Neues Spiel – altes Glück

Im Foyer des Golfclubs Bauernburg herrschte reges Getümmel. Helga, unsere Clubsekretärin, sowie ihre Tochter Luise gingen mit Tabletts herum und reichten Sekt, mit und ohne O-Saft...

Die Club-Granden standen zusammen. Auch die Mannschaftsspieler hielten Abstand vom gemeinen Volk der Mid- und High-Handicapper – was aber eine verständliche Reaktion ist, um sich zu Beginn der Saison vor Yips-Viren und hochinfektiösem Geschwätz über Sockets zu schützen. Nach einem Viertelstündchen der Geselligkeit bat unser Vizepräsident Prof. Klausthaler die Anwesenden, ihm in den Clubraum zu folgen. Ich wartete noch einen Moment auf unseren Clubpräsidenten Herrn Fahrenbach, der mich sofort auf die Seite zog: 

„Schreiben Sie etwas über die heutige Veranstaltung für unsere Clubzeitschrift?“

„Meinen Sie, ich sollte? Wir hatten für das nächste Heft den 2. Teil von „Who is who im Golfclub“ angekündigt.“ Fahrenbach zögerte.

„Um was soll es da gehen?“

„Um die Abgründe unserer Golf-Gemeinschaft: Ränkeschmiedende Narzissten mit Vorstandsambitionen, die das Vereinsleben in manchen Clubs zur Hölle machen.“ Fahrenbach winkte ab.

„Das hätte juristische Konsequenzen. Namen könnten Sie ohnehin nicht nennen. Was sonst?“

„Ein Greenkeeper-Thema, das uns alle betrifft. Nach dem Extrem-Sommer 2018 haben sich die Rasenflächen weitgehend regeneriert, aber manche Böden sind noch sehr trocken … und …äh…“. Ein mahnender Blick von Prof. Klausthaler trieb uns zur Eile.

„Schreiben Sie lieber etwas über die neuen Golfregeln. Dann sind alle informiert, die heute nicht teilnehmen können“, beendete Fahrenbach das Gespräch. Ich nickte. Warum nicht? Ich bin zwar nicht der Schriftführer des Clubs, aber ich schreibe hin und wieder über unsere Veranstaltungen.

Ich folgte Fahrenbach in den gut gefüllten Saal und quetschte mich auf den letzten freien Stuhl zu Heiner Markowsky. Der Versicherungsvertreter ist bekannt für seine Fähigkeit, Neubestand auf dem Platz zu kobern. Manchmal mit Golftipps, manchmal aber auch mit einem getoppten Ball in die Hacken, der es ihm ermöglicht, eine Rechtsschutz- oder Krankenzusatzversicherung ins Gespräch zu bringen. Seine Anwesenheit war eher seiner beruflichen Kontaktfreude als seinem Interesse an Golfregeln zuzuschreiben, denn bisher war Markowsky niemandem durch besondere Regel-und Etikette-Kenntnisse aufgefallen. Eher im Gegenteil.

Kaum saß ich, klingelte Fahrenbachs Sitzungsglöckchen. Da die Ruhe nicht augenblicklich eintrat, ließ es sich unser Spielführer nicht nehmen, die Anwesenden mit einem donnernden FORE bis ins Mark zu erschrecken, worauf die älteren Mitglieder ihre Hörgeräte leiser stellten und bald sanft schlummerten. Der Historiker Prof. Klausthaler ließ es sich nicht nehmen, selbst über das Thema „Neue Golfregeln“ zu referieren. Schließlich war ihm die Geschichte des Golfsports seit König James II vertraut, der das Spiel 1457 verbot und stattdessen das Üben des Bogenschießens anordnete. (Das Spiel mit Pfeil und Bogen wäre auch heute noch manchem Golfer zu empfehlen, der den festen Stand an einem Punkt der flüssigen Bewegung vorzieht. Aber dazu hat sich der DGV – selbst im Zusammenhang mit „Ready Golf“ – nie öffentlich geäußert.)

Um dem Zeitgeist zu huldigen, eröffnete Prof. Klausthaler mit „Sehr geehrte Mitgliederinnen und Mitglieder“ und kam dann sofort auf den Punkt: „Regeln und Gesetze werden selten einfacher und im Golfsport war das nie anders. Zu den Regeln hatte man sich außerdem noch Hunderte von Ausnahmen und Anmerkungen ausgedacht, die sogenannten „Decisions“. Doch weil selbst die 10 christlichen Gebote unserer Leitkultur vielen Menschen zu komplex sind, und weil wir alle in einer globalisierten Welt unter unsäglichem Zeitdruck stehen und von Reizüberflutung gebeutelt werden, haben die obersten Regelhüter, die R&A und die USGA, eine Reorganisation der Golfregeln beschlossen. Die Golfregeln werden ab 2019 auf 24 reduziert!“
„Doch noch so viele?“ flüsterte Heiner Markowsky.

„Besser als 36“, flüsterte ich zurück.

Heiner nickte, um sogleich wieder den Ausführungen Klausthalers zu folgen. „Wir werden die Regeln an einer Wandtafel aushängen. Außerdem sind die Änderungen im Internet und fast jeder Golfzeitschrift zu finden. Aus zeitlichen Gründen können wir heute nur ein paar Themen herauspicken. Das wichtigste Thema überhaupt ist ‚Ready Golf‘!“

Etliche der jüngeren Spieler kicherten, manche lachten laut auf. Professor Klausthaler schien irritiert. Dass seine üblichen Mitspieler, Präsident Fahrenbach und Dr. Bercelmeyer, als langsamste Spieler im Club galten, war allgemein bekannt.

„Ja, Ready Golf“, beharrte Klausthaler. „Die Suchzeit wird von fünf auf drei Minuten verkürzt. Und jeder Schlag sollte nicht mehr als 40 Sekunden dauern. Außerdem wird das Schlagen außerhalb der Reihenfolge gefördert.“
Diese Neuerung gefiel ihm persönlich besonders gut. Die ewige Warterei, bis Fahrenbach seinen Schwung und Bercelmeyer seinen Ball gefunden hatte, nervte ihn seit dreißig Jahren. Immer wieder wurde sein voreiliges Schlagen als Etikette-Verstoß mit einem Bier geahndet. Die monotone Stimme, mit der Klausthaler sein Verständnis der neuen Golfregeln darlegte, erzeugte nicht nur bei den Senioren Schläfrigkeit, zumal unser Vize jegliche Zwischenfragen mit einem „Dazu kommen wir gleich…“ abschmetterte.
Er streifte die Identifizierung des Balls, das Versehentliche Bewegen, die Veränderung der Ball-Lage und betonte, dass Caddies nicht hinter dem Spieler stehen dürfen.
„Was ist ein Caddie?“, fragte Markowsky leise. „Meint er einen Trolley?“ „Nein, früher gab es Taschenträger, die nannte man Caddies“ tuschelte ich zurück.
Klausthaler säuselte weiter durch sein Programm… Spiellinie berührenauf dem Grün markieren …. aufnehmen und reinigenwenn der Ball im Bunker liegtlose hinderliche Naturstoffe straflos bewegt ….Schäden ausbessern …Versehentliches Bewegen … Flaggenstock zu treffen … Droppen aus Kniehöhe…“.
Hier zuckte Markowsky. “Hä? Wenn ich meinen Ball im Rough nicht finde, dann droppe ich immer so. Wie denn sonst?“

„Bisher ließ man den Ball mit ausgestrecktem Arm fallen?“

„Seit wann denn das? Seit 1933?“ Er hatte seine Stimme etwas gehoben, was Prof. Klausthaler irritierte.

„Wie meinen?“

„Äh, ich verstehe nicht, was neu sein soll an dem, was Sie da vortragen? Golf ist doch kein Glückspiel! Wenn ich meinen Ball im Rough nicht finde, dann lass‘ ich einen fallen. Wenn der Ball blöd im Bunker liegt, schmeiß‘ ich ihn raus und lose hinderliche Naturstoffe habe ich schon immer straflos weggeschmissen, wobei ich nicht genau weiß, was lose hinderliche Naturstoffe überhaupt sind. Da sollte mir mal einer einen Strafschlag verpassen. Das Echo würde der nicht verkraften.“

Wer jetzt noch wach war, lachte, die andern wachten auf. Markowsky legte nach: „Ich finde ja gut, dass alles leichter werden soll mit die neuen Golfregeln, aber wir spielen schon immer so. Diesen ganzen Kleinkram, den Sie da aufzählen, den kennt doch keiner außer ein paar Erbsenzählern und Wichtigtuern.“
Das gemeine Volk der Mid-und High-Handicapper murmelte beifällig und begann zu diskutieren, was Prof. Klausthaler aus dem Konzept brachte. Er stotterte noch eine Weile rum, bis sich Präsident Fahrenbach genötigt sah, das Versammlungsglöckchen zu rühren: „Vielen Dank an Prof. Klausthaler für seine Erläuterungen. Ich muss zugeben, dass ich die Änderungen auch noch nicht im Detail erfasst habe. Das Meiste scheint mir vernünftig. Dennoch frage ich mich, ob es die neuen Regeln nicht nur denen leichter machen sollen, die sich nie die Mühe gemacht haben, unsere bisherigen Golfregeln zu verstehen. Andererseits: Wenn die neuen Regeln dem Usus und der allgemeinen Unkenntnis angepasst wurden und wir künftig so droppen, wie es bisher nur die Schummler gemacht haben, dann geht das zwar in den Rücken, aber es demonstriert unsere Bereitschaft, das Golfspiel zu erneuern. In diesem Sinn wünsche ich uns allen eine erfolgreiche Golfsaison – und jetzt, liebe Mitgliederinnen und Mitglieder, das Buffet ist eröffnet!“

Markowsky stand auf und schüttelte den Kopf.

„Das erinnert mich an die neue deutsche Rechtschreibung. Die Alten, die noch richtig schreiben gelernt haben, werden sich das Neue nicht merken können und die Jüngeren können weder die alte noch die neue Rechtschreibung.“

„Ach, das wird schon“, beschwichtigte ich, aber letztendlich nur, weil ich Hunger hatte und zum Buffet wollte.      

Erschienen im NRW Golfjournal. © by Eugen Pletsch 2019

Wintergolf

Echte Wintergolfer sind wetterfeste Gestalten, von denen man nie weiß, ob sie die Kälte des häuslichen Herdes oder die heiße Liebe zum Spiel durch den Wind treibt…

Skifahrer, die angesichts der Schneelagen in den Voralpen nach Alternativen suchen, finden im Wintergolf ein reiches Betätigungsfeld. Der Platz ist fast leer, denn die Club-Nomenklatura lässt sich in den Golfclubs auf Malle ausrauben, während die Matadore der 1. Mannschaft zur Saisonvorbereitung nach Florida geflogen sind, wo sie in den Warteräumen der US-Zollbehörden verfaulen (weil die Röntgenschirme der Gepäckkontrolle bei Sicherheitsstufe Orange Stahlschäfte als Waffen interpretieren). Das bunte Völkchen der Gesellschafts-Golfer geht bei diesem Wetter ohnehin nicht vor die Tür und Versicherungsvertreter aller Konzerne, die den Golfplatz als ihr Büro betrachten, sind in die Zentrale berufen, um den genialen Umstrukturierungsplänen des neuen Vorstandes zu huldigen.

In den nassen und kalten Monaten von November bis März fliegen die Bälle nicht so weit und dürfen gemäß »Winterregeln« auf den Fairways besser gelegt werden. Manche Clubs haben spezielle Wintergrüns, um die regulären Grüns zu schonen. Der Internetseite des Golfclubs Ihrer Wahl entnehmen Sie, ob der Platz geöffnet hat und bespielbar ist. Moderne Golfplätze sind mit einer Webkamera ausgestattet, die nicht nur den Platzzustand live überträgt, sondern auch, wer sich aus der Firma mal wieder in den »Außendienst« verkrümelt hat.

Nur das Spiel im Neuschnee ist Unfug, da auch ein roter Ball bei mehr als drei Zentimetern Schnee nicht mehr zu finden ist. Ein patschnasser Platz ist auch keine Freude, ebenso das Spiel bei Eisregen und kaltem Wind. Vorsicht vor gefrorenen Böden und Eis. Querschläger und scharf spritzende, gefrorene Erde sind gefährlich. Klare, sonnige Tage um den Gefrierpunkt sind dagegen Traumtage im Wintergolf.

Entscheidend ist die Bekleidung: Die Möglichkeit, nach dem Spiel in trockene, warme Kleidung zu wechseln, sollte vorbereitet werden. Als Vielschwitzer habe ich persönlich noch keine wirklich wind- und regenfeste Bekleidung gefunden, in der ich nicht auch ohne Regen patschnass geworden wäre. Die Mär von der passenden Unterwäsche, die Feuchtigkeit ableiten soll, stammt aus dem Sagenbuch der Synthetikhersteller. Den Hersteller meiner angeblich regenfesten Golfkleidung, teuer wie Gold, hätte ich schon im Sommer auf den zweiten Neun der Links von Deal/Kent ersäufen können.

Wintergolf. Cartoon: Peter Ruge
Cartoon: Peter Ruge

Aufwärmen

Die Aufwärmübungen vor der Abfahrt zum Platz verkürzen und erleichtern den ersten Abschlag. Isometrische Übungen für Finger und Arme lassen sich hervorragend am Steuerrad des Autos durchführen. Die Driving Range ist im Winter nicht jedermanns Geschmack! Zu schnelles Dehnen ist im Winter eher schädlich, wenn man zuvor nicht richtig aufgewärmt hat. Weiche Schwünge mit zusammengestellten Füßen bringen Gefühl und Timing zurück. Nach einigen kurzen Schlägen dann die mittleren Eisen. Dann ein Holz 5. Abgeschlagen wird von Wintertees, drei kleinen Gummihütchen, die Sie in der Condomeria Ihres Proshops erhalten.

Die Winterkleidung hindert uns daran, wie gewohnt aufzudrehen und durchzuschwingen, weshalb gut getimte halbe Schläge oft mehr Länge bringen. Üben Sie einige flache Chip-Schläge für Ihr Entfernungsgefühl und um zu sehen, wie der Ball springt. Hohe Schläge zum Grün werden bei kalten Böden oft zu unberechenbaren Querschlägern. Immer flach halten, die Bälle! Wir planen einen schönen Spaziergang, bei dem wir einen Ball vor uns hertreiben. Mit diesem Anspruch sind Spaß und Erfolg garantiert.

Winterausrüstung

Auf den meisten Plätzen sind Trolleys im Winter untersagt. Selbst schleppen ist die Regel. Mancher rüstige Altgolfer bringt auf seinen Wanderungen allein mit seiner »Magic Seven« hervorragende Ergebnisse zustande. Chippen ist auf manchen Wintergrüns sinnvoller als putten. Innerhalb einer Schlägerlänge vom Loch wird der Ball aufgehoben. Jetzt ist die Zeit, alte Bälle rauszusuchen. Ein Sandeisen hat bei nassem Sand und gefrorenen Böden oft zu viel Bounce. Ein altes Pitching Wedge, mit geöffnetem Blatt gespielt, leistet bessere Dienste. Besitzer teurer Status-Gerätschaften sollten diese zu Hause lassen und sich aus der Grabschkiste ihres Pros rechtzeitig mit ein paar einzelnen Gebrauchtschlägern eindecken. Investieren Sie lieber in anständige Griffe!

Mein Winterset hat weichere Schäfte. Der Schwung ist langsamer und die Bandscheibe dankt. Kondition, Konstitution und Kraft sind entscheidend bei der Schlägerwahl, besonders bei den Schäften. Sonst lieber ein Eisen weniger einpacken und dafür einen Pulli zum Wechseln, eine winddichte Mütze und einen Schirm mitnehmen. Vergessen Sie nicht Ihre Hautcreme, in Höhenlagen auch Sonnenschutz! Sie werden sich wundern, wie sich abends Ihre Haut anfühlt. Wintergolfhandschuhe sind unerklärlich teuer und gehen schnell kaputt. Trotzdem sind sie sinnvoll. Denken Sie an ein Handtuch für sich und an eins für Ihre Schläger. Als Proviant eignen sich Nüsse und Trockenfrüchte. Vor einem Flachmann mit gutem Single Malt, der die Illusion von Wärme und gutem Spiel verleiht, warne ich vermutlich umsonst.

Ach ja – und dann noch eins: Bewegung ist das eherne Gesetz des Wintergolfspiels. Den Schnarchnasen, Trödlern, Ballsuchern und Zockern, die meinen, auf einem schrägen, vereisten Wintergrün flippern zu müssen, bis der Ball endlich ins Loch fällt, darf man nach den neusten ‚Decisions‘ der R&A auf dem Parkplatz die Luft rauslassen. Damit die beim Warten auf den ADAC endlich mal merken, wie kalt es ist wenn man rumstehen muss…

* Textauszug aus „Der Weg der weißen Kugel“ © by Eugen Pletsch

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An­mer­kun­gen für Gol­frei­sen­de

Pletsch, Eugen
19,99€Buch
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Beschreibung

Ein et­was an­de­rer Golf-Rat­ge­ber. „An­mer­kun­gen für Gol­frei­sen­de“ ist ei­ne Rei­s­e­lek­tü­re für Gol­fer mit Ein­sich­ten und An­sich­ten, golf­phi­lo­so­phi­schen Be­trach­tun­gen, Glos­sen und Kom­men­ta­ren zu ak­tu­el­len Golfthe­men, die Eu­gen Pletsch zwi­schen 2006 und 2016 als Ko­lum­nen ver­öf­fent­licht hat. Mit fei­nem Hu­mor ver­weist der Au­tor da­bei im­mer wie­der auf das mys­ti­sche Ge­heim­nis des Golf­spiels. Mit 12 Tusch­zeich­nun­gen von Klaus Ho­litz­ka und zwei Fo­tos von Oli­ver Hardt. Sie kön­nen in (…)

Endlich erleuchtet!

Aus unserer Serie „Oldies but Goodies“ heute: Ein kleines Telefonhörspiel aus der Zeit als ich einem bekannten Golfprofessional (Pro) noch regelmäßig mit meinen Anrufen auf die Nüsse ging…

„Tut Tuut“„Tut Tuut“

Pro: Ja bitte?

EP: „Hi, ich bin´s…“

Pro: unterdrückter Seufzer: Oh, prima, na, was kann ich für Dich tun?

EP: Och, wollte mich nur mal melden …

Pro: Das ist nett. Es war schön mit Dir zu reden…

EP: Hey!

Pro: Ja?

EP: Ich bin jetzt endlich erleuchtet!

Pro: (Pause, dann atmet er wieder): Gute Nachricht! Großartig!  Also – es war schön mit Dir zu reden…

EP: Nein, ich meine es Ernst!

Pro: Na prima, endlich. Und seit wann bist du …äh … erleuchtet?

EP: Es fing an, als mir das Eisen 5 auf den nackten Zeh knallte. Das war eine sehr intensive Erfahrung und ich spürte, dass jetzt etwas passieren wird. In der ZEN- Literatur ist das exakt so beschrieben: Es gibt Vorzeichen der Erleuchtung …

Pro: (plötzlich interessiert) Und was passierte dann?

EP: Dann trank ich den Wodka, den ich bei einem Turnier gewonnen hatte. Ich wachte nachts auf, musste kotzen, wurde auf dem Weg zum Klo ohnmächtig, schlug mit dem Kopf an den Schrank und die nächsten Tage war ich vollkommen platt.

Pro: Vom Wodka?

EP: Nein, vom Orangensaft im Wodka. Meine Bioresonanz-Expertin meint, da wäre ein Schimmelpilz drin gewesen …. und weil mein Magenmeridian durch die Verletzung am 2. Zeh ohnehin schon geschwächt war…

Pro: …wurdest Du erleuchtet!

EP: Nein, nicht deswegen. In den folgenden Tagen machte ich eine sehr schwere Zeit durch, so, wie es auch von Eckart Tolle erzählt wird. Ich hatte dermaßen die Scheißerei – schlimm! Nach drei Tagen war ich vollkommen leer, wie Buddha, und dann ERWACHTE ich und merkte, dass ich erleuchtet bin.

Pro: (langsam genervt) Ach ja? Und woran merktest du das?

EP: Schwer zu sagen. Diese selige Leichtigkeit in mir. Dieses Nichtverlangen, zum Beispiel nach Wodka. Und dann natürlich die Allwissenheit.

Pro: Du bist jetzt allwissend?

EP: Tja, scheint so. Kann es selber kaum glauben.

Pro: Ich glaub´ es nicht!

EP: Kannst Du ja testen.

Pro: Wie?

EP: Na, frag mich irgendwas.

Pro: Wie viele Stunden war ich heute auf der Driving Range?

EP: Keine.

Pro: Stimmt. Na gut, das war einfach. (blättert nebenher) Aber: wie heißt der erste Satz im dritten Absatz des Buches Jenseits der Scores?

EP: Du meinst auf Seite auf Seite 57? „Der Weg des Meisters erfordert Offenheit um die eigenen Grenzen zu überschreiten, und den Mut, Misserfolge zu riskieren“. Meinst Du das?

Pro: (erstaunt) Tatsächlich!  Na gut – jetzt: Ken Wilber „Ganzheitlich handeln“ Seite 91 letzter Satz…

EP: „Tiefe Spiritualität beinhaltet eine weite Wissenschaft von den höheren Ebenen menschlicher Entwicklung.“

Pro: Hmpffff (sprachlos).

EP: Also los: Frag mich mal was richtig Schweres!

Pro: OK, OK, mir fällt schon noch was ein… denkt … Also: Ein Mann, 42 Jahre, war 7 Jahre bei der Telekom und wurde dann zu T-Systems strafversetzt. Er sitzt mit seinem fünfjährigen Sohn und seiner Frau, (die eine Schwester in Dortmund hat,) in einem Intercity-Express nach Berlin. Auf der Gegenstrecke bewegt sich ein Güterzug mit halber Geschwindigkeit Richtung Kassel. Dieser Mann, 42 Jahre, mit einem Muttermal am Kinn, steht beim Golfschwung leicht gebeugt, zuckelt von Bein zu Bein, hat eine hohe Anspannung, fasst den Schläger zu fest, holt viel zu schnell aus, kreuzt, dreht sich aber im Durchschwung kaum, verschiebt seine Mittelachse enorm und hat kein Finish. Wie ist sein Ballflug und wann erreicht der Intercity Berlin?

EP: Ballflug kerzengerade und Ankunft 13 Uhr 08!

Pro: Stimmt. Sagenhaft. Diese Pfeife hat gestern jeden Ball kerzengerade getroffen. Ich fragte ihn, warum er zu mir kommt …

EP: … und er sagte, er könne immer nur gerade aus spielen, aber seine Kumpels können auch rechts und links rum und er möchte lernen, wie man einen Slice spielt. Außerdem, sagte er, seine Frau wollte mal einen Tag in Berlin rumbummeln und sein Sohn die Eisbären sehen.

Pro: Donnerwetter. Genau das waren seine Worte.

EP: Tja, ich kann es nicht ändern. Bin halt erleuchtet. Noch ´ne Frage?

Pro: Noch eine: Wer ist der beste Golflehrer der Welt?

EP:  ……….

Pro: Na?

EP: ……….

Pro: Was ist los? Keine Antwort?

EP: Das ist das Schweigen der Buddhas. Es gibt Fragen, die werden mit Schweigen beantwortet. Steht alles in meinem ZEN-Buch.

Pro: Tja, das kann sein. Dabei hätte mich gerade diese Antwort interessiert.

EP: Du musst die Antwort in DIR finden.

Pro: Ja, danke für den Hinweis. Und was hast du jetzt vor?

EP: Da denk ich nicht dran. Lebe ja total im JETZT.

Pro: Klar, hatte ich vergessen. Und  … äh … wie ist es so, wenn man erleuchtet ist.

EP: Nicht schlecht. Lässt sich mit Leben … tja  … also … wollte es dir nur mal erzählt haben.

Pro: Das ist nett. Es war schön mit dir zu reden…

EP: Man sieht sich …

Pro: Klar und erleuchtet …

EP: HA! Guter Zen-Witz. Klar und erleuchtet! Bis denne … ich segne dich, mein Sohn

Pro: Danke. Tschüss.

„Tut Tuut“.

Pros Frau: Wer war das? Wieder dieser Spinner? Wir hatten wegen dem doch extra die Telefonnummer gewechselt.

Pro: Ja, schon wieder dieser Spinner … (murmelt): Aber woher hat er die neue Nummer?

© by Eugen Pletsch, 2008

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Notizen eines Barfußgolfers

Pletsch, Eugen
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„Notizen eines Barfußgolfers“ ist eine für die Buchfassung überarbeitete Auswahl an Texten, die der Golfautor Eugen Pletsch in seinem renommierten Blog (cybergolf.de) zwischen 2006 und 2018 veröffentlicht hat. Kommentare zu aktuellen Golf-Themen, Szene-sezierende Glossen, Golf-philosophische Betrachtungen, praktische Tipps und stille Hinweise auf das mystische Geheimnis dieses eigenartigen Spiels, dem der Autor in seiner mittlerweile 30jährigen Wanderung (…) ZUM epubli SHOP

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Alte Liebschaften

An nassen, kalten Tagen wandern die Gedanken zurück in die Vergangenheit. Mancher Schwerenöter erinnert sich dann der einen oder anderen Liebschaft, die in seinem Leben eine besondere Rolle gespielt hat.

Auch ich versuchte ich mich heute Morgen besonderer Liebschaften zu erinnern, muss jedoch gestehen, dass ich den Überblick verloren habe. Die ersten Erlebnisse sind unvergesslich, aber dann zieht sich ein gnädiger Schleier über die Jahre meiner Irrwege, bis die Farben und Formen schließlich wieder deutlicher werden. Früher gab es viel mehr monogame Spieler, die, sei es durch Glück oder durch Zufall, bereits zu Beginn ihrer Spielerkarriere jenem Schlägersatz begegnen durften, dem sie bis ans Ende ihrer Tage treu bleiben konnten. Es war die Zeit, als Golflehrer noch als echte Berater fungierten und die empfohlenen Produkte von Handwerkern stammten, die höchste Qualität als Mindeststandard ansahen. Wie maßgefertigte Schuhe aus London konnte solch ein Schlägersatz bei richtiger Handhabung und Pflege nicht nur ein Leben lang gespielt, sondern darüber hinaus an die nächste Generation vererbt werden.

Zu jener Zeit, als ich mit dem Spiel begann, wurde der heutige Golfmarkt gerade erst entwickelt. Da in meinem Fall kein Golfschlägerset als Erbschaft in Aussicht stand, ergriff ich selbst die Initiative und wurde zum Material-Fetischisten. Oft lag ich mit klopfendem Herzen und ratternden Gedanken nächtelang wach und dachte über die Vor- und Nachteile verschiedener Schläger-Modelle nach, von denen ich hoffte, dass sie meine spielerische Unfähigkeit ausgleichen könnten.

An der Lausward und in Schotten traf sich der damalige Golf-Underground, die geächteten Barfußgolfer, für die es im Weltbild des DGV keinen Platz gab.“

Bei meinem schottischen beinah-Schwiegervater Jim hatte ich meine ersten Übungsschläge mit einem Linkshänder-Set absolviert. Nach einer Inkubationszeit von zwei Jahren brach schließlich der Golfvirus in mir aus und ich kaufte mir in einem Kaufhaus in Reutlingen aus der Deko der ‚Schottischen Woche‘ zwei Hickory-Eisen sowie einen Hickory-Blade-Putter[2]. Damit stand ich auf der Driving Range und weil ich mich dafür schämte, dass ich keinen Ball traf, übte ich meist nachts. Dann half ich am Abend, die Range-Bälle aufzusammeln, wodurch ich die frei schwingende Zentrifugalebene entdeckte, die ich im „Weg der Weißen Kugel“ beschrieben habe.

Irgendwann in meiner zweiten Golfsaison habe ich aus der Grabsch-Kiste eines Pro-Shops im Schwäbischen ein modernes Eisen 7 sowie ein Holz 4 (Laminat von RAM) jeweils für 10 Mark ergattert. In Donaueschingen fand ich ein Eisen 3. Auch SEVE, so erzählt die Legende, hatte mit einem Eisen 3 angefangen. Im Gegensatz zu SEVE traf ich dieses Eisen 3 allerdings niemals.

Als Nächstes träumte ich von einem moderneren Putter mit größerem Sweetspot. Neue Eisen und Putter mit Cavity Back begannen gerade, den Markt zu erobern und alle Firmen versuchten, mit neuen Produkten auf diesen Zug aufzuspringen.

Auf meinen Fahrten zur Lausward besuchte ich regelmäßig einen Golfdiscount-Outlet Store, der sich ebenfalls im Hafen von Düsseldorf angesiedelt hatte. Darin standen in großen Kartons Bündel von ausgemusterten Laminat- und Persimmon-Hölzern sowie kistenweise Einzelschläger von RAM, John Letters oder Lynx – Marken, die hierzulande kaum noch jemand kennt. Golfschuhe aus Fernost waren für 30 Mark zu haben und Regenanzüge waren entweder schwer wie Ölzeug oder so schlecht, dass sie sich im Regen beinah auflösten. Trotzdem war der Golfdiscount für mich ein Paradies. Nach wochenlanger Marktbeobachtung und einer schlaflosen Nacht genehmigte ich mir den ersten neuen Putter, ein Beryllium Kupfer-Modell namens ‚Smoothy‘ von McGregor, natürlich ein Sonderangebot. Und als Highlight gönnte ich mir kurz darauf dann auch noch meinen ersten vollen Schlägersatz zum halben Preis und hoffte, damit endlich ein richtiger Golfer werden zu können, was sich bald als Irrtum herausstellen sollte.

Den besseren Laden, eine Golfhouse-Filiale in der Düsseldorfer Innenstadt, besuchte ich ebenfalls, aber das war eine andere Welt. Dort gingen Golfer ein und aus, die sich richtige Clubmitgliedschaften leisten konnten. Im Golfhouse fand ich zwar manches Schnäppchen, aber für uns Barfußgolfer von der Lausward war der Discounter am Hafen die angesagte Adresse.
Jedes Mal, wenn ich nach Düsseldorf kam, spukte mir eine neue Theorie im Kopf herum, welche Schläger meine Ausrüstung komplettieren könnten. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, das mir etwas fehlte und ich begann, mich mit allem möglichen Firlefanz zu befassen, den der Golfmarkt im Laufe der Zeit hervorbrachte.

Schließlich kam der Tag, an dem ich im Düsseldorfer Immermann-Viertel einen japanischen Golf-Shop entdeckte, dessen Schaufenster mit geschmiedeten Blades dekoriert war, die in zeitloser Schönheit erstrahlten. Meine gegossenen, bleischweren Ping-Nachbauten, für die ich mich nach endlosen Überlegungen entschieden hatte, erschienen mir dagegen wie tölpelhafte Bauerntrampel. Dieser japanische Golf-Shop, der heute längst verschwunden ist, vermittelte mir etwas von der Grazie und Schönheit des Materials. Es folgten Jahre der Suche nach jenen besonderen Golfschlägern, die meinem Spiel die angemessene Ästhetik, Würde und Effizienz verleihen könnten. Ein Irrweg, wie mir heute scheint, denn auf schmerzhafte Weise habe ich lernen müssen, dass selbst der ästhetisch ansprechendste Schläger bei fehlerhaftem Schwung und mangelhaftem Ballkontakt wenig Effizienz bietet und jede Würde schnell verloren geht, wenn der Schock einer hart getroffenen Klinge durch den Arm zuckt und den Musikanten-Knochen zum Singen bringt.

Nur hin und wieder, wenn mich der Hafer sticht, nehme ich meine alten Apex II-Eisen mit auf den Platz. Gebeutelt von Hochmut und Größenwahn hoffe ich dann auf den perfekten, satten Schlag, den Hogan-Eisen mit etwas Glück einmal pro Runde gewähren. Was letztlich aber nicht immer der Fall ist! Viel öfter erinnern mich Hogan-Blades auf äußerst schroffe Weise daran, dass die Golfgöttin ihre Gunst nur jenen gewährt, die in Demut und Bescheidenheit verharren. Woraufhin ich mich nach kurzer Zeit dann doch lieber wieder meinem modernen Golfbesteck zuwende, das leichter den irrsinnigen Glauben nährt, man habe etwas vom Geheimnis des Spiels entdeckt.

(c) by Eugen Pletsch

Aus „Notizen eines Barfußgolfer“, Softcover,  Erhältlich in allen Fach-und Onlinebuchandlungen.
Vom Autor signierte Sonderausgabe (Erstandruck) EUR 20.- inkl. Versandkosten, Bestellen…

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Notizen eines Barfußgolfers

Pletsch, Eugen
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„Notizen eines Barfußgolfers“ ist eine für die Buchfassung überarbeitete Auswahl an Texten, die der Golfautor Eugen Pletsch in seinem renommierten Blog (cybergolf.de) zwischen 2006 und 2018 veröffentlicht hat. Kommentare zu aktuellen Golf-Themen, Szene-sezierende Glossen, Golf-philosophische Betrachtungen, praktische Tipps und stille Hinweise auf das mystische Geheimnis dieses eigenartigen Spiels, dem der Autor in seiner mittlerweile 30jährigen Wanderung (…)ZUM epubli SHOP