Auf der Driving Range

Die Abschläge auf der Driving Range bestehen normalerweise aus Abschlagmatten verschiedener Güte. Wenn Sie jetzt vermuten, dass ich Ihnen eine längere Abhandlung über die Qualität von Abschlagmatten unter besonderer Berücksichtigung der finanziellen Lage von Golfclubs schreibe, dann haben Sie sich geschnitten. Wir unterscheiden jetzt, wo mein Whisky sich in mir verliert, nur zwei Sorten von Matten. Neue und alte. Die neuen sind gut, aber die meisten Clubs haben alte Matten.

Während der Anfänger vorzieht, von den Gummimatten mit Plastikraseneinsatz abzuschlagen, steht der fortgeschrittene Golfer lieber direkt auf der Wiese. Meist ist die Abschlagslinie durch ein Seil markiert. Jedenfalls dürfen Sie immer nur in eine Richtung abschlagen. Niemals vor oder hinter anderen Golfern stehen, auch nicht schräg versetzt. Ihre Haftpflichtversicherung wird Ihnen den Vogel zeigen, wenn Sie mit einem sockettierten Ball einen Anlageberater per Blattschuss erlegen. Es wird vor Gericht niemanden interessieren, wie viele mühselig zusammengebohrte Schwarzgeldkonten dieser Hai auf dem Gewissen hat. Da heißt es nur: zahlen.

Also bleiben Sie schön in der Reihe. Sie stellen sich mit genügend Sicherheitsabstand zu den anderen Verrückten in eine Reihe auf und schlagen Ihre Bälle auf die Wiese, die dann irgendwann von einer armen, unterbezahlten Kreatur mit einem speziellen Fahrzeug aufgesammelt werden. Es ist nicht gestattet, sich diese Bälle wieder von der Wiese einzusammeln. Es ist nicht gestattet, die Bälle zu klauen und/oder auf dem Platz zu verwenden. Diese Driving-Range-Bälle gehören dem Pro oder dem Club und dienen nur Ihrem Training.

Wenn Ihnen so ein Rangeball auf dem Parkplatz aus dem Bag kullert, während der Herr Präsident im Nachbarauto verzweifelt mit der Zentralverriegelung kämpft, dann ist das peinlich! Klar?

Es gibt ein paar überdachte Abschläge, damit der Golflehrer seine goldenen Kühe auch im Regen melken kann. Clubs, die auf sich halten, haben in diesen Abschlägen einen Spiegel befestigt. Darin können Sie Ihre Haltung und Ihren Stand überprüfen. Da Sie kaum Ihren Schwung beobachten können, während Sie Ihre Birne gefälligst nach unten halten, ist der Spiegel nur beschränkt einsatzfähig. Heutzutage steht Ihr Schwung im Fokus eines Videogerätes. Eine ordentliche Golfschwunganalyse durch einen erfahrenen Fachmann spart Ihnen viel Zeit und Geld, sofern Sie ernsthaft an der Entwicklung Ihres Golfschwungs interessiert sind. Und: Gibt es etwas Schöneres als den Zeitlupencrash von 18 Kilo Versicherungsvertreterbauchfleisch im Treffmoment? New Yorker Ästheten nennen das Grunge- oder Trash Vids

Wir stellen uns natürlich nicht am Samstag in der Sonnenglut zwischen die schwitzenden Deppen und kloppen Bälle. Solche Exzesse betrachten wir gelangweilt von der Clubhausterrasse. Beobachten Sie die verschiedenen Spieler auf der Driving Range. Lassen Sie sich aber nicht von denen beeindrucken, die laut schnaubend Unmassen von Bällen wegdonnern. Beobachten Sie die Flugbahnen, die diese Prügelknaben erzeugen. Wie sie schwitzen und schimpfen und immer hastiger werden.
Auch wenn die moderne Golfpsychologie nur auf der Positivprägung des Unterbewusstseins aufbaut, sehen wir hier deutlich, was wir nicht wollen. Beobachten Sie gute Spieler. Die erkennen Sie daran, dass sie langsam arbeiten, sich an Zielen orientieren und ihr Schwung Rhythmus hat.

Auszug aus: Der Weg der weißen Kugel,
(c) by Eugen Pletsch, 2005

Beschreibung

Der »Weg der wei­ßen Ku­gel« ent­larvt die schein­bar hei­le Welt der Gol­fer. Au­gen­zwin­kernd zeich­net Eu­gen Pletsch ein tref­fen­des Bild der Golf-Ge­sell­schaft. Sa­ti­risch, iro­nisch und bis­wei­len sur­rea­lis­tisch weist er den Weg zum mys­ti­schen Ge­heim­nis des Golf­sports. End­lich kön­nen auch Nicht­gol­fer mit­re­den, und Ein­stei­ger er­fah­ren, wor­auf es beim Golf wirk­lich an­kommt.

Aschenputtels Traum-Tag

Am Abend nach dem Turnier: Zur Gala hüllen sich die Damen in schimmernde Roben. Zeitlose Schönheit wohin man schaut – wobei manche mehr zeitlos als schön – aber immer schön bunt. Und in der Herrengarderobe? Mancher alte Haudegen, der den Ball nur noch per Saugnapf aus dem Loch klauben kann, rückt das Bruchband zurecht und hofft, bei einer verwitweten Golfgottes-Anbeterin Eindruck schinden zu können…

Leider hat sich das Golfspiel noch nicht in allen Schichten unseres Volkes etablieren können. Da war zum Beispiel jene hübsche, junge Dame – nennen wir sie Anneliese – die davon träumte, einmal diesen feinen Kreisen der etablierten Golf-Gesellschaft anzugehören. Da saß sie nun in ihrer kärglichen Kammer über den Dächern von Köln, blätterte in Gesellschaftsmagazinen und überlegte, wie es wäre, einmal dabei sein zu dürfen, um endlich ihrem Märchenprinzen zu begegnen.

Wie es das Schicksal so will, klingelte der Postbote und brachte Anneliese die Nachricht, dass sie beim Preisausschreiben eines Kreuzworträtselheftes den 1. Preis gewonnen hätte: Ein Wochenende in einem Golfclub mit Teilnahme an einem Charity-Event mit Gala! Ist das denn zu glauben?

Ihr Herz klopfte, denn das ist ein Moment im Leben, den man mit Geld nicht kaufen kann. Selbst jenen gesellschaftlichen Randgruppen, die gemeinhin als die „Schönen, Reichen und Erfolgreichen“ diskriminiert werden, bleibt häufig die Anerkennung verwehrt, in der sich die wirklich Prominenten sonnen dürfen. Man hat vielleicht das Geld, aber nicht den Namen und auf keinen Fall das Gesicht, das den problemlosen Einlass in die funkelnde Welt von Ruhm, Ruin und Gesellschaftsnachrichten gewährt.
Geld ist nicht alles und VIP-Status können sich nur wenige kaufen, aber ein korrekt ausgefülltes Kreuzworträtsel, ordentlich frankiert und eingeschickt an eine Zeitschrift, die zufällig einer Verlagsgruppe gehört, die Golfturniere veranstaltet, katapultierte Anneliese plötzlich dorthin, wo die Filmschaffenden, Buffet-Hausierer und Abschreibungsakrobaten die Korken knallen lassen: zum Gala-Diner eines Charity-Golfturniers!
Doch dann begannen die Sorgen: Welcher Dresscode? Wie sollte sich Anneliese kleiden? Sportlich oder Abend? Zum Glück hatte der Veranstalter in der Einladung auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass ein Golfturnier aus zwei Teilen besteht: dem sportlichen und dem gesellschaftlichen Part. Diese modische Zweiteilung angemessen zu bewältigen, beschäftigte Anneliese für Wochen.

Die Golferin Cartoon: Peter Ruge

Dann kam der große Tag: An der grimmigen Security vorbei stolpert Anneliese auf ihren High-Heels hinein in den Kreis prominenter Künstler, Sportler und Freibeuter der Wirtschaftsmeere. Der erste Eindruck ist der Wichtigste, also lächelte sie bescheiden, während man ihr am Handgelenk ein kleines Plastikbändchen befestigte. Für dieses VIP-Bändchen am Handgelenk würden manche Frauen morden. Dann erklärte ihr die nette Hostess, was ein Grün ist und dass sie dort keine hohen Schuhe tragen darf. Ach richtig – GOLF! Den Gedanken, dass Golf gespielt wird, hatte Anneliese längere Zeit erfolgreich verdrängt, bis sie mich im letzten Moment anrief. In einem knapp dreiminütigen Telefonat konnte ich sie davon überzeugen, dass Golf ganz einfach ist!
„Du musst nur Folgendes beachten: In der Tasche, die man dir gibt, (Bag genannt), sind mehrere Golfschläger. Du nimmst aber nur den Schläger, bei dem im Metallkopf (da wo es hart ist und glänzt) eine 8 eingraviert ist. Dann nimmst du einen Golfball, drückst damit einen dieser Holz-Zahnstocher (Tee genannt) in die Erde und da legst du den Ball drauf. Dann stellst du dich vor den Ball, greifst den Schläger an seinem Gummigriff und schwingst so durch den Ball, als wolltest du ein Gänseblümchen köpfen. Das war’s schon.  Wenn der Ball noch auf dem Stift liegt, schlägst du nochmal nach ihm. Wenn er weghoppelt ist das OK und wenn er tatsächlich ein bisschen fliegt, dann wäre das phantastisch. (Ich kenne Leute, die Jahre darauf warten!)
Die anderen in deiner Gruppe werden dir zeigen, wo es lang geht. Irgendwann kommt ihr an eine sehr kurz gemähte Fläche, wo deine Mitspieler endlos rumkriechen. In das kleine Loch, in dem eine Stange mit einer Fahne steckt, muss der Ball rein. Wenn dein Ball kurz vor dem „Grün“ liegt, schnickst du den Ball einfach ins Loch und wenn er doch etwas vorbei läuft, dann fragst du einen Mitspieler, welchen Schläger aus Deiner Tasche man „Putter“ nennt. Mit dem schubst du den Ball ins Loch. Fertig. Das war‘s schon.
Deshalb ist Golf so einfach, dass es selbst alte Leute noch spielen können!
Bleib‘ einfach immer nur da, wo das Gras kurz gemäht ist, dann kannst du nichts falsch machen. Und selbst wenn du dich saudumm anstellst, wird sich ein bekannter Sportler oder ein Prominenten-Zahnarzt um dich kümmern. Die finden das dann ganz charmant, weil du so jung und hübsch und hilflos bist. Dazu noch einen Tipp: Wenn der Typ fünf Schläge oder weniger für die Bahn gebraucht hat, dann vergiss ihn, denn er hat bereits eine Braut: sein Handicap. Wenn der Mitspieler jedoch große, braune Augen hat, gut aussieht und mehr Schläge brauchte als du, dann ist er nur für den guten Zweck hier, also: Keine Golfsucht, vermutlich ledig und Geld wie Heu. Das ist er! Bei dem kannst Du zuschlagen!“

Und so war es dann auch. Mit einem Abpraller an einem Baum auf der 17. Bahn traf Anneliese den Mann ihrer Träume mitten ins Glück und Wochen später, nachdem er (Georg 42, Autohändler mit eigener Lackiererei in Osteuropa,) wieder laufen konnte, beschlossen beide, ernsthaft mit dem Golfspiel zu beginnen.

Sie fuhren gemeinsam zur einer Golfmesse, durchforsteten die Angebote von 250 Ausstellern und lauschten einer Experten-Diskussion. Dabei erfuhren sie, dass Golf jung, modern und ganz anders ist, als man denkt.

Stunden später verstauten sie ihre erste Golfausrüstung in einem Luxus-Automobil, das sie zu den Besucherparkplätzen zurückfahren sollte.
Obwohl Anneliese nur eine kleine Damenpistole besaß, war der Fahrer (Student) gerne bereit einen kleinen Umweg Richtung Kaarst zu machen, wo sie den jungen Mann aussteigen ließen, nachdem er noch höflich um seine warme Jacke gebeten hatte, weil er es an den Nieren habe. Seitdem wurden Anneliese, Georg und der Luxus-Schlitten nicht mehr gesehen.

Anneliese und Georg freuten sich auf ein herrliches Golfer-Leben. Alles würde sich ändern, aber zuerst war die Farbe des Wagens dran.

(c) Eugen Pletsch

Der große Golfballtest: Wie schmecken Golfbälle?

Golfbälle sind ein Multimillionengeschäft. Kaufe nur Aktien von Golfschlägerherstellern, die auch Golfbälle anbieten, lautet die Faustregel, wobei die Insiderfaustregel eigentlich lautet: Kaufe nie Golf-Aktien! Aber das ist ein anderes Thema…

Heute wollen wir uns den Golfbällen zuwenden. Susanne L. aus Uslar fragte kürzlich: Kann man Golfbälle am Geschmack unterscheiden?

Meine Antwort: Probiere es! Der Geschmackssinn des Menschen ist phänomenal und nach einer gewissen Übung sollte es Dir möglich sein, zumindest die bekannten Golfballmarken am Geschmack zu unterscheiden.

Viele ehemalige Daumenlutscher sind in der Phase des Erwachsenwerdens oder während einer Therapie auf den Golfball ausgewichen und haben festgestellt, dass Golfbälle durchaus verschieden schmecken. Golfball-Lutscher erkennt man auf der Clubhausterrasse an den dicken Backen. Davon gibt es viele, aber nur wenige Geschmacksexperten können den Unterschied zwischen einem Pro V1 und einem Pro V1* herausschmecken.

Dass im Golfpark Winnerod die Roughs gemäht werden, darauf warte ich das ganze Jahr. Ich laufe dann hinter dem Mähbalken her und sammle meinen Jahresbedarf an Bällen. Manche Bälle sind ziemlich verschmutzt, weil sie schon länger in der Erde liegen. Da ich kein Ferkel bin, das sich dreckige Bälle ins Bag steckt, lecke ich die Bälle fein sauber ab und habe dabei festgestellt, dass die Bodenlage den Geschmack der Ballmarke eindeutig überlagert.

So schmecken zum Beispiel Bälle, die im nassen Laub links an der ersten Bahn liegen, anders, als Bälle, die an der 7. Bahn des Kurzplatzes im tiefen Rough unter den Brombeerhecken liegen. Die haben eindeutig einen feinen Waldbeergeschmack.

Ich habe jetzt Bälle von einigen Clubs gesammelt und auch der Laie kann beim ersten Lecken schmecken, dass ein Ball aus sandigen Böden  anders schmeckt, als ein Ball vom Golfclub Biblis, der eindeutig nach Becarel duftet (Bälle mit Strahlenwerten von durchschnittlich 1.000 Becarel (gesundheitlich unbedenklicher Grenzwert: 600 Becarel) sind von vornherein auszusortieren).

Als ich vor Jahren hoffte, bei „Wetten dass“ auftreten zu können, war ich in der Lage, den guten alten Titleist Balata Tour 100 von einem Slezenger unterscheiden. Ich hatte wirklich intensiv daran gearbeitet, meinen Geschmack zu sensibilisieren. Ursprünglich wollte ich wetten, dass ich aus 10 Golfballmarken 3 Bälle am Geschmack erkenne, fand die Wette dann aber doch ziemlich langweilig.

Dann wollte ich wetten, dass ich 5 Bälle aus 20 Golfclubs eindeutig am Geschmack identifizieren kann. Das soll mir mal einer nachmachen! Na gut – zugegeben – ich kann es noch nicht wirklich, aber ich übe immernoch. Selbst wenn es Wetten dass nicht mehr gibt, ist das eine sportliche, aber auch kulinarische Herausforderung, der ich mich stellen möchte.


Eugen beim Golfball schlucken

Zuvor will ich aber noch ins Guinnessbuch der Rekorde und zwar mit Golfball schlucken. Ich denke mir, wenn eine von diesen billigen, hirnlosen Plastikröhren mit rotem Ring 20 Golfbälle schluckt, wie viele kann dann erst ein Mensch schlucken, der als Geistträger und Krone der Schöpfung den Höhepunkt der Evolution darstellt!

Ich übe mit dicken Backen und wenn mich jemand in den nächsten Wochen anruft und mich nicht gleich erreicht, hängt das damit zusammen, dass ich im Trainingslager bin, von dem ich Euch/ Ihnen ein Bildchen schicke (Bisher kann ich maximal sieben Bälle schlucken, muss dazu aber noch mit Atemgerät arbeiten…).

So, das war`s für heute. Jemand hat einen Karton mit 40 Jahre alten Moorbällen aus den Highlands geschickt, an denen werde ich mich jetzt besoffen lutschen …

(c) by Eugen Pletsch