Erstellt: 21. Juni 2019
Aus unserer Serie „Oldies but Goodies“ heute: Ein kleines Telefonhörspiel aus der Zeit als ich einem bekannten Golfprofessional (OH) noch regelmäßig mit meinen Anrufen auf die Nüsse ging…
„Tut Tuut“„Tut Tuut“
Pro: Ja bitte?
EP: „Hi, ich bin´s…“
Pro: unterdrückter Seufzer: Oh, prima, na, was kann ich für Dich tun?
EP: Och, wollte mich nur mal melden …
Pro: Das ist nett. Es war schön mit Dir zu reden…
EP: Hey!
Pro: Ja?
EP: Ich bin jetzt endlich erleuchtet!
Pro: (Pause, dann atmet er wieder): Gute Nachricht! Großartig! Also – es war schön mit Dir zu reden…
EP: Nein, ich meine es Ernst!
Pro: Na prima, endlich. Und seit wann bist du …äh … erleuchtet?
EP: Es fing an, als mir das Eisen 5 auf den nackten Zeh knallte. Das war eine sehr intensive Erfahrung und ich spürte, dass jetzt etwas passieren wird. In der ZEN- Literatur ist das exakt so beschrieben: Es gibt Vorzeichen der Erleuchtung …
Pro: (plötzlich interessiert) Und was passierte dann?
EP: Dann trank ich den Wodka, den ich bei einem Turnier gewonnen hatte. Ich wachte nachts auf, musste kotzen, wurde auf dem Weg zum Klo ohnmächtig, schlug mit dem Kopf an den Schrank und die nächsten Tage war ich vollkommen platt.
Pro: Vom Wodka?
EP: Nein, vom Orangensaft im Wodka. Meine Bioresonanz-Expertin meint, da wäre ein Schimmelpilz drin gewesen …. und weil mein Magenmeridian durch die Verletzung am 2. Zeh ohnehin schon geschwächt war…
Pro: …wurdest Du erleuchtet!
EP: Nein, nicht deswegen. In den folgenden Tagen machte ich eine sehr schwere Zeit durch, so, wie es auch von Eckart Tolle erzählt wird. Ich hatte dermaßen die Scheißerei – schlimm! Nach drei Tagen war ich vollkommen leer, wie Buddha, und dann ERWACHTE ich und merkte, dass ich erleuchtet bin.
Pro: (langsam genervt) Ach ja? Und woran merktest du das?
EP: Schwer zu sagen. Diese selige Leichtigkeit in mir. Dieses Nichtverlangen, zum Beispiel nach Wodka. Und dann natürlich die Allwissenheit.
Pro: Du bist jetzt allwissend?
EP: Tja, scheint so. Kann es selber kaum glauben.
Pro: Ich glaub´ es nicht!
EP: Kannst Du ja testen.
Pro: Wie?
EP: Na, frag mich irgendwas.
Pro: Wie viele Stunden war ich heute auf der Driving Range?
EP: Keine.
Pro: Stimmt. Na gut, das war einfach. (blättert nebenher) Aber: wie heißt der erste Satz im dritten Absatz des Buches Jenseits der Scores?
EP: Du meinst auf Seite auf Seite 57? „Der Weg des Meisters erfordert Offenheit um die eigenen Grenzen zu überschreiten, und den Mut, Misserfolge zu riskieren“. Meinst Du das?
Pro: (erstaunt) Tatsächlich! Na gut – jetzt: Ken Wilber „Ganzheitlich handeln“ Seite 91 letzter Satz…
EP: „Tiefe Spiritualität beinhaltet eine weite Wissenschaft von den höheren Ebenen menschlicher Entwicklung.“
Pro: Hmpffff (sprachlos).
EP: Also los: Frag mich mal was richtig Schweres!
Pro: OK, OK, mir fällt schon noch was ein… denkt … Also: Ein Mann, 42 Jahre, war 7 Jahre bei der Telekom und wurde dann zu T-Systems strafversetzt. Er sitzt mit seinem fünfjährigen Sohn und seiner Frau, (die eine Schwester in Dortmund hat,) in einem Intercity-Express nach Berlin. Auf der Gegenstrecke bewegt sich ein Güterzug mit halber Geschwindigkeit Richtung Kassel. Dieser Mann, 42 Jahre, mit einem Muttermal am Kinn, steht beim Golfschwung leicht gebeugt, zuckelt von Bein zu Bein, hat eine hohe Anspannung, fasst den Schläger zu fest, holt viel zu schnell aus, kreuzt, dreht sich aber im Durchschwung kaum, verschiebt seine Mittelachse enorm und hat kein Finish. Wie ist sein Ballflug und wann erreicht der Intercity Berlin?
EP: Ballflug kerzengerade und Ankunft 13 Uhr 08!
Pro: Stimmt. Sagenhaft. Diese Pfeife hat gestern jeden Ball kerzengerade getroffen. Ich fragte ihn, warum er zu mir kommt …
EP: … und er sagte, er könne immer nur gerade aus spielen, aber seine Kumpels können auch rechts und links rum und er möchte lernen, wie man einen Slice spielt. Außerdem, sagte er, seine Frau wollte mal einen Tag in Berlin rumbummeln und sein Sohn die Eisbären sehen.
Pro: Donnerwetter. Genau das waren seine Worte.
EP: Tja, ich kann es nicht ändern. Bin halt erleuchtet. Noch ´ne Frage?
Pro: Noch eine: Wer ist der beste Golflehrer der Welt?
EP: ……….
Pro: Na?
EP: ……….
Pro: Was ist los? Keine Antwort?
EP: Das ist das Schweigen der Buddhas. Es gibt Fragen, die werden mit Schweigen beantwortet. Steht alles in meinem ZEN-Buch.
Pro: Tja, das kann sein. Dabei hätte mich gerade diese Antwort interessiert.
EP: Du musst die Antwort in DIR finden.
Pro: Ja, danke für den Hinweis. Und was hast du jetzt vor?
EP: Da denk ich nicht dran. Lebe ja total im JETZT.
Pro: Klar, hatte ich vergessen. Und … äh … wie ist es so, wenn man erleuchtet ist.
EP: Nicht schlecht. Lässt sich mit Leben … tja … also … wollte es dir nur mal erzählt haben.
Pro: Das ist nett. Es war schön mit dir zu reden…
EP: Man sieht sich …
Pro: Klar und erleuchtet …
EP: HA! Guter Zen-Witz. Klar und erleuchtet! Bis denne … ich segne dich, mein Sohn
Pro: Danke. Tschüss.
„Tut Tuut“.
Pros Frau: Wer war das? Wieder dieser Spinner? Wir hatten wegen dem doch extra die Telefonnummer gewechselt.
Pro: Ja, schon wieder dieser Spinner … (murmelt): Aber woher hat er die neue Nummer?
© by Eugen Pletsch, 2008 Aus: Notizen eines Barfußgolfers