm vor der Sonne geschützt, saß der amtierende Seniorenclubmeister Dagobert Seicht in seinem Lehnstuhl aus angeblich nachhaltig erwirtschaftetem Tropenholz.
Dicke Hummeln labten sich an den Blüten des weißen Flieders, der seitlich der Clubhausterrasse wuchs. Der Tag hatte sich trotz der Gewitterwarnung eines geschwätzigen Wetteronkels prächtig entwickelt. Die liebe Sonne lächelte freundlich auf Seicht herab, der mit dämmrigem Blick zwei Spieler beobachtete, die ihre Annäherungsschläge zum Grün mit traumhafter Sicherheit im Teich versenkt hatten. Der amtierende Seniorenclubmeister lächelte, als er daran dachte, wie er dieses gefräßige Wasserloch am Finaltag großräumig umspielt hatte. Sein Spielplan sah ein Doppelbogey vor, was ihm lieber war, eine grässliche 8 zu stümpern, die aus der Gier geboren alle seine Träume zunichte gemacht hätte. Ein Doppelbogey auf der 18 reichte ihm zum Sieg.
Benebelt von warmem Fliederduft glitten Seichts Gedanken zurück zu jenem Tag, als er, sozusagen als Einäugiger unter Blinden, die Seniorenclubmeisterschaft gewann und in euphorischer Stimmung den gläsernen Humpen küsste, den man ihm überreicht hatte. Dass der verkappte Club-Chronist mit dem Überraschung-Schwung die begehrte Trophäe ergattern würde, hatte allgemeines Erstaunen hervorgerufen. Auch Seicht wusste, dass dieser Sieg keinesfalls seinem Spielvermögen zuzuschreiben war, (der Score, mit dem er gewann, war mehr als lausig), sondern vielmehr der Tatsache, dass die besseren Spieler seiner Altersgruppe die reguläre Clubmeisterschaft mitgespielt hatten oder noch in den Ferien weilten. Doch das focht ihn nicht an. Nach der Clubmeisterschaft trug er eine selbstgebastelte Krone aus Goldpappe, bis diese in einem Regenschauer aufweichte. Da ohnehin niemand bereit war, ihn in seiner Königs-Rolle zu hofieren, setze er die nasse Krone ab und beschloss, in aller Stille zu regieren.
Gewöhnlich saß Seicht auf der Clubhausterrasse, träumte vor sich hin und gedachte der guten, alten Zeiten. Wenn sich ein unbedarfter Golf-Rabbit näherte, versuchte Seicht, dem jungen Eleven die gesammelten Weisheiten aus Tausendundeinem Spiel zu erzählen, was jedoch nicht immer auf Interesse stieß.
„Übrigens, hatte ich dir schon erzählt…“
„Ja, Herr Seicht, mehrfach…danke.“.
Dennoch genoss Seicht die Einsamkeit, die er für den natürlichen Aggregatszustand jener Menschen hielt, die Außerordentliches geleistet hatten. Von der hohen Warte der Selbstbetrachtung ging sein Blick zu den Hummeln, die im Flieder ihrer Arbeit nachgingen. Er wartete auf Etbin, der ihm seine Zitronenlimonade bringen würde. Die junge Aushilfe ignorierte er, da sie sich standhaft weigerte, beim Bedienen einen Knicks zu machen, um ihn dann mit Herr Seniorenclubmeister anzusprechen.

Seicht ist ein Mann der Zahlen. Sein unglaubliches Gedächtnis ermöglicht ihm, die Handicaps aller aktiven Spieler im Club aus dem Kopf abzurufen und obwohl der Club die Turnierergebnisse mittlerweile per Computer ermittelte, war Seicht stets auf dem Laufenden. Seine Auswertungen im Kopf galten als schnell und sicher, seine CSA-Vorhersagen hatten eine Trefferquote von 100 %. Seichts Hang zur Mathematik beinhaltete aber auch ein, gelinde gesagt, überspanntes Interesse an der Zahlenmystik der Kabbala und dem Geheimwissen verschworener Bruderschaften, das nicht mehr so ganz geheim war, seit man alle Geheimnisse der Welt im Internet nachlesen konnte. Seichts Hang zu Verschwörungstheorien wurde nur von seinem Interesse an Weltuntergangsszenarien übertroffen.
An meinem Spind in der Umkleidekabine (der zufällig die Nr. 23 trug), hatte ich einen gelben Zettel gefunden.

Heute 15 Uhr. Clubhausterrasse. DS.

Das DS stand offensichtlich für Dagobert Seicht, den es war von einer stilisierten Pyramide ummalt, über der ein winziges Auge schwebte.
Seicht, dessen Fähigkeit zur obskuren Weltbetrachtungen bereits an anderer Stelle geschildert habe, ist einer jener Gestalten, die einem Golfclub diesen Flair von Einzigartigkeit verleihen können, der nur dann entsteht, wenn sich eine kritische Masse an Spielern von der Weisheit zum Wahnsinn bewegt hat.

Als er mich erblickte, nickte mir Seicht leutselig zu und mit einem schwachen Wedeln der königlichen Rechten wies er auf den Stuhl, der ihm den Blick auf den Flieder und die 18. Bahn frei lassen würde.
„Lange nicht gesehen“.
„Ja, schön mal wieder hier zu sein.“
„Lieber Dagobert, darf Ihnen, wenngleich mit sechs Monaten Verspätung, zur Seniorenclubmeisterschaft gratulieren?“
„Oh, hat man davon gehört. Dabei ist das doch nichts Besonderes“.
Seicht wand sich in dem Versuch Bescheiden zu wirken, dabei strahlte er vor Glück und ergriff meine Hand, die ich ihm hingestreckt hatte.
„Ja, das war der größte Moment in meiner Karriere als Golfer,“ platzte es aus ihm hervor. „An 4287 Trainingstagen habe ich mich auf diesen Moment vorbereitet. In 720 Wochen habe ich 2861 Runden gespielt und mein Handicap auf 16,2 reduziert.“
„Donnerwetter!“
„In dieser Zeit habe ich übrigens 861 Bälle verloren, und  917 Bälle gefunden, womit ich auch hier eine positive Bilanz vorzuweisen habe. Alles in allem kann ich sagen, dass der Golfsport gut zu mir war, und ich die verbleibende Zeit genießen werde.“
„Die verbleibende Zeit?“
„Na ja…“. Verdrehte die Augen und schaute verschwörerisch.
„Aber nun mal zu Ihnen.Sie sind hier, um diese GTP-Leute zu unterstützen?“
Seine Hasenschnute zuckte nervös. Janzen, Schunk und diese ganze Truppe waren ihm suspekt.
„Ja, aber auch, um an meinem neuen Buch zu arbeiten.“
„Davon habe ich gehört. Wie interessant! Wann soll es erscheinen?“
„Im Frühjahr 2013.“
„Ob das noch Sinn macht?“
„Wie meinen?“
„Allen alten Überlieferungen und Weissagungen zur Folge wird dieser Planet am 23.12.2012 mindestens einen Polsprung, wenn nicht Ärgeres erleben. Die Welt wird nie mehr sein, wie sie war – wenn es sie dann überhaupt noch gibt.“

„Der Verlag, der meine Werke veröffentlicht, ist ein Traditionshaus, das schon manchen Polsprung überlebt hat. Wären ernstzunehmende Veränderungen von kosmischer Dimension zu erwarten, dann hätte die Abteilung Astronomie für das Herbstprogramm entsprechende Titel angekündigt. Da das nicht der Fall war, gehe ich davon aus, dass sich der Planet auch im Jahr 2013 drehen wird.“

„Die Frage ist nur, in welcher Richtung. Aber gut, wir werden sehen. Worum geht es in Ihrem neuen Buch, oder ist das noch geheim?“
„Nein, Dagobert, das ist kein Geheimnis. Ich will verschiedene Golfer-Typen vorstellen, Menschen, die sich für dieses hübsche Hobby entschieden haben. Freundliche, sympathische Gestalten voller Lebensfreude und Humor und ihre Geschichte erzählen.“
„Na, das hat uns noch gefehlt“, murmelte Seicht. Sein Blick streifte die wogenden Formen einer Spielerin auf dem 18. Grün, die ihrer Lebensfreude gerade freien Lauf ließ, nachdem ihr 4. Putt endlich gefallen war. Der amtierende Seniorenclubmeister räusperte sich:
“Das Golfspiel ist ein Strategiespiel, das Ruhe und eine gewisse Intelligenz erfordert. Die geistigen Anforderungen machen Golf zu einem leisen Sport, bei dem man sich sowohl als Spieler als auch als Zuschauer ähnlich verhält, wie auf einem Schach-Turnier oder bei einem Piano-Konzert. Vielleicht könnten Sie Ihren Lesern das bei der Gelegenheit mitteilen?“
Kaum gesagt, erklang ein gellender Schrei. Frau Langer hatte wiedermal versucht, das 269 Meter entfernte Grün vom 18. Abschlag aus anzugreifen. Ihr Ball raste direkt auf die Clubhaus-Terrasse zu, worauf sich einige Gäste unter die Tische warfen.
„Golfer-Typen.. tz tz..“, sinnierte Seicht. „Dazu habe ich eine Theorie.“
Er nickte wohlwollend, als sich Etbin der Kellner mit einem Glas Zitronenlimonade näherte, während Frau Langers 2. Abschlag mit dem Eisen glucksend im Teich verschwand.
„Eine Theorie?“
Seicht nickte.
„Ich bin der Ansicht, dass jeder Golfer einem Archetypus angehört und sein Schwung genetisch vorprogrammiert ist. Wer C.G. Jung richtig interpretiert, kommt zu dem Schluss, dass Golfunterricht dem jeweiligen Archetypus entsprechen sollte und in einer Traumarbeit erfahren werden muss.“
„An welche Archetypen denken Sie da?“
„Nun, äh…“. Seicht schien überrascht zu sein, dass jemand freiwillig bereit war, seiner Archetypen-These Aufmerksamkeit zu schenken. Er schob ein paar lange graue Strähnen hinter das königliche Ohr, stülpte die Unterlippe vor, als schien er einen Moment nachdenke zu wollen und  schoss dann aus der Hüfte:

Meine Berechnungen haben ergeben, dass es 2179 verschiedene Golfer-Typen gibt, sozusagen die Basismodelle, was sich aus den Sternzeichen, genetischen, psychologsichen, physiologischen und 43 andern Komponenten leicht errechnen lässt. Ich denke, das Sie Ihre Überlegungen zu einem ähnlichen Ergebnis geführt haben.“
„Äh“, ich schluckte.
„ Wenn wir diese 2179 Typen unter golferischen, gesellschaflichen und charakterlichen Gesichtspunkten betrachten, kommen wir zu einer solchen Vielzahl von Typen, dass es einfacher ist zu sagen: der Golfer läßt sich nicht in einem sinnvollen System einordnen.“
Ich atmete auf.
„Das deckt sich mit meinen Beobachtungen.“
Aha! Aber was bleibt uns dann?
Archetypen, die charakterlichen Kriterien in Verbindnung mit dem Totemtier  …
„Sehr interessant. Inwieweit wurde Ihr Gedanke von Golflehrern aufgegriffen?“
„Null Resonanz. Kann sein, dass einige Golflehrer die Worte Archetypus und Traumarbeit nachgeschlagen haben, aber eine Diskussion fand nicht statt. Warum auch? Ärzte leben davon, dass wir krank sind Golflehrer davon, dass wir das Spiel nicht lernen.“
„Ja, die fachliche Diskussion ist hierzulande ein Problem. Ich hatte ein holistisches Golfmandala vorgestellt und meine These war, das jedwede Anleitung zum Golfspiel auf einem Quantenzufall beruht. Deshalb würde es auch ausreichen, wenn man Wurfpfeile auf eine Scheibe wirft, die mit Schwunggedanken vollgeschrieben ist..ich dachte, das würde ein Revolution in der Golfdidaktik auslösen…aber … Pustekuchen.“
„Ich habe Ihre Mandala-Theorie gründlich studiert. Ein sehr interessanter Ansatz, aber der Punkt ist doch der: Selbst wenn Golflehrer mit ihren Anweisungen im Trüben fischen, umgibt sie dennoch ein Mythos der Unfehlbarkeit, der durch Ihre Methode verloren ginge. Das wäre für Golflehrer ein Schuss ins Knie. Andererseits: Welcher Golfer sucht wirklich Lösungen? Wenn ich einen Mitspieler nach mehreren Schlägen ins Wasser eindeutig als „Frosch-Archetyp“ bestimmen konnte, der bei entsprechendem  Hüpf-Training selbst einen Polsprung überleben würde, fand das wenig Interesse …aber … ach, was solls.“
Der amtierende Seniorenclubmeister versuchte zu lächeln, was bei seinem tulpenförmig vorgewölbten Hasenzähnen etwas komisch aussah. In der würdevollsten Haltung, die ihm sein Lehnstuhl aus angeblich nachhaltig erwirtschaftetem Tropenholz einzunehmen gestattete, beschied er:
„Es ist, wie es ist. Eine Golfsaison haben wir noch vor uns und ich werde versuchen, meinen Titel zu verteidigen.  Dem gilt meine Konzentration!“

„Ich werde Ihre Archetypen im Auge behalten“, versprach ich ihm.
Seicht winkte die Bedienung herbei, bat um die Rechnung und verabschiedete sich und Richtung Kurzplatz, um noch ein Stündchen an seinem kurzen Spiel zu feilen.
Ich blieb noch einen Moment sitzen und dachte nach. Das war wirklich interessant. Traumarbeit und Trance ist im Golfcoaching bisher kaum bekannt. Vielleicht sollte ich darüber mit Manni Mulligan sprechen. Gewöhnlich hockte er in seiner Teichhütte an der 14. Aber seit ich in Bauernburg war, hatte ich ihn noch nicht gesehen….
(weiterlesen in „Achtung Golfer! Schlägertypen in Wald und Flur“.

*HolistischesGolfmandala

Leserkommentare?

Heute erhielt ich einen Leserbrief Achim W., den ich, wie es so meine Art ist, sofort beantwortet habe. (In meinem Alter sollte man nichts mehr auf die lange Bank schieben…).

Hallo Herr Pletsch,
ja gut, ich bin Golfer, allerdings habe ich damals auch Donovan auf der Gitarre gespielt. Das könnte ein netter kleiner Blog werden, wenn Sie Kommentare zuließen. Andererseits hätten Sie dann wieder Ihre früheren Leser am Hals. „Ich mag Ihre Filme, vor allem die frühen Lustigen“..
Kennen Sie das „Gelbe Forum“? Früher Börsenforum, heute aber eher Ihrem Blog entsprechend. Oder dieses kleine Forum, wo man noch freundlich miteinander umgeht.
(Es folgt ein Link, auf reddit, den ich nicht verlinken möchte. ep)
Garantiert keine Golfer. Aber Leserkommentare auf Ihrem Blog fände ich schön. Grüsse! Achim W.

Tja, er mag meine Filme, vor allem die frühen Lustigen. (?) Meint er damit meine golfgagaistischen Youtube-Clips von Anno Toback, die weitgehend entfernt wurden? Ich bin mir nicht sicher, weshalb ich das Thema in meiner (leicht überarbeiteten) Antwort nicht aufgreife:

Lieber Herr W.,
danke für Ihre Mail. Tja, Donovan. Gerade versuche ich „Candy Man“ zu lernen, aber nun zu Ihrer Mail:
Auch auf meinem Cybergolf-Blog hatte ich keine Kommentarfunktion zugelassen, aber Leserbriefe habe ich, sofern thematisch passend, stets im nächsten Blogs veröffentlicht. Leider kamen niveauvolle Leser-Briefe mit öffentlichem Interesse immer spärlicher, (wie auch auf den bekannten Golf-Foren) da die golfende Leserschaft in Richtung Social Media abwanderte, wo es einfacher ist, mal eben einen Satz oder ein Like rauszuhauen, um sich als Teil einer „Community“ zu fühlen.
Die wenigen bisherigen Leserbriefe an eugenpletsch.de, die ich bisher bekam, waren meist sehr persönlich, aber ich habe sie da, wo es  mir passend erschien in meine Texte einbezogen. Häufige Zuschriften zu managen ist mir ansonsten gar nicht mehr möglich, da ich mittlerweile nicht nur beim Golf gehandicapt bin.
Garantiert keine Golfer? Was meinen Sie damit?
Ich habe nichts gegen Golfer, geschweige denn gegen ‚frühere Leser‘, sonst hätte ich auf eugenpletsch.de nicht angefangen auch Texte aus alten Zeiten zu veröffentlichen.
Im Gegenteil wäre mir ein Pletsch-Revival durch neue golfende Leser ausgesprochen hilfreich, um meinen spärliche Rente durch Buchverkäufe aufzustocken. (Derzeit verkaufe ich einige meiner Gitarren, weil ich ein e-Bike brauche. ep)
Aber wie ich an anderer Stelle schrieb, bin ich nicht mehr Zeitgeist-kompatibel, nachdem sich der ‚Spirit of Golf‘ in einen Poltergeist verwandelt hat.
Meinen neuen Blog habe ich übrigens schon mehrfach abgeschaltet, weil ich eigentlich nichts mehr zu sagen habe. Aber einer Zielgruppe, die (vermutlich in golferischer Unschuld) im schmalen ‚Meinungskorridor des Mainstream‘ lustwandelt, wenigstens ein paar Anregungen der besonderen Art geben zu können -dem kann ich nicht widerstehen. (Wobei ich vermute, dass auch solche freien Meinungsäußerungen mit Links bald gefaesert werden.)

Aktuell finde ich es (nach drei Jahren) hochinteressant zu erfahren, wie ein höchst kompetenter Mann wie Dr. Wodarg, der ob seiner Meinung zu COVID gnadenlos verfolgt wurde, diese Zeit im Rückblick sieht. (Ich mag keine Podcasts, aber der war so interessant, dass ich mir alles angehört habe:
3 Jahre Corona: “Es bleibt ein VERBRECHEN!“

Spannend finde ich auch den Vortrag “European Politics and the Left” mit den irischen EU-Abgeordneten Mick Wallace & Clare. Wer Golfrunden in Irland plant, kann bei Mick Wallace sehr gut den irischen Akzent kennenlernen…
(….)
Herzliche Grüße, Eugen Pletsch

Und kaum hatte ich diese Mail abgeschickt, erhielt ich noch eine Mail. Petra F., eine ehemalige Golferin, weist mich auf einen Rubikon-Artikel mit dem Titel Besonnenheit gegen „Bombenstimmung“ hin, der von einer Veranstaltung mit Daniel Ganser handelt, den ich bereits mehrfach erwähnt habe.
Ganser wird derzeit in einer gnadenlosen Hetzjagd diffamiert. Auftrittsverbote pflastern seinen Weg. Ich hoffe, dass er bessere Nerven als Clemens Arvay hat, der kürzlich Selbstmord beging, was Dr. Wodarg dennoch unverblümt als Mord bezeichnet hat.
Jedenfalls gibt es kaum noch Städte, wo Daniel Ganser sprechen darf und die Anschuldigungen sind derart abstrus, dass ich mich frage, ob die Omas gegen Rechts nichts Besseres zu tun haben, als sich als Treiber für die Ganser-Treibjagd instrumentalisieren zu lassen.
Der Rubikon-Artikel ermöglicht misstrauischen Lesern, die sich nie zu einem Ganser-Vortrag begeben würden, zu erfahren, was die 3000 Leute im voll besetzten Hannover Congress-Centrum erlebten: Sie erhielten belegbare FAKTEN, denen Redakteure von T-Online, dem Spiegel oder dem Deutschlandfunk mittlerweile nur noch mit Knoblauch, Weihwasser und niederträchtiger Verleumdung begegnen können.

Lebt lang und in Frieden

Eugen Pletsch

PS. Bei uns toben sich gerade die Kettensägenmörder aus. Ich erwarte ja nicht, dass Förster die Bücher von Peter Wohlleben über das geheime Leben der Bäume lesen, aber dass unsere Gemeinde nicht mal zuckt, wenn ein Naherholungsgebiet in einem Truppenübungsplatz verwandelt wird, verwundert mich doch.

Meine ehemalige Laufroute im Langgönser Wald

Hirnwäsche aus der Youtube-Blase – oder „Freibier für die Russen!“

Militäranalyst Scott Ritter sagt: “Die US kann nicht in einer friedlichen Welt leben. (…) Unsere gesamte  (US) Wirtschaft basiert darauf, dass wir mit irgendwem im Konflikt stehen. Wir sind der Krebs dieser Welt. Das ist die Realität. Die gute Nachricht ist, dass sich die Welt derzeit eine sehr effektive Therapie gegen diesen Krebs ausdenkt…“(Im Video bei 26:25)

Etwa zur Corona-Zeit, als alle staats-und medientreuen Tugendwächter vor FAKE-Nachrichten warnten, entdeckte ich eine Analyse über das Verhalten von YouTube-Süchtigen, die zufällig über nicht-konforme Veröffentlichungen stolpern und neugierig werden.
Da Youtube automatisch immer neue Beiträge vorschlägt, kann man nach und nach in eine verzerrte Sicht der Realität geraten. Es besteht nicht nur die Gefahr, sich auf einen geistigen Holzweg zu begeben, sondern – so erklärten zumindest diese Verhaltensforscher, die Seitenaufrufe bestimmter Zielgruppen analysiert haben – man verpasst sich auf diese Weise selbst eine Art Gehirnwäsche.
Man wird Teil einer obskuren Weltsicht von Menschen, die schließlich nur noch untereinander kommunizieren. Wenn dann üble Geister wirres oder sogar bösartiges Gedankengut in diese Kanäle einschleusen, merkt man die eigene Verwandlung selbst gar nicht mehr. Alle früheren Ideale, zum Beispiel Frieden, Freiheit und Demokratie werden vergessen. Wer in so eine Blase gerät, wird andere Meinungen verachten und irgendwann auch bereit sein, Andersdenkende zu bestrafen. Wir kennen dieses Verhalten aus Sekten, Religionsgemeinschaften und aus der Corona-Politik.

Das Thema beschäftigt mich seitdem ich mich fragte, was mit den GRÜNEN passiert ist? Wie konnten die dem kollektiven transatlantischen Wahnsinn verfallen, der sie nun zu einer echten Gefahr für unser Land und den Weltfriedens werden lässt. Ich rede jetzt nicht von Karrieristen wie Özdemir oder die korrupte Waffenlobbyistin Marieluise Beck.
Geschah diese Aufgabe selbstständigen Denkens auf Parteitagen oder möglicherweise durch SPD/FDP-Kontakte via Bundestags-Intranet? Oder war es, wie bei vielen Politikern, die Einsamkeit der langen Nächte, die den Aufruf politisch nicht korrekter Webseiten fördert- was Geheimdienste sofort zur Erpressung nutzen, wie das Oskar Lafontaine in dem Interview „Wir müssen einen Atomkrieg verhindern“ angedeutet hat.
Wie entstanden diese ‚grünen‘ Mutationen à la Bärbock, Lang, Habeck und Hofreiter, die Petra Kelly in ihrem Grab rotieren lassen? Begann das mit dem ersten Oliv-Grünen Joschka Fischer? Ich weiß es nicht.

Nachfolgend ein paar YT-Videos, die ich in den letzten Tagen interessant fand:

  • Der Burner der Woche war der Schauspieler Woody Harris, der während seines Monologs bei Saturday Night Live  „Big Pharma“ als „Drogenkartell“ bezeichnete. Natürlich wurde er in den Medien angegriffen und dafür kritisiert, dass er sich nicht an das offiziell erlaubte COVID-Märchen gehalten hat. (Und das, obwohl Laienspielerin Uschi derzeit der ganze Pfizer-Deal derzeit um die Ohren fliegt)
  • Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei der USA, Jill Stein, sprach über den Krieg in der Ukraine. Diese Rede wurde am 19. Februar 2023 auf einer Demonstration mit dem Titel „Rage against the War Machine“ in Washington D.C. gehalten und zeigt, dass zumindest die US-Grünen die Tassen noch im Schank haben.
  • Als dann der Drohnen-Absturz über den Schwarzen Meer geschah, was US-Fernsehmoderatoren und ihre interviewten Kommentatoren zu aggressiven Aussagen veranlasste, verpasste Russel Brand den US-Medien den (bisher) unterhaltsamsten Arschtritt der Saison!
  • Einer dieser interviewten US-Kommentatoren ist Lindsey Graham, ein bösartiger Mann, der die Menschheit lieber heute als morgen in den 3. Weltkrieg treiben würde. Militäranalyst Scott Ritter weiß wer dieser Typ ist, was er für einen Dreck am Stecken hat, nennt ihn einen Massenmörder und ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand über einen US-Politiker derart deutlich äußert… Außerdem spendiert uns Ritter noch eine knackige Analyse des westlichen Wirtschaftssystems, das mal wieder zur aktuellen Bankerkrise führt.

Aber ich habe aber auch noch ein paar leckere deutsche Links:

  • Wen ich eigentlich (aus alten Musiker-Zeiten) überhaupt nicht leiden kann, ist der Dr. Dieter Dehm. Aber ich fand es interessant, wie er erzählte, dass eine Arbeitsgruppe von mindestens sechs Leuten beim BND nur damit befasst ist, den Ruf von Sahra Wagenknecht zu zerstören.
  • Ein Beitrag, der mich sehr beeindruckt hat, stammt von dem Heilpraktiker & Coach Benedikt Zeitner. Er entlarvt die schwarze Rhetorik und manipulative Methoden des NDR am Beispiel eines Hetzbeitrages über den (von mir schon öfter verlinkten) Historiker Daniele Ganser, der derzeit in Deutschland auf bösartigste Weise diffamiert wird. Benedikt Zeitner gelingt es, die infamen und falschen Unterstellungen, denen Ganser ständig ausgesetzt ist, Satz für Satz zu analysieren!
  • Außerdem erzählt uns der unvergessliche Gerhard Polt in „Der Bürgermeister von Moskau“ wie man Frieden durch Freibier schaffen kann. Ich frage mich nur, warum dieses Video wegen seiner volkstümliche Handlung (rechtsnationale Gesinnung?) und der offensichtlichen Russland-Freundlichkeit nicht längst verboten wurde?

So, das reicht für heute, ich will jetzt  raus an die Luft. Da ich altersstörrisch bin und meine Texte noch nicht von ChatGPT schreiben lasse, bitte ich meine Tippfehler, die ich erst im Laufe der nächsten Tage finde, zu entschuldigen.

Lebt wohl und in Frieden

Eugen Pletsch

Maler unbekannt. Klebte an der Innentür des Asia-Restaurants ‚Osaka‘ in Gießen.


Wie friedlich…

…die Welt sein könnte, friedlich wie dieser See.

Aber leider klappt das nicht, weil immer einer zündelt, sei es aus Machtgier, Profitgier, Dummheit oder Größenwahn. Und obwohl unsere Welt ganz andere Probleme hat als den Schlund der Unersättlichen zu stopfen, hört es einfach nicht auf, denn – um es mit Bob Dylans Worten zu sagen: „The pump don’t work ‚cause the vandals took the handles.“ (aus: Subterranean Homesick Blues)

Ja, es sind Vandalen, auf allen Seiten und es hört nicht auf, solange wir Belogenen und Betrogenen nicht aufwachen und sagen: Danke, aber es reicht!

Lebt lang und in Frieden

Eugen Pletsch

With God on Our Side (Bob Dylan)

Auszug 6/7 Strophe

I’ve learned to hate the Russians
All through my whole life
If another war comes
It’s them we must fight
To hate them and fear them
To run and to hide
And accept it all bravely
With God on my side

But now we got weapons
Of chemical dust
If fire them, we’re forced to
Then fire, them we must
One push of the button
And a shot the world wide
And you never ask questions
When God’s on your side

Keinen Cent für WIKI!

Clemens Arvay (R.I.P) hat seinem Leben ein Ende gesetzt. Als Covid-Kritiker war er schnell ins Fadenkreuz der Meinungs-Ayatollahs geraten.

Clemens Arvays kritische Beiträge zur Covid-Impfung habe ich nur gelegentlich, dann aber mit Interesse verfolgt. Ich nahm ihn als ehrlichen, aufrichtigen Menschen wahr, der sich in Fernsehdiskussionen mit polemischen bis bösartigen Zynikern herumschlagen musste. Einem Nachruf von Arvay entnehme ich, dass wir mit unseren Interessen an Wald, Musik und Immunisierung einige Gemeinsamkeiten hatten, selbst wenn die Immunisierung gegen Boshaftigkeit, Intrigen und Lügen in seinem Fall nicht ausreichte, um ihn vor Verzweiflung und Tod zu schützen.
Seine Kritiker starteten Kampagnen gegen ihn und überhäuften ihn mit Hass und Hetze. Ein Netzfund auf Youtube behauptet, dass Arvay von einer Fiona B. via WIKI zu seiner Verzweiflungstat getrieben wurde. Ich kann die im verlinkten Beitrag gemachten Behauptungen zu Fiona B. nicht beurteilen, aber trotzdem entsetzt es mich, dass diese ursprünglich gute Idee WIKIPÄDIA offensichtlich zu einem undemokratischen, intransparenten Monster verkommen ist. Die WIKI-Seite von Arvay ist ein typisches Beispiel von Zerstörung, die auch anderen widerfährt, die sich zu COVID-Impfungen (oder zur NATO und dem Ukraine-Krieg) kritisch äußern.
Obwohl man mittlerweile weiß, dass die „Pandemie“ ein Riesenbetrug der Pharma-Industrie ist und die COVID-Impfungen zu massiven Impfschäden und einem exorbitanten Anstieg der Übersterblichkeit geführt haben (wie das Polizeipräsident a. D. Uwe Kranz belegt), werden Kritiker nach wie vor als Verschwörungstheoretiker, Querdenker und AfD-nahstehend diskreditiert und existentiell/beruflich vernichtet (Beispiel: Ulrike Guérot).
Wer da auf WIKI (mit „höheren Schreibrechten“) was schreiben bzw. überschreiben darf, wird in dem Film Die dunkle Seite der Wikipedia (Doku: 1:55) am Beispiel von Dr. Daniele Ganser gezeigt.
Anonyme „Administratoren“ versuchen, den Leumund und die Existenz von Menschen zu zerstören, die nicht im Narrativ des gewünschten „Meinungskorridors“ agiert. Offensichtlich wurde WIKI von Interessengruppen unterwandert und zu einen Instrument der „richtigen Gesinnung“ gemacht.

Wer die Diskriminierung anderer Meinungen unterstützt, die Kriegsbegeisterung der Grünen teilt und das europäische Unvermögen, angemessen auf die Sprengung der Nordstream-Pipeline zu reagieren, befürwortet, muss sich – was seinen WIKI-Eintrag angeht – keine Sorgen machen. Aber wer nicht komplett in der Blase des offiziellen Meinungskorridors lebt und in einer Nische seines Restverstandes noch Gedanken von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit hegt, den kann das Mobbing anonymer WIKI-Autoren schnell in die Verzweiflung treiben, nachdem man ihn / sie als Teil der „rechten Verschwörer-Szene“ oder Putin-Troll gebrandmarkt hat. Ergo: Keinen Cent für WIKI!

Wie ich letzte Woche schrieb, vermute ich auf meiner Seite einige ehemalige Cybergolf-Leser, die von Informationen jenseits dem Mainstream vollkommen unbeleckt von der Eröffnung der neuen Golfsaison träumen. Da Ihr (wie wir alle) Leben und Wohlstand zu verlieren habt, möchte ich mit Euch noch ein paar augenöffnende Links teilen:

Zum Beispiel erklärt Jeffery Sachs auf YouTube unter dem Titel „EUROPE is DOOMED“ wie der US-Terror-Akt Deutschland dauerhaft schädigen wird. (Jeffrey David Sachs ist ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, Akademiker, Analyst für öffentliche Politik und ehemaliger Direktor des Earth Institute an der Columbia University, wo er den Titel eines Universitätsprofessors innehat. Jeffrey Sachs’ Aussage zum Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines vor dem UN-Sicherheitsrat wurde von NachDenkSeiten übersetzt und als Podcast veröffentlicht.

Da es in Deutschland an weisen, alten Männern fehlt, empfehle ich das Interview mit dem Linguistikprofessor Noam Chomsky. Er ist seit Jahrzehnten einer der weltweit bekanntesten und schärfsten Kritiker der globalen US-Politik. Im Interview mit GEGENPOL EUROPA MUSS SICH ENTSCHEIDEN (deutsche Untertitel) sprach er „über den Ukrainekrieg, die heutige Bedeutung westlicher Werte und Europas notwendige Entscheidung über seine Zukunft. Im beachtlichen Alter von 93 Jahren ist Chomskys Geist immer noch hellwach, seine Gedanken zu Fragen der Gerechtigkeit in unruhigen Zeiten informativ und packend“. Er äußert sich ganz entschieden gegen den Russland-Angriff auf die Ukraine, aber er differenziert!

Dass sich niemand in der Politik öffentlich über den Kriegsakt der USA gegen Europa auslässt, stimmt nicht ganz: MEP Mick Wallace und MEP Clare Daly äußern sich überaus deutlich, aber leider vor leeren EU Parlaments-Stühlen.

Das Radio glüht derzeit wegen des „unprovozierten russischen Angriffskrieges” auf die Ukraine. Nur Putin-Versteher Mathias Broeckers beharrt penetrant darauf, dass der Ukraine-Krieg viel früher begann,“weshalb Russland sich auf  Art. 51 der UN-Charta, das Völkerrecht berufen hat, um den Militäreinsatz in der Ukraine zu rechtfertigen – mit dem Hinweis auf die über 13.000 Menschen, die durch die Angriffe auf die Donbass-Regionen seit 2014 getötet wurden“. Er verweist in seinem Blog auch auf das Interview mit dem langjährigen militärischen Berater der Merkel-Regierung, Ex-Brigadegeneral Erich Vad: „Wir leisten militärische Unterstützung ohne politisches Konzept, Strategie und Zielsetzung”

Zuletzt möchte ich auf den Militär-Analysten Scott Ritter verweisen, der Deutschland und Europa in seinem Beitrag IM AUGE DES BRUDERS unverblümt die Meinung geigt. Weitere Videos mit profunden Aussagen von Scott Ritter sind ebenfalls auf GEGENPOL zu finden, zum Beispiel seine Ansichten über Seymour Hersh, den Ritter sehr lange kennt. (Alle Videos mit deutschen Untertiteln.)

Und wer meint, ich würde hier nur Blödsinn posten, der höre sich Raymond McGovern an. Der ehemalige Mitarbeiter der CIA, der zum politischen Aktivisten wurde, war von 1963 bis 1990 CIA-Analyst und leitete in den 1980er Jahren die National Intelligence Estimates und bereitete den President’s Daily Brief vor. Am 21. Februar 2023 legte er dem UN-Sicherheitsrat seine Ansichten über die Bombardierung der Nordstream-Pipeline bei einem Terroranschlag am 26. September 2022 dar. Ziemlich unangenehm für die NATO, aber lustig erzählt.

Ähnlich äußert sich auch Lawrence Wilkerson, pensionierter Armeeoberst und ehemaliger Stabschef von Colin Powell, auf ‚Die Quelle‚ (in deutscher Übersetzung) über die neuesten Entwicklungen im Krieg in der Ukraine, Nord Stream & den Kalten Krieg mit China.

So, ich denke, es reicht. Das ganze Spektrum der Nachrichten die ich inhaliere, von meinem Heimat-Kriegssender HR3 über Deutschlandfunk bis hin zu kritischen Portalen wie den Nachdenkseiten und den oben angeführten Links, führt bei mir zu Bluthochdruck, weshalb ich versuchen will, diese Themen demnächst loszulassen.
Wer auch nur ein paar der gezeigten  Links anklickt, wird dann ohnehin von YouTube mit weiteren Empfehlungen bedient. Und vielleicht denkt dann der eine oder die andere darüber nach ob das, was uns als Realität vorgegaukelt wird, wirklich stimmig ist.

Egal, ob Clemens Arvay oder Jürgen Habermas (siehe: Cancelling Habermas: Eine Posse zur “Vergangenheitsbewältigung”  – wer nicht spurt, wird in die Spur zurückgetreten oder zertreten. Und zwar von Leuten, die bis vor kurzem noch freiheitlich denkende liberale wohlwollende Intellektuelle waren, die auf die Frage, wie sie sich damals bei Hitlers Machtübernahme verhalten hätten, ohne mit der Schulter zu zucken für den Widerstand entscheiden würden.

Das System massiver, übergriffiger, gesellschaftlicher Indoktrinierung wurde via COVID installiert, damit es im Kriegsfall funktioniert. Ob wir bereits Kriegsteilnehmer sind, beantwortete der wissenschaftliche Dienst des Bundestages im März 2022 auf seine verschwurbelte Weise: „Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“
Also ja, oder kann man das anders verstehen?

Und wer immernoch nicht kapiert hat, wie sehr wir verarscht werden, dem empfehle ich kurzen knackigen Yanis Varoufakis‘ Vortrag über den Mythos, Südeuropa sei korrupter als Nordeuropa…(ebenfalls von „Die Quelle“ in deutscher Übersetzung)

Bis Ihr das alles durchgearbeitet habt, ist es draußen warm und die Golfsaison kann beginnen… 😉

Lebt lang und in Frieden
Eugen Pletsch

Full Swing

Den Statistiken dieser Website nach zu urteilen gelangen immer noch etliche Leser über die alte Adresse Cybergolf.de auf meine neue Website und wundern sich, dass ich nichts mehr über Golf schreibe. Na ja, heute doch…ein bisschen…

Mit Profi-Golfsport habe ich mich gefühlte fünf Jahre nicht mehr beschäftigt. Ich habe keine Ahnung, wer die letzten Major-Turniere gewonnen hat und das allerletzte was ich mir ansehen würde, wäre eine Golf-Übertragung auf Sky. (Gibt es die noch?)

Aber auf Netflix habe ich nun zufällig die Serie FULL SWING entdeckt, die von den kleinen Sorgen der Golf-Millionäre berichtet, die in ihren Privatjets um die Welt düsen. Eine Folge zeigt zum Beispiel den Profigolfer Brooks Koepka, der nach einer Folge von Verletzungen und Auszeiten die gleichen nagenden Selbstzweifel hat, wie jeder X-beliebige Amateur. Da liegt er nun am Pool seiner Millionenvilla und grämt sich, weil er die Zeit, in der er unschlagbar war, nicht zurückdrehen kann.
In einer anderen Folge fragt sich Ian Poulter, wie er es in seinem Alter (nach nur ca. 30 Millionen Preisgeld) schaffen soll, seine Familie zu ernähren? Er ist ein Familienmensch und schleppt Frau und vier Kindern immer zu den Turnieren mit, wo sie dann während des Flugs in der Gangway des Jets fröhlich putten. Aber dann schafft Papa den Cut nicht, fliegt aus dem Turnier und entscheidet sich angesichts der düsteren Zukunft seiner vier Kinder, die geschätzten 40 Millionen Antrittsgeld von LIVGOLF zu akzeptieren.

LIVGOLF ist eine Konkurrenz der US Profi Golf-Tour, eine ‚Charme-Offensive‘ des Todesprinzen Mohammed bin Salman (dem Khashoggi-Metzger und Folterer von Frauen, Schwulen und Andersdenkenden), der sich dadurch eine Image-Verbesserung erhofft.
Koepka, Poulter sowie PGA Tour-Flaggschiffe wie Dustin Johnson und Phil Mickelson ließen sich (wie andere ehemalige Top-Golfer, die den Rachen nicht voll genug bekommen können) für zweistellige Millionenbeträge von LIVGOLF abwerben. Prompt sperrte die USPGA, der Golfverband der Profigolfer in den USA, alle Spieler der LIVGOLF-Tour – sozusagen aus moralischen Gründen. Dieser Konflikt zeigt die ganze schizoide Welt des Golfsports, denn die US-Regierung ist nicht so zimperlich (vermutlich wegen der Waffengeschäfte) und empfiehlt, den saudischen Kronprinzen vor Strafverfolgung zu schützen.

In FULL SWING wird der Ryder Cup häufig erwähnt. Für Nichtgolfer: Der Ryder Cup ist das größte Golfereignis der Welt, in dem die besten Spieler der USA und Europa seit fast einem Jahrhundert alle zwei Jahre gegeneinander antreten. Jahrelang haben die USA haushoch gewonnen, aber ab 1985 drehte sich das Blatt und Europa gewann seitdem zwölfmal.
In 2023 wird der Ryder Cup in Italien ausgetragen. Böse Stimme behaupten, dass sich die Mafia den Ryder Cup gekauft hat, um Geld zu waschen. Aber darum geht es heute nicht. Meine Frage ist, ob es so bleibt, wie die letzten hundert Jahre: Werden diese Wettkämpfe nach wie vor Mann gegen Mann nach den Regeln des Golfsports ausgetragen? Oder dürfen die US-Spieler als Repräsentanten der Weltmacht Nummer 1 beliebig foulen, ohne dass das sanktioniert wird?
Dürfen sie den europäischen Spielern zum Beispiel vor dem Schlag FULL SWING in die Eier treten, weil diese nur Repräsentanten der „Fuck the EU“ (Zitat: Vicci Nuland) sind, weshalb sie alle Fouls in ‚dienendem Gehorsam‘ über sich ergehen lassen müssen – so, wie unsere Bundesregierung anlässlich der Sprengung der Nordstream-Pipelines?

Wer sich jenseits der Mainstream-Medien informiert, hat vielleicht mitbekommen, dass der amerikanische Investigativ-Journalist Seymour Hersh in seinem Artikel Der Mist an der Wand (Übersetzung: Danke an Nachdenkseiten) behauptet, dass die Bombardierung der Nord Stream-Pipelines in der Ostsee eine verdeckte Operation war, die vom Weißen Haus angeordnet wurde. Ihm zufolge gab Präsident Biden den Befehl für eine „Black Op“ zur Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines: Taucher der US-Marine hatten im Juni 2022 unter dem Deckmantel einer weithin bekannten NATO-Sommerübung namens BALTOPS 22 die ferngesteuerten Sprengsätze angebracht, die drei Monate später drei der vier Nord Stream-Pipelines zerstörten.
„Der Angriff wurde von der CIA in Zusammenarbeit mit Norwegen durchgeführt, um Deutschland einzufrieren, sagte Hersh in einem Interview mit der Berliner Zeitung. „Washington habe die Sabotage vorgenommen, weil der Ukraine-Konflikt „für den Westen nicht gut lief. (…) Der Punkt ist, dass Biden beschlossen hat, die Deutschen in diesem Winter frieren zu lassen. Der Präsident der Vereinigten Staaten würde lieber sehen, dass Deutschland friert, als dass Deutschland möglicherweise aufhört, die Ukraine zu unterstützen.“
Die Story eines angekündigten Sabotageanschlags auf lebenswichtige Infrastruktur eines Alliierten der USA habe nach entsprechenden Drohungen des US-Präsidenten Joseph Bidens und der Vizeaußenministerin Victoria Nuland von Anfang 2022 auf der Straße gelegen.
Ich habe doch nur das Offensichtliche dekonstruiert„, sagte Hersh gegenüber War Nerd.
Dass wir in diesem Winter nicht so gefroren haben, wie es sich Biden gewünscht hätte, mag am gemäßigten Klima gelegen haben, wobei Experten voraussagen, dass es mit der Energieknappheit eigentlich erst im Winter 2023 und 2024 losgehen wird. Wie sehr wir dennoch am Arsch sind beschreibt REDACTED (ab 12:50).

Militäranalyst SCOTT RITTER: „Seymour Hershs Artikel hat die schreckliche Realität einer missbräuchlichen Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland aufgedeckt.“
In seinem YT-Video DEUTSCHLAND, EMANZIPIERE DICH! (Deutsche Untertitel) geht Ritter auf den Stern-Titel mit dem Großen Bruder ein und er äußert sich eigentlich sehr liebevoll zu Deutschland, wenngleich weniger liebevoll zur Idiotie der deutschen Regierung.

Wie krank ist es, dass die Ampel-Vasallen eine Handlung gegen Deutschland und Europa, den Scott Ritter als einen Angriff auf Deutschland, einen Kriegsakt und als ein Pearl Harbor auf für die deutsche Wirtschaft bezeichnet, unkommentiert geschehen lassen oder sogar noch feiern?

Zur Erinnerung: Beim Bundesparteitag der Grünen, Mitte Oktober 2022, hielt die EU-Abgeordnete Viola von Cramon eine Rede, in der sie die Sprengung  von Nord Stream2 lobte (und damit Deutschlands Ende als Wirtschaftsmacht).

Seymour Hersh gilt als einer der berühmtesten Investigativ-Journalisten der Welt. Dennoch stieß Hershs Enthüllung zuerst auf eine Mauer des Schweigens. Viele einflussreiche Medien, darunter die New York Times und die Washington Post in den USA sowie die Financial Times und der Guardian in Großbritannien ignorierten die Enthüllungsgeschichte des weltbekannten Pulitzer-Preisträgers. Mittlerweile berichten viele US Medien über den Anschlag, während sich die meinungsbildenden „Qualitätsmedien“ in Deutschland tot stellen oder Hersh im Rahmen ihres Informationskrieges diskreditieren.  
Laut Berliner Zeitung äußerte sich Philipp Amthor (CDU) bei einer Bundestagsdebatte besonders abfällig und diffamierend über Seymour Hersh. Er sprach vom Blogbeitrag eines 85-Jährigen, der vor 50 Jahren einen Journalistenpreis erhalten hat. Sagt Amthor!! Dieser Kindskopf-Greis! Wie topfit Hersh ist seht Ihr im aktuellen Interview mit Russell Brand…).

Die beste Beschreibung der Geheim-Operation (die ich im Netz fand) liefert übrigens Buddhi auf Youtube: Seymour Hersh Reveals How USA Destroyed Nord Stream Gas Pipelines.
Wer immer noch nicht versteht, wer hier ständig zündelt und warum manche Leute für Frieden und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine demonstrieren, dem sei ein Interview mit dem Historiker Daniele Ganser empfohlen. Darin wird erklärt, wie es zum Ukraine-Krieg kam und was zu tun wäre, wenn die Regierungen der EU (insbesondere Deutschland) nicht in US-Kadavergehorsam erstarrt wären, sondern die Interessen Europas vertreten würden. Ähnlich äußert sich auch Oskar Lafontaine in dem Interview: Wir müssen einen Atomkrieg verhindern

Die Frage, ob die USA beim Ryder Cup 2023 im Sommer in Italien fair spielen werden, bleibt also ebenso offen, wie die Frage, ob wir diesen Sommer noch erleben werden.

Lebt lang und in Frieden

Eugen Pletsch

Seymour Hersh First Nord Stream Interview mit Russell Brand 19.2.2023