Remember Pete Seeger

Kürzlich entdeckte ich auf Youtube eine Dokumentation über den Folksänger Pete Seeger: The Power of Song. Der Film ist 1,23 Std. lang und es wurde ein lehrreicher Abend.

Pete Seeger! In der Story aus meiner Straßensängerzeit „Oigen: Zwischen Sternenstaub und Hühnerdreck“ schrieb ich:
„Mein Vater hatte eine Sammlung von etwa 3000 Schallplatten. Vorwiegend klassische Musik, aber nicht nur. Er hatte auch das, was er für Jazz hielt, zum Beispiel Mr. Acker Bilk. Die Aufnahme von Dave Brubeck at Carnegie Hall gefiel mir besser. Als Folk-Musik populär wurde, kaufte er auch ein paar Platten in Richtung Gospel. Odetta, das Golden Gate Quartett, die damals in Deutschland recht populär waren und ‚Pete Seeger at Carnegie Hall‘ wurden bei uns oft gespielt.
Ich entsinne mich, dass mich mein Vater zu zwei Konzerten mitnahm, die mich beide sehr beeindruckten: Das Golden Gate Quartett sahen wir – ich glaube – in Wiesbaden, und Lippmann und Rau brachte eine wilde Truppe Cajun-Musiker nach Gießen. Soweit ich das rekonstruieren kann, war es die „American Folk & Country Music“-Tournee von 1966.
Dann hörte ich Bob Dylans erste Schallplatte und mein Leben veränderte sich. Als mich Freunde zum Ostermarsch nach Frankfurt mitnahmen, wo Joan Baez sang, hatte ich bereits eine Wandergitarre auf dem Rücken. Nur spielen konnte ich nicht, woran sich in den nächsten 50 Jahren wenig ändern sollte.“

Zwar hatte ich Pete Seeger in meinem Text erwähnt, aber nicht, dass ich damals fast alle seine Songs aus dem Carnegie-Konzert auswendig konnte (später aber nie spielen sollte, weil „We shall overcome“ 1968 bei SDS-Leuten als zu defensiv angesehen wurde und deswegen als uncool galt. (Ebenso wie andere pazifistische Songs wie „Universal Soldier“ und „Where have all the Flowers gone“, die heute hochaktuell wären, die aber niemand singt, weil Pazifismus angeblich das neue RECHTS ist…)
Lange vor WOKE war Seeger ein wahrhaftiger Kämpfer für die Rassengleichheit und Freiheit aller Menschen, was mich als Jugendlichen inspirierte, aber als ich älter wurde, habe ich Seeger irgendwie ausgeblendet.
Beim Newport Folkfestival holte er Dylan auf die Bühne, den ich dann natürlich viel spannender fand.

Die nähernen Zusammenhänge der amerikanischen Folkbewegung in den 1950/60er jahren waren für mich zur damaligen Zeit so uneinsehbar wie die Rückseite des Mondes. Und später habe ich nie mehr wirklich danach gesucht.

Die Youtube-Dokumentation über Seegers Leben schildert nun genau diese Hintergründe von denen ich bis heuer keine Ahnung hatte. Dass Seeger jahrelang auf der Blacklist amerikanischer Kommunistenjäger war, ist mir vage in Erinnerung geblieben. Doch welche Konsequenzen das für den damals sehr populären Folksänger hatte, blieb mir unklar. Und wie unbestechlich er war! Weil seine Band The Weavers einen Werbevertrag mit einem Tabakkonzern abschließen wollte, verließ er die erfolgreiche Gruppe! (Weitere Details u. a. „Seeger gegen Fracking“ siehe: Rolling Stone)
Dass er sich in späten Tagen von einem Gauner wie Bill Clinton einen Orden umhängen ließ (wie Dylan von dem Drohnenmörder Obama), mag dem hohen Alter geschuldet sein, in dem er endlich die Anerkennung erhielt, die er verdient hat.
Wie Woody Guthrie war er ein glühender Patriot und Freigeist. Er blieb der Arbeiterklasse (und ihren Liedern) ein Leben lang verbunden, was die US-Obristen dazu veranlasste, ihn zu verfolgen und zu verteufeln. Zwei seiner Anti-Kriegslieder, die natürlich nie im Radio gespielt wurden, Bring Em Home and The big muddy, habe ich jetzt erst durch Youtube kennen gelernt.

An diese Songs erinnerte ich kürzlich auch die Follower der kritischen US-Website „Redacted“ anlässlich eines Beitrages, den ich interessant fand.
In Kurzform: Eine Veteranengruppe in Idaho versucht derzeit zu verhindern, dass US-Truppen ohne eine offizielle Kriegserklärung in Kriegsgebiete entsandt werden können. Das Gesetz „Defend the Guard Act“ würde die Entsendung der Nationalgarde von New Hampshire in aktive Kampfhandlungen ohne eine Kriegserklärung des Kongresses verbieten. Dies ist nur ein Zweig des Militärs, aber es unterstreicht einen entscheidenden Punkt: Die USA schicken weiterhin Truppen in den aktiven Kampf, ohne den Krieg zu erklären, und bevorzugen stattdessen „Stellvertreterkriege“, wie derzeit in der Ukraine.

Pete Seeger hätte dazu klare Worte gefunden. Ob Bob Dylan diesbezüglich irgendetwas in seinen Bart gemurmelt hat, weiß ich nicht.

Im Nachhinein fällt mir auf, dass gerade jene, die als kommunistische „Verführer der Jugend“ galten, die waren, die uns als Suchende alternativer Lebensformen in den 1970er Jahren die US-Kultur schmackhaft gemacht haben. Alternativer Brainwash sozusagen – sei es durch Beatniks, Hippies, Rockmusiker, Folksänger oder Tim Leary! Durch sie lernten wir Sprache,  Slogans, ‚freiheitliche‘ Ideen und anarchistische Songs und lagerfeuerten „This Land is your Land“ – russische Lieder habe ich von ‚US-Commies‘ nie gelernt.
Denn trotz aller Kritik am US-System waren diese Beatniks, Hippies, Rockmusiker, Folksänger, auch Tim Leary, US-Patrioten bis zum abwinken.

Vermutlich ist deshalb auch meine Generation in Deutschland US-patriotisch (bis zum Exodus eigener Energieversorgung), denn anders lässt sich die selbstzerstörerische Politik der Ampel-Regierung und insbesondere der GRÜNEN nicht erklären.

Lebt lang und in Frieden!

Ihr / Euer

Eugen Pletsch

Guthries Gitarre Foto: Wiki

Foto Pete Seeger (2006) im Text von Frank Franklin II/AP Images