Die Aufzucht und Pflege von Club-Prominenten

Obwohl angeblich d i e Boom-Sportart, verabschieden sich immer mehr Mitglieder vom exklusiven Ambiente ihrer Golfclubs, um fürderhin das Vagabundenleben eines vogelfreien Graugolfers zu führen.

Diese Entwicklung lässt sich nicht nur mit den Entlassungswellen bei den deutschen Großbanken und Automobilkonzernen erklären, auch die Harz IV-Liga des Golfsports meldet rückläufige Zahlen. Hektische Versuche, den Luxusartikel Golfplatz in einer Allianz mit Massenartiklern zu verramschen, scheiterten im Ansatz.

Langfristiges, strategisches Marketing ist gefragt, weshalb sich mancher Stratege aus dem Clubvorstand auf das stets bewährte Hausmittel besinnt: den Clubprominenten! Problem dabei: Prominente wachsen nicht auf Bäumen und sind nicht in beliebiger Menge verfügbar. „Echte Prominente“ sind rar, weshalb Aufzucht und Pflege eines oder einer „Promi“, wie sie liebevoll genannt werden, nicht dem Zufall und schon gar nicht dem Greenkeeper überlassen werden sollte. 

Welcher Junggolfer es mit einer bissigen Mischung von Alpha-Genen und schlechter Erziehung zu einer extrovertierten Karriere bringen wird, erkennt zuerst der Jugendwart, der sich sein Schienbein reibt. Bisher galt aggressives und hypermotorisches Verhalten in der Jugendgruppe noch als ADS-Syndrom. Jetzt lässt es den Promi-Scout im Club aufhorchen. Jugendliche, die bisher als wohlstandsverwahrlost oder Lehrerkind abgehakt wurden, erhalten ein spezielles Coaching (eigener PR-Berater, Stylist, Analytiker), denn kleine Ekel können schnell große Ekel werden, womit eine internationale Karriere als Künstler, Sportler oder Banker sehr wahrscheinlich wird. 

Die Jugendarbeit ist also der Grundstein der Prominentengewinnung, denn solche Leute braucht ein Golfclub, wenn er sich den Nimbus von Grandezza schaffen möchte, der die sogenannte „Promi-Corona“ anzieht: Winkeladvokaten, kreative Steuerberater, Zahnärzte und Finanzdienstleister, die dafür sorgen, dass der Club nicht auf jene Erdnüsse angewiesen ist, die sich prominentenarme Vereine mühselig via Greenfee zusammenkratzen müssen.

Zweiter Effekt: Promis und ihre Corona ziehen wiederum jede Menge hübsches Weibsvolk an, das sich alle Mühe gibt, langfristige Absicherungsstrategien umzusetzen, bevor die Sommerfarben des Lebens zu blättern beginnen. Es kann aber auch bisweilen vorkommen, dass sich ein alternder Prominenter, sozusagen ein kapitaler Keiler, in den Club verläuft und darauf muss man vorbereitet sein. Golfnarrische Megastars wie Michael Douglas, Michael Jordan oder Kevin Costner werden eher weniger als Mitglieder für unsere gerade auf 18 Loch ausgebaute Weide mit Biotop in Frage kommen.

Deutsche „Stars“, die wir laut SPIEGEL gar nicht haben, sind meist im Raum Kitzbühl versorgt oder golfen in Bad Griesbach zu Konditionen, von denen ein Graugolfer nur träumen kann. Aber ein Zweitligist auf der Prominentenskala, so berühmt er mal war, dürfte froh sein, wenn er die Trunksucht wieder in den Griff bekommt, indem er sich die Zeit bis zum nächsten Engagement mit sinnlosem Tun in Ihrem Club vertreibt. Diese Leute kann man buchen!

Was braucht so ein „Prominenter“, wenn man ihn denn angelockt hat? Die Fütterung geschieht durch einen Mehrstufenplan, den seine Agentur ausgearbeitet hat. Ihr Küchenchef sollte sich Mühe geben, denn ein Promi wird bei falscher Fütterung schnell bissig. Soviel zur Küche. Sonst braucht der Promi nicht viel. Die Suite haben Sie mit dem Clubkameraden geregelt, der das einzige bewohnbare Hotel vor Ort besitzt.

Golfausrüstung bringen die Prominenten mit. Das ist ihr tägliches Arbeitsbesteck und Prominente spielen oft gutes Golf. Golfartikel-Hersteller berichten fasziniert, mit welcher Chuzpe bisweilen angerufen wird, um neuste Golf-Utensilien anzufordern. 
Ob der Herr Ex-Weltmeister nächste Woche in Berlin abschlägt oder ein Tingel-Tangel-Kasper aus dem bunten Blätterwald ein Turnier-Bag mit goldenen Beschlägen sucht – da wird eher gefordert denn bestellt und nur zu selten bezahlt. Warum auch, denn ist es nicht eine tolle Werbung für den Hersteller, wenn sich ein Prominenter mit blondiertem Frischefaktor im Arm vor die Fotolinse unserer Heißluftgazetten schiebt, um lächelnd für den guten Zweck zu werben?

Eine Ehrenmitgliedschaft im Club wäre dann das Mindeste, was der Lebenskünstler nach einem erfolgreichen Gastspiel in der Provinz erwartet. Erweiterte PR-trächtige Bindungsstrategien erzielt man, wenn die ledige Clubschönheit, sofern unter 60 und Industriellen-Erbin, die Flexibilität besitzt, einem „Promi“ das dauerhafte Gefühl von Geborgenheit und unerschöpflichem Reichtum zu vermitteln. Dafür gibt er dann auch gerne den „Präsidenten“ und der Club wäre gerettet.

(c) by Eugen Pletsch 2010

Innovationsbereitschaft

Es gibt Golfgerätschaften, die sind tabu. Saugnäpfe am Putter-Griff sind eine Stilfrage über die sich wirklich nur die Clubältesten hinwegsetzen dürfen.
Und eine Ball-Angel? Kommt darauf an, wo. Man schämt sich für Mitspieler, aus deren Bag eine Ball-Angel hervorragt – aber nur bis zu dem Moment, in dem man sie selber braucht. Hauben für die Eisen, da besteht allgemeiner Konsens, sind einfach nur peinlich. Das waren – zumindest einst – die ungeschriebene Gesetze des Golfsports. Doch mit der Vergolfballisierung unserer Gesellschaft hat sich viel verändert. Ein erwachsener Mann in Amt und Würden wäre noch wenigen Jahren niemals auf die Idee gekommen, in der peinlichsten, würdelosesten Form golferischer Nichtmode anzutreten, indem er in dreiviertellangen Cargo-Hosen am Abschlag erscheint.

Cartoon: Peter Ruge

Bei jungen Burschen mit kräftigen Waden, die im Hochsommer etwas Luft an die überhitzen Eier lassen wollen, mag das noch angehen. Einem jungen Tölpel wird manche Entgleisung verziehen, aber einem Gentleman?
Muss ein ausgewachsener Landarzt oder ehemaliger Bankräuber aus dem Vorstand seiner neuen Armut mit angeknabberten Huckleberry-Finn-Hosen Ausdruck verleihen? Vermutlich mag ich Wintergolf deshalb so sehr, weil dann niemand auf die Idee kommt, in Dreiviertel-Kargohosen zu spielen um sich dabei auch noch stylish zu fühlen.

Aber wie gesagt, die Welt ändert sich. Innovationen überschwemmen uns und bisweilen erlag auch ich der einen oder anderen Versuchung, der ich mich nicht entziehen konnte.
Natürlich hatte ich niemals einen Saugnapf am Putter-Griff, aber einen kleinen spinnenförmigen Greifer, der den gleichen Zweck erfüllte, bevor er wieder brav im Griff verschwand. Der machte an rückenlahmen Tagen durchaus Sinn. Als mir eines Tages geschmiedete Blade-Eisen (natürlich ohne Hauben) geliefert wurden, ließ ich die Luftpolsterverpackungen einfach mal drauf, damit sie nicht so schnell verkratzen. Für mein neues Wedge hatte ich damals eine alte Socke farblich passend umhäkelt…

Doch dann, als mir ein moderner ‚Niblick‘ als Demoschläger zur Verfügung gestellt wurde, brachen die Dämme und ich bin über alle Schatten der Vergangenheit gesprungen. Schnell erkannte ich: Das ist kein Chipper, auch wenn er so aussieht, sondern ein geballtes Stück Innovation, mit dem man eigentlich fast jeden Schlag innerhalb von hundert Metern machen kann und zwar absolut zielgenau! Niemals zuvor habe ich so häufig von außen ins Winterloch reinchippen können. Ich war begeistert: 43 Grad Loft, so kurz wie ein Putter, aber wie gesagt: Kein Chipper, sondern geballte Innovation!

Für einen Golfer ist Flexibilität und Innovationsbereitschaft so wichtig, wie für einen Politiker, der seine Meinung gemäß aktueller Umfragen wechseln kann. Das geht bei mir mittlerweile soweit, dass ich bereit bin mit der Mode zu gehen. Vielleicht versuche es im Frühjahr mit einer Dreiviertel-Kargohose, denn schließlich sind Vorurteile schlimmer als jede Geschmacklosigkeit. Tausende Pensionäre können doch nicht irren, oder?

 © by Eugen Pletsch 2006

Ladies Day!

Seit Maria Stuart von Schottland selbst zum Schläger griff, zeugen viele Beispiele von den besonderen Fähigkeiten der Damen im Golfsport.

Golf ist für viele Frauen eine wunderbare Gelegenheit, dem männlichen Geschlecht zu zeigen, dass es nicht um Kraft geht, sondern um Geschicklichkeit, Köpfchen und mentale Stärke. Frauen spielen meist sehr elegant, und mit einem Minimum an Krafteinsatz erzielen sie ein Maximum an Schlägen. Dabei entdecken sie auch die kommunikativen und modischen Freuden dieses Spiels. Golf kann so schön sein, wenn sich frau auf der Runde sechs Stunden lang ungestört unterhalten darf. Ich hatte einige Male den Vorzug, hinter einem Ladies-Day-Turnier spielen zu dürfen, und war fasziniert, wie die Damen selbst schwierigste Lagen immer wieder gemeistert haben. Wenn nicht beim ersten, dann beim nächsten oder übernächsten Schlag. Alles kann, nichts muss, lautet das Credo dieser weiblichen Swinger-Nachmittage. In dem Zusammenhang stelle ich mir oft die Frage, warum sich Frauen immer noch den absurden Golfregeln einer Männergesellschaft unterwerfen? Regeln braucht man vielleicht beim Fußball, beim Golf sind sie vollkommen unsinnig. Warum, zum Beispiel, wird ein Schlag gezählt, wenn der Ball gar nicht getroffen wurde? Viele Frauen machen gerne mal einen Luftschlag. In dieser Bewegung liegt viel Anmut und Ästhetik. Und warum gelten Bälle als verloren, nur weil sie nicht da sind, wo sie sein müssten? Nach Jahrhunderten patriarchalischer Unterdrückung sollte sich eine moderne Frau keinen Strafschlag anrechnen lassen, nur weil ein Ball nicht zu finden ist. Da gilt es, sich vom herrschaftlichen Diktat zu lösen. Ganze Völkergruppen, besonders aus dem asiatischen und romanischen Kulturraum, haben diesen emanzipatorischen Schritt längst vollzogen, lassen kleinkrämerische Erbsenzählerei hinter sich und notieren nur noch die gelungenen Schläge.

Ich plädiere auch für die Abschaffung des Damen-Abschlags, diesem traurigen Relikt einer diskriminierenden Männergesellschaft. Frauen brauchen keinen Damenabschlag, zumal sie beim Golfen erhebliche Vorteile haben: Weniger ausgeprägte Muskeln sorgen dafür, dass eine Frau mehr schwingt und weniger Kraft einsetzt. Da Frauen meist kleiner als Männer sind, können sie besser unter hängenden Ästen herausspielen. Zwar fehlt ihnen etwas Beschleunigungsweg, folglich haben sie auch eine geringere Schlägerkopfgeschwindigkeit, aber dafür fliegt der Ball auch nicht so weit ins Aus. Weniger Kraft in den Unterarmen sorgt dafür, dass frau in schwierigen Lagen den Kopf benutzt, bevor sie zuschlägt.

Cartoon: Peter Ruge

Eine Golflehrerin meinte, dass große Brüste beim richtigen Schwingen behindern, was ein Nachteil wäre: »Die Drehbewegung und der Hub der Arme können hierdurch beeinträchtigt werden und zu Problemen führen, den Golfschwung technisch korrekt auszuführen.« Dazu muss ich sagen: Für uns Männer ist das noch schwieriger! Meine Umfrage unter Golfern ergab, dass 90 % aller Männer nicht mehr in der Lage sind, den Golfschwung technisch korrekt auszuführen, wenn sie Frauen mit großen Brüsten sehen. Deshalb: Weg mit dem Damenabschlag! Logisch, oder?

Übrigens, meine Herren, auf ein Wort: Manche Machos und Alpha-Tierchen unter uns meinen immer noch, hinter einem Damen-Vierer drängeln zu müssen. Ich kann Sie nur bitten, Gentlemen zu bleiben oder endlich zu werden! Es gehört zur Etikette, oder ist zumindest internationale Gepflogenheit, dass sich ein Damen-Flight nicht dann weiterbewegt, wenn alle geschlagen haben, sondern erst dann, wenn der Satz beendet wurde, den eine Spielerin eigentlich noch sagen wollte, bevor sie durch den Schlag ihrer Mitspielerin unterbrochen wurde. Sonst kann frau sich ja überhaupt nicht mehr unterhalten!

Manche Männer bezeichnen eine Damenrunde als »Krötenwanderung« und sind der Ansicht, dass »die Weiber auf dem Platz überhaupt nichts zu suchen haben«.

Aber, aber, meine Herren! Ist das der Ton, den Gentlemen anschlagen? Ich würde eine Dame niemals als vollkommen desorientierte, trainingsfaule und arrogante Ziege bezeichnen, nur weil sie – aus männlicher Sicht – nie trainiert, traumatisch langsam spielt und sich weigert, durchspielen zu lassen. Warum auch?

Zeit ist etwas sehr Relatives – und wir wissen alle, welche der Damen um den Sport bemüht sind und welche Spielpartnerinnen vom Engel der Finsternis gesalbt wurden, um das Fairway, samten glänzend im goldenen Licht der Abendsonne, zu einem verdammten Jammertal werden zu lassen.

Als Kavalier alter Schule darf ich Ihnen, meine Damen, doch einen Rat geben: Wenn Ihr Mann mitspielt und Sie dessen ewige Besserwisserei nicht mehr ertragen können, dann nehmen Sie das Sandeisen, denn es hat die meiste Masse … und dann heißt es: durchschwingen!

Auszug aus: Der Weg der weißen Kugel