Die Werkstattgeburt

Eine Weihnachtsgeschichte

Josek hatte sich geweigert, für eine der Bürgerkriegsparteien zu kämpfen und musste aus seiner Heimat fliehen. Freunde halfen ihm bei der Flucht. Nach langen, harten Wegen erreichte er Deutschland. Marthe blieb zurück. Josek betete, dass Marthe würde nachkommen können. Ohne Papiere war es schwer, Arbeit zu finden, aber als gelernter Zimmermann konnte er in einer illegalen Leiharbeiterkolonne auf dem Hochgerüst malochen. Er hauste mit sechzehn Kollegen in einem Container, der höchstens acht Leuten Platz bot. Josek sollte vier Euro die Stunde bekommen. Den Rest bekam der Vermittler. Aber am ersten Zahltag wurde ihm noch mal die Hälfte seines Lohns für die Unterkunft abgezogen. Nach einer Razzia musste er verschwinden. Endlose Stunden lief er aus der Stadt. Er wollte nur weg von diesem schmutzigen, lauten Ort. Irgendwann in der Nacht versteckte er sich in einem Schuppen und schlief ein.

Als er am nächsten Morgen vor die Tür trat, war alles so schön und grün, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Das sei ein Golfplatz, sagte ihm ein Mann, dem er begegnete. Dieser Mann, Besnik, war aus dem Kosovo geflohen. Sie konnten sich verständigen.

Besnik redete mit dem Clubmanager. Josek durfte im Schuppen schlafen und helfen. Er sammelte Bälle, flickte Zäune, grub Löcher. Er war fleißig. Der Manager war zufrieden. Nur durch diese Besniks und Joseks konnte er den Betrieb aufrechterhalten. Auch Josek war zufrieden. Er lernte deutsch. Aber er durfte keinen Kontakt mit den Mitgliedern und Gästen haben.

»Nur grüßen«, sagte der Manager. »Nix reden – du arbeiten!«

Josek verstand. So hatte er seinen Platz gefunden. Manchmal beobachtete er die Golfer aus seinem Versteck unter dem Schuppendach, von dem aus er über den Platz schauen konnte. Was waren das nur für Leute? Was taten sie? Und weshalb schauten sie oft so unglücklich aus?

Im Herbst musste der Clubmanager die meisten seiner Arbeiter wegschicken. Manche konnten sich arbeitslos melden, alle anderen mussten sehen, wo sie blieben. Josek durfte bleiben. Er sollte den Dachboden über dem Geräteschuppen ausbauen. Im Geräteschuppen war eine Werkstatt. Josek hatte alles, was er brauchte. Er hatte ein Dach über dem Kopf und bekam gutes Essen, aber er sehnte sich nach Marthe.

Eines Abends gelang es ihm, Marthe bei Freunden in der Heimat zu erreichen. Marthe weinte. Ob sie noch kommen solle? Er bejahte, wenngleich er nicht wusste, ob sie es schaffen würde. Geld konnte er ihr keins schicken.

»Ich werde auf dich warten«, sagte er.

»Josek«, sagte sie, »ich muss hier weg, ich bin schwanger.«

Er schluckte. »Wer?«

»Josek«, sagte Marthe, »das macht mir einen Kopf. Es gab keinen Mann bei mir, seit du weg bist.«

»Keinen Mann?«

»Josek, ich schwör’s!«

»Komm«, sagte er zu ihr. »Es wird sich alles finden.«

Dann wurde die Leitung unterbrochen.

Wochen später kam die Nachricht, Marthe würde Mitte Dezember auf dem Parkplatz eines Supermarktes in der Stadt eintreffen. Als es so weit war, sagte Josek zu Besnik:

»Ich muss weg, Kollege. Frau kommt. Ich komme zurück.«

Besnik nickte. Mit dem dicken Zimmermannsbleistift malte er eine Skizze auf einen Zettel.

»Hier ist die Stadt, Jo«, sagte er. »Und hier fährt der Bus, hier ist der Golfplatz.«

Ein Lieferant, der Baumaterial brachte, nahm Josek mit in die Stadt.

Drei Tage lang wartete Josek am vereinbarten Treffpunkt auf dem Parkplatz hinter dem Supermarkt. Er schlief auf dem Lüftungsschacht am Hintereingang, auf dem es erträglich warm war. Am Nachmittag des vierten Tages stand Josek an einem Imbiss. Der Mann am Tresen las in einer Zeitung. »Jesus wurde nicht in einem Stall geboren, sondern in einer Werkstatt«, sagte er laut und schien erstaunt. Josek nickte, aber er wusste nicht, was das bedeutete.

Wieder wurde es Abend, der Parkplatz leerte sich. Josek wollte gerade seinen Schlafplatz aufsuchen, als ein Transporter an der dunklen Seite des Parkplatzes hielt. Es blieb eine Weile still, dann öffneten sich die Fahrertüren und zwei Männer stiegen aus. Sie entriegelten die Hintertür. Langsam krochen gebückte Gestalten aus der Dunkelheit des Wagens und streckten sich. Dann sah er Marthe. Sie stieg langsam aus dem Wagen. Josek umarmte sie. Marthe verabschiedete sich von den anderen. Sie war dick und konnte nur langsam gehen. Sie brauchten eine Weile bis zur Bushaltestelle. Josek hatte den Zettel von Besnik in der Hand. Damit würden sie zum Club zurückfinden.

Der Clubmanager war in den Winterurlaub gereist. Die letzte Veranstaltung des Jahres würde von einer Event-Agentur und der Clubsekretärin betreut werden. Das traditionelle Weihnachtsturnier über 9 Loch mit Charity-Gala war die Idee dreier kooperierender Software-Firmen. Die vielen Singles und geschiedenen Mitarbeiter hatten dadurch die Möglichkeit, den Abend in fröhlicher Gesellschaft zu verbringen. Das hob die Produktivität, senkte die Selbstmordrate und optimierte die Vernetzung der drei Firmen untereinander.

Am 24. Dezember erwachten Josek und Marthe auf dem Dachboden über der Werkstatt. Er schaute aus dem Fenster. Es war überraschend viel Betrieb. Im Hof traf er auf Besnik.

»Was iss heute los? Viele Leute!«

»Se haben Ewänd.«

»Was iss Ewänd?«

»Schärrety Ewänd! Weiss nicht genau. Rennen durch de kalte Wind und kloppen de Bälle, um zu helfen arme Leute.«

»Wie uns?«

»Ah, nix wie uns. Uns geht’s gutt. Haben Arbeit und Bett!«

»Sind gute Mänsche, de Golfer«, sagte Josek bedächtig.

»Ja, sind gute Mänsche, etwas verrickt, aber gute Mänsche«, stimmte Besnik zu. »Und se haben drei Keenig dabei!«

»Haben Keenig? Yessas!«

»Yo, hab ich so verstanden. Sachte mir Etbin, de Kellner. Drei Branchen-Keenige von de Softwähr!«

»Yessas!« Josek machte sich auf, um Marthe von den seltsamen Königen zu berichten.

Weil es auf dem Dachboden zu kalt war, bettete Josek seine Marthe auf das alte Sofa, das in der Werkstatt neben dem Bullerofen stand. Er hielt ihre Hand und schaute sie liebevoll an.

»Du bist nicht böse?«

»Warum?«

»Wegen dem Kind.«

»Ich bin froh, dass du bei mir bist. Es wird unser Kind sein.«

Besnik kam mit seiner Frau. Sie begrüßten Marthe und brachten Essen.

»Wann ist es so weit?«

»Bald«, sagte Marthe.

»Was wird Manager sagen?«

»Wer ist Manager?«

»Is Scheffe«, sagte Josek. »Wird schimpfen.«

»Scheffe iss nich da«, sagte Besnik, »nur de gute Mänsche vom Schärrety Ewänd.«

Am Abend setzten die Wehen ein. Zwischen Traktor, Mähbalken, Aerifizierer und Vertikutiergerät gebar Marthe ihren Sohn. Besniks Frau half. Alles ging gut. Josek weinte.

Und so geschah es, dass Besnik es dem Etbin erzählte und Etbin erzählte es dem Sommelier Franco und der erzählte es dem Koch und der schickte ein großes Tablett mit guten Speisen. Der Koch erzählte es dem Barkeeper und der erzählte es der Eventmanagerin und sie erzählte es einem der drei Software-Könige, der gerade mit der Siegerehrung beginnen wollte, und so sprach er: »Ver­ehrte Gäste, liebe Freunde, soeben ward uns in der Werkstatt ein Kind geboren!«

Die drei Software-Könige machten sich auf, die Werkstatt zu suchen, und Etbin, der Kellner, wies ihnen den Weg.

»Hinten am Geräteschuppen leuchtet hell wie ein Stern die große Flutlichtlampe. Sie können es nicht verfehlen.«

Die drei Software-Könige fanden Marthe mit ihrem neugeborenen Kind und überreichten ihr Geschenke: Eine Flasche Dom Pérignon von 1998 (Edition Karl Lagerfeld), Angel-Parfüm von Thierry Mugler, einen Pashmina-Schal von Anita Pavani und ein hübsches Sümmchen, das die Golfer gesammelt hatten. Es wurde ein schöner Weihnachtsabend. Sogar die Golfer lächelten und waren glücklich.

Tage später gab es Gerüchte. Plötzlich stand die Ausländerbehörde vor der Tür. Sie erwischten Besnik und seine Frau, die keine Aufenthaltserlaubnis hatten. Marthe, Josek und das Kind hielten sich den ganzen Tag auf dem Dachboden versteckt.

»Wir müssen fliehen«, sagte Marthe am Abend, als Josek gerade in den Werbebeilagen einer Zeitung die Windelpreise verglich.

»Fliehen?« Josek schaute in die Zeitung. »Hier! Wie wäre es mit Ägypten? Zehn Tage, alles inklusive, mit Silvester-Gala und Kamelreiten zum Superferien-Sparpreis!«

Marthe nickte und gab dem Jungen die Brust: »Klingt gut, auf nach Ägypten.«

Goldstaub auf der Currywurst

Im Kontext der Diskussion um die Modernisierung des Golfsports sagte Martin Kaymer, dass er sich in den Golfclubs mehr Burger und Currywurst wünschen würde. „Der Weg nach vorne wäre jedenfalls: Neun-Loch-Golfplätze mit einer entspannten Atmosphäre, wo du Currywurst-Pommes und Burger am letzten Loch mit etwas Musik serviert bekommst„, zitiert ihn die „Rheinische Post“. Der Artikel ist in der Süddeutschen zu finden. 

Sogleich beteuerten die Protagonisten eines „zeitgemäßen Golf-Marketings“, dass auch sie die Currywurst längst als eine entscheidende Bereicherung zur Entwicklung des modernen Golfsports ansehen. Aber ist die Currywurst wirklich die Rettung jener Clubs, denen das Geld ausgeht?
Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was Kaymer angesichts der weltweiten Diskussion über Klimaschutz und Brandrodung geritten hat, Burger und Bratwurst auf die Agenda zu setzen. Vielleicht hat der rheinische Jung‘ die Buffets der VIP-Zelte satt und sehnt sich nach dem bodenständigen Futter seiner Heimat, aber dass er Jugendliche, die immer häufiger unter Zuckerkrankheit und Übergewicht leiden, mit Junk-Food auf die Golfplätze locken will, halte ich für etwas unüberlegt.

Ich ahne, wie er es meint. So ähnlich wie damals, als er von Jeans auf dem Golfplatz schwärmte: Golf sollte etwas lockerer werden, nicht so steif und förmlich – aber ist es das nicht längst? Bis auf jene Clubs, die es noch nicht nötig haben, ihr elitäres Getue aufzugeben, sind sie doch alle bereits derart locker geworden, dass Golf-Etikette bereits als Schrulle einer aussterbenden Gattung seniler Golf-Fundamentalisten gilt.

Aber: Was ist denn neu an Kaymers Currywurst-Vorschlag? Diese Frage stellte ich in dem Golfmentoren-Thread:
Auf dem öffentlichen Golfplatz ‚An der Lausward‘ in Düsseldorf war dieses Konzept bereits vor 30 Jahren erfolgreich. Da gab es im Büdchen leckere Schnittchen, aber bestimmt kein Junk-Food und schon gar keinen Akustik-Smog! Golf ist Rasen-Schach. Wie bei einem Schachturnier braucht Golf Ruhe und Konzentration. Wer Gaudi will, sollte einen Rummelplatz besuchen.“

Cartoon: Peter Ruge


Umgehend wurde ich vom Rheinischen Golf-Impresario Michael Jacoby zusammengefaltet:
„Schnittchen SIND Junk-Food. Das Büdchen gibt es nicht mehr und wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit, lieber Eugen. ich überlege gerade ob wir nicht mal ein „Heavy metal Fu..ing 9-hole“-Turnier machen und den Platz mal so richtig beschallen…..Preise: Tickets für Wacken. Es gibt für alles eine Klientel, Eugen und natürlich auch für Rasenschach.“

„Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit, lieber Eugen.“  
Das hatte gesessen und verdeutlicht, wie überholt meine Ansichten zum Golfsport sind.

Mir wurde klar: Es macht keinen Sinn, Trends der Zeit, die meist seichte PR-Gags sind, zu diskutieren und Jacobys Statement hat mir noch mal verdeutlicht, warum mir zum Golfsport nicht mehr einfällt. Wenn ich Golfturniere im Fernsehen und den Profi-Golfsport mit seinen perversen Preisgeldern und fragwürdigen Sponsoren betrachte, wird mir bewusst: Meine Zeit ist vorbei, der Spirit of the Game ist längst ein Gespinst, das spätestens dann zu Staub zerfallen wird, wenn die Wacken-Golfer das Spiel übernehmen und die Jacobyner „den Platz mal so richtig beschallen“.
Wie auch immer: Kaum hatten sie ihre Currywutz durchs Dorf getrieben, folgte ein neuer Post von Carsten Moritz, der auf einen Artikel der Golfpost hinwies. Darin geht es um „Verknappung als Erfolgskomponente“, also genau das Gegenteil von Kaymers Vorschlag. Mehr Exklusivität in den Clubs, um Formel1-Golfer anzulocken, indem man sie sozusagen mit Goldstaub auf der Currywurst pudert.

Günter Rottensteiner, Director of Golf bei Golfresort Haugschlag schreibt: „Grundsätzlich: Wichtiger als alles andere, ist es, den Golfern begreiflich zu machen, dass jede Golfrunde einen Wert hat. Das Verramschen der Golfrunden ist schädlich für alle. Wenn ich in die Oper gehe und dafür 500 Euro hinlege, dann ist es mir als Kunde bewusst, dass ich das nicht für den Sessel bezahle auf dem ich 3 Stunden sitzen darf, sondern für das Gesamterlebnis. Ist die Aufführung gut, dann sind mir dies die 500 Euro wert. War die Aufführung mies, dann wären mir 100 Euro zu viel gewesen. War die Aufführung/das Erlebnis Weltklasse, dann hätte ich gerne noch 200 euro draufgelegt und teile dieses Erlebnis meinen Freunden mit.“

Ich finde, der Vergleich hinkt, denn wenn ich auf einem bekannten, vielfach beworbenen Platz EUR 150.- Greenfee zahle, dann habe ich zumindest hierzulande keine Garantie, dass das angestrebte Gesamterlebnis einer flüssigen Golfrunde von drei Stunden stimmt, weil kein Club garantieren kann, dass nicht drei Dussel im Flight vor mir ihr Gesamterlebnis lieber sechs Stunden lang zelebrieren möchten – mal abgesehen von allen anderen Faktoren, die das Wetter und die Natur ins Spiel bringen.

Dass die Exklusivität einer Golfanlage weder mit einer Marmor-Lobby im Clubhaus noch mit sozialverwahrlosten Zicken auf der Club-Terrasse zu tun hat –  sondern vielmehr mit engagierten Greenkeepern und einer Anlage, die sportliche wie ökologische Intelligenz beweist – hat sich in manchen Opernhäusern offensichtlich noch nicht rumgesprochen.

(Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass ein Clubmanager 500.- Euro für einen Opernbesuch ausgibt, wo doch die Mehrzahl der Golfclubs nicht mal in der Lage ist, 500.- Euro zusammenzulegen, um mich zu einer Lesung einzuladen…)

Zu besagtem Golfpost-Artikel gab es einen Leserbrief von Daniel Schneider. Auszug: „Der Vergleich zur Formel 1 ist vollkommen unpassend. Die Formel 1 lebt von den Fanmassen, den man Brot und Spiele vor Ort bzw. vor dem Fernseher bietet. (…) Im Golfsport wahrscheinlich nur vergleichbar mit Loch 16 der Phoenix Open. Dies ist das Gegenteil von Glamour.“

Richtig, Daniel, danke!

Teure Greenfees und versnobtes Getue machen Golf noch lange nicht exklusiv und die Formel 1, deren Vermarktung man sich hier als Beispiel heranzieht, ist nicht nur NICHT exklusiv, sondern in der heutigen Zeit geradezu obszön.

Aber versteht das jemand, der sich beim AUDI-Kauf betrügen lässt und jetzt eine Dreckschleuder fährt, die eigentlich gar keine Zulassung habe dürfte? Vermutlich nicht.

Nun denn: Probiert es mit Wacken-Golf und Heavy Metal-Krach am Clubhaus, um neue ‚Consumer‘ für exklusiven Golfsport zu interessieren. Vielleicht klappt es. Übrigens: Eine Shisha-Bar im Halfway-House (oder auf der Rheingolf) dürfte auch eine zahlungskräftige Klientel im schwarzen Mercedes oder BMW mit getönten Scheiben anlocken.

Doch, wirklich, macht mal – und habt Spaß – aber nennt es bitte nicht GOLF!

(c) 2019 by Eugen Pletsch

Die Slevoyre-Thermal-Kur auf den Azoren

Die wohltuende Wirkung der Slevoyre-Thermal-Kur durfte ich im Herbst 2011 auf Sao Miguel, der Hauptinsel der Azoren, in dem Örtchen Furnas kennenlernen. 

Auf Sao Miguel kann man Hunderte von warmen und kalten Heilquellen finden. Allein im Dörfchen Furnas sind es 42 Quellen völlig unterschiedlicher Zusammensetzung! In der „Casa do Parque”, einer elegante Villa über dem Thermalbecken führt das Ehepaar Petersen ihre Slevoyre-Thermal-Kur durch, mit der nicht nur eine Revitalisierung von Gestressten und Erschöpften, sondern auch eine Besserung vieler Leiden möglich ist.

Das Dorf Furnas, das den riesigen botanischen Park „Terra Nostra Garden“ umschließt, wirkt gemessen an deutschen Kurorten nicht besonders attraktiv, da die eng beieinander stehenden Häuser schlicht und die Fenster zur Straße oft durch Blendläden verschlossen sind. Auch wünschte man sich etwas mehr farbliche Abwechslung bei den Hausanstrichen, denn das weiße Einerlei wirkt etwas monoton. Doch mit dieser Sicht wird man dem Dorf nicht gerecht. Wenn man zum Beispiel durch eine offenstehende Haustür schaut, geht der Blick meist direkt durch den kurzen Hausflur in den Garten – und eröffnet ein Paradies. Hinter den schlichten Häusern verbergen sich üppige Gärten mit oft herrlichem Pflanzenbestand, allen möglichen Obstsorten, und überall rankt und blüht es. Die Azoreaner verbringen bei diesen milden klimatischen Verhältnissen gut neun Monate im Garten, und dieser wird dadurch ein fester Teil des Wohn- und Lebensraumes.

Der „Terra Nostra Garden“ wurde um 1800 von dem damaligen amerikanischen Vizekonsul Thomas Hickling angelegt, der erkannte, dass im Tal von Furnas, das in einem erloschenen Vulkan liegt, ganz besondere klimatische Verhältnisse bestehen. Hier schaffen die warmen und kalten Quellen sowie ein warmer Fluss ein für den Pflanzenwuchs ideales Mikroklima, und es gedeihen Pflanzen aus aller Welt. Inmitten dieses Parks liegt mit über 70 m Durchmesser das größte Thermalbecken der Welt, das zu allen Jahreszeiten von einem grünlich-braunen Wasser von 37-38 °C durchströmt wird. Kleine Badehäuschen mit Marmorwannen zeugen von der damaligen Blüte des Heilbades. Doch im 21. Jahrhundert verordnet kein „moderner” azoreanischer Arzt mehr Wasser-Anwendungen zur Linderung eines Leidens, und die Thermalquellen werden von den Touristen lediglich als eine Möglichkeit genutzt, die müden Glieder nach Wanderungen oder ausgedehntem Golfspiel auf angenehme Weise zu wärmen und vom Muskelkater zu befreien. Völlig vergessen ist heute die Heilkraft der Quellen jedoch nicht.

Die Slevoyre-Thermal-Kur
In herrschaftlicher Position über dem Thermalbecken steht die „Casa do Parque”, eine elegante Villa, die der spätere Inhaber des Parks, der Viscomte da Praia, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert bauen ließ. In dieser Villa führt nun das Ehepaar Petersen seit 1998 ihre Slevoyre-Thermal-Kur durch, mit der – jetzt erweitert um das Heilungspotenzial von Thermen und Quellen – nicht nur eine Revitalisierung von Gestressten und Erschöpften, sondern auch eine Besserung vieler Leiden möglich ist. Auch Pharmazietechnikerin und Chiropraktikerin Barbara Petersen setzt alles daran, ihre internationalen Patienten und gestressten Kurgäste in nur zehn Tagen von allen möglichen Leiden zu befreien, um sie wieder topfit zu machen.
Schon 1997 erfuhren Dirk und Barbara Petersen von der Heilwirkung der Wässer in Furnas. Die Petersens führten zu diesem Zeitpunkt seit Jahren sehr erfolgreich Regenerationskuren für gestresste und erschöpfte Manager in dem irischen Schloss Slevoyre durch. Die Slevoyre-Kur wurde damals von Magazinen wie Capital, Wirtschaftswoche, Impulse, Stern und anderen wegen ihrer tiefgreifenden Regenerationswirkung einhellig gelobt. Sie basiert auf Dirk Petersens ungewöhnlicher Ausbildung, welche die Schulmedizin, Naturheilkunde und Chinesische Medizin umfasst (er wurde der erste ausländische „Doctor of Chinese Medicine” mit Approbation der „Republik of China”).

Bei der Slevoyre-Kur wird größter Wert auf medizinische Effizienz gelegt und ein deutliches Absetzen von modischen Wellness-Kuren angestrebt. „Mich hat immer die Kombination von westlicher und traditioneller chinesischer Medizin fasziniert”, beschreibt er seinen heilkundlichen Ansatz. „Deshalb habe ich zusammen mit meiner Frau seit 1991 die „Slevoyre-Kur” entwickelt, die als eines der kürzesten, intensivsten und umfassendsten Regenerationssysteme im manchmal etwas unübersichtlichen Markt der Kur- und Wellnessangebote gilt.”

Begeistert von der Idee, die irische Kur um weitere Heilungschancen erweitern zu können, verlegten Dirk und Barbara Petersen kurzerhand ihr Kurangebot auf die Azoren und begannen, sich mit den Heilwässern und deren Geschichte zu befassen. Alte Ärzte wurden befragt, antiquarische Literatur ausgegraben, Unterlagen der Universität Ponta Delgada eingesehen, und immer wenn die Petersens einen Insulaner aus einer der Heilquellen trinken sahen, fragten sie ihn nach seinen Erfahrungen. So häuften sie inzwischen ein Wissen über dieses Gebiet an, das sie heute zu den besten Kennern der Behandlungsmöglichkeiten durch die Heilquellen von Furnas macht. Bereichert um Thermalanwendungen und die Möglichkeit, für fast jedes Leiden ein Heilwasser als Gesundheitsgetränk anbieten zu können, wurde die ursprüngliche Regenerationskur nun Slevoyre-Thermal-Kur genannt, die jetzt in einem der schönsten Parks Europas, dem Terra Nostra Park, durchgeführt wird.

Dirk Petersen schreibt dazu: „Die Slevoyre-Thermal-Kur verbessert die „Lebensumstände” Jeder einzelnen der knapp 70 Billionen Körperzellen. So ergibt sich eine wesentlich breitere Indikationsliste für die Slevoyre-Thermal-Kur als für andere Kuren (lediglich Krebserkrankungen und Depressionen werden nicht behandelt). Jede Zelle des Körpers ist auf ausreichende Versorgung durch Aufbau- und Funktionsstoffe sowie Sauerstoff angewiesen. Jede Zelle muss von Ausscheidungsprodukten des Stoffwechsels gereinigt werden. Anlieferung und Abtransport werden durch die beiden fließenden Systeme von Blut und Lymphe vorgenommen.

Dies berücksichtigt die Slevoyre-Thermal-Kur über ihre Auswirkung auf drei Funktionsbereiche, welche unmittelbar das Leben einer jeden Körperzelle verbessern:

1.  Nach gründlicher Darmreinigung wird eine ungewöhnlich umfassende Sanierung der Darmflora vorgenommen (82 der wichtigsten Bakterienstämme des Darmes werden regeneriert). Nun kann im Darm wieder das gesamte Spektrum von Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien usw. aus der Nahrung gewonnen und an das Blut abgeben werden.

2.  Das Blut wird durch die Slevoyre-Thermal-Kur fließfähiger (die Viskosität verbessert sich). Es strömt nun dynamischer durch die Lungen und den Körper, die Umlaufgeschwindigkeit des Blutes erhöht sich. Das hat eine wichtige Konsequenz für die Zellen: pro Zeiteinheit wird mehr Sauerstoff von den Lungen, mehr Lebensspendendes (Vitamine, Spurenelemente usw.) vom Darm zu den Zellen transportiert. Die beiden sauerstoffabhängigsten Organe, Herz und Hirn, profitieren besonders hiervon, „atmen auf”.

3.  Die Kur wirkt auf das Gefäßsystem wie ein moderner Rohrreiniger. Ablagerungen, die im Alterungsprozess die Blutgefäße auskleiden, werden abgebaut, die Gefäßwände werden elastischer. Durch diese Wirkungen erhöht sich wiederum die Umlaufgeschwindigkeit des Blutes, und das Herz muß weniger Kraft aufwenden, da das Blut einen geringeren Widerstand zu überwinden hat – eine ideale Situation für eine Normalisierung des Blutdrucks.

Diese drei Hauptwirkungen der Kur erfährt jeder Kurteilnehmer. Neue körperliche und mentale Energie wird spürbar, die Augen sehen schärfer, der Geist wird wach. Zusätzlich (und im Kurpreis enthalten) erfolgen bei jedem Patienten individuelle Behandlungen seiner Gesundheitsprobleme. Als Therapien stehen westliche und chinesische (überwiegend naturheilkundliche) Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Besonderen Wert legt Petersen auf schmerzarme und nebenwirkungsfreie Behandlungen. Durch die äußerst subtile Diagnosetechnik der asiatischen Medizin werden auch solche Erkrankungen erfasst und mitbehandelt, die sich in den ersten Entwicklungsstadien befinden und oft von der westlichen Apparatemedizin noch nicht erkannt werden können.
Aber auch die Hintergründe und wahren Ursachen eines bekannten Krankheitsbildes werden durch die sensible, chinesische Diagnostik oft erst offenbar. Somit wird eine ursächliche (und nicht nur symptomatische) Behandlung möglich. Während der Kur erhält der Teilnehmer / Patient laufend gut verständliche Informationen über gesunde Ernährung und Lebensweise. Es werden praktikable, logische und gut in den Alltag integrierbare Bewegungstechniken und Verhaltensweisen gelehrt, welche helfen, die neu gewonnene Vitalität lange zu erhalten.

Erstaunlich ist es, dass sich anscheinend bisher niemand mit der sehr interessanten Geschichte der Therapie mit azoreanischen Heilwässern auseinandergesetzt hat. Dieser Verdienst kann den Petersens zugeschrieben werden. Durch die heilsamen Thermalquellen erfährt nicht zuletzt die bereits sehr erfolgreiche Slevoyre-Kur noch eine besondere Aufwertung. Ein Besuch der Azoren verspricht in vielerlei Hinsicht einen nachhaltig wirksamen Eindruck.
 
Die Slevoyre-Thermal-Kur hilft besonders bei:
•   nachlassender körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit,  
•   erhöhtem Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko,
•   Erkrankungen von Herz und Kreislauf, Durchblutungsstörungen,
•   Arthrose (Hüfte, Knie, Finger),
•   den meisten Rückenleiden,
•   Erkrankungen des Verdauungssystems (Magen, Leber, Darm),
•   geschwächtem Abwehrsystem (Infektanfälligkeit),
•   vielen Hauterkrankungen
 

Allgemeine Informationen: 
Azoren.at (Ausführliche Informationsseite mit Schwerpunkt Golf)
Azoren-Online (Das Portal der Azoren)
Azoren-Links (Reiseberichte, Tipps und Links)
Stern-Bericht über die Heilwasser-Therapie in Furnas 


Credits: Vielen Dank an Dirk Petersen für seine Hintergrundinformationen und Textbeiträge! Dieser Text wurde bereits in der CO’MED, dem Fachmagazin für Naturheilkunde veröffentlicht. Siehe: https://eugenpletsch.de/wp-content/uploads/2022/01/pletsch_azoren_2010-10.pdf