…ein paar Anmerkungen…

Aus dem Schlusswort eines Vortrags

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein paar golfphilosophische Anmerkungen:
Manche Leute meinen ernsthaft, Golf wäre gar kein »Sport«, sondern eine Methode der Bewusstseins- und Charakterbildung.
Das ist insofern richtig, als das Golfspiel auf einem Codex beruht, nach dem ein Spieler sich bisweilen selbst Strafschläge notiert, wenn er meint, gegen eine der Regeln verstoßen zu haben.
Doch diese Ehrenhaftigkeit, die man Spirit of Golf nennt, gilt mittlerweile in manchen Kreisen als verstaubte Tradition.
Der »Geist des Golfspiels« ist vielerorts flüchtig geworden, gerät immer mehr in Vergessenheit oder hat sich in einen Poltergeist verwandelt.

Deshalb hoffe ich, dass die Tradition unseres Spiels nicht gänzlich verloren geht, wenn die Mitgliedergewinnung um jeden Preis vielfältige Blüten treibt, von denen nicht alle nach Golf duften.
Sich auf die geistigen Grundlagen unseres Spiels zu besinnen, heißt auch, Golfanfängern deutlich zu sagen, worauf sie sich einlassen.
Ja: Golf ist ein Spiel, aber »Golf spielen« ist kein leichtes Unterfangen und wer nicht bereit ist, das Spiel so weit zu erlernen, wie es seine motorischen und geistigen Fähigkeiten zulassen, wird mit all den Problemen konfrontiert werden, die ich als bekennender Golfdilettant in meinem Büchern ausführlich karikiert habe.
Meine Botschaft ist, dass Humor und die Fähigkeit, sich selbst zu betrachten, ohne sich dabei allzu ernst zu nehmen, wichtige Elemente dieses Spiels sind. Aber Golf ist auch eine Kunst, die mit Können zusammenhängt und mit Glück und der Fähigkeit loszulassen, um das Spiel zuzulassen, das in uns steckt.
Das klappt meist nicht so, wie es soll, aber Wunder geschehen immer wieder…und manchmal passiert dann jener magische Moment, in dem uns die Golfgöttin ihre Gunst schenkt und in dem alles möglich wird, weshalb wir nie von unserem Spiel lassen werden…

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

(c) by Eugen Pletsch

Business auf dem Golfplatz?

Was in meinem Buch „Anmerkungen für Golfreisende“nicht steht…

Er habe mein Buch Anmerkungen für Golfreisende gelesen, meinte jemand. Wäre ja ganz nett, aber über ‚Business auf dem Golfplatz‘ stände nichts drin. „Wo doch Trump sein ganzes Business auf seinen Golfplätzen abwickeln würde, wolle er darüber eigentlich mehr wissen.
„Das Buch wurde vor der Trump-Wahl veröffentlicht und ist für den Urlaub gedacht“, stotterte ich, „und im Urlaub sollten auch die Geschäfte mal Urlaub machen, oder?“
„Trotzdem. Schreib‘ doch mal etwas über Business auf dem Golfplatz. Man hört darüber so viel“, insistiere mein Anrufer.
„Das hängt vielleicht damit zusammen, dass die angeblichen Riesen-Geschäfte oft Riesenpleiten werden“, trumpfte ich auf und hatte dabei eine dunkle Visionen von Trumps künftiger Regentschaft (die sich dann ja auch bewahrheiten sollten).

Über Geschäfte auf dem Golfplatz habe ich während der letzten 20 Jahre Golfschreiberei tatsächlich kaum ein Wort verloren. Warum auch? Soll ich jemandem erklären, wie man das scheue Reh, den Kunden, auf dem sattgrünen Fairway anpitcht? Oder andersrum: Wie man sich Anlageveruntreuer und Versicherungsfritzen von Leib hält?
Gemäß Etikette soll man auf dem Golfplatz niemandem auf den Keks gehen. Weder der Ehefrau mit Belehrungen, noch einem Mitspieler durch Akquisitionsversuche. Das bedeutet: Wer am Abschlag eines Par 3 über Wasser sein IPad auspackt, um ein Bauherrenmodell zu erläutern, sollte schwimmen können! Ist doch klar, oder? Was soll ich da dazu noch schreiben?
Aber gut: Weil die vielfältigen Freizeitaktivitäten der Golfinteressierten zu wenig Zeit für das Golfspiel lassen, hat der DGV den Light-Golfer erfunden, um die immer größer werdenden Defizite der Golfclubs mit ‚Frischfleisch‘ aufzufüllen, wie der Golflehrer seine Grobmotoriker liebevoll bezeichnet.
Was das mit Business auf dem Golfplatz zu tun hat?
Nun, das ist Golf-Business und das erste, was Anfänger kennenlernen, wenn sie in die Fänge eines Clubmanagers geraten, dem das Wasser bis zum Hals steht. Aber mit ‚Geschäften auf dem Golfplatz‘ ist natürlich etwas anderes gemeint. Ich durfte vor etlichen Jahren lauschen, als der Kanadier Gerry T. Kierans von mgtopen.com in einem Seminar über die „Does & Don’ts des Business Golf“ referierte.
Soweit ich mich entsinne, bestand die Etikette des „Biz Golf“ aus 35 Punkten und an erster Stelle, meinte Gerry, müsse man die Golfregeln kennen!
Mit einem Geschäftspartner auf dem Platz ist das Handy tabu, man solle nicht rauchen und das Cart fährt der Gastgeber. Niemals quatschen, wenn ein anderer schlägt, immer flott spielen, keinesfalls über Politik diskutieren (zumindest nicht mit Trump), nicht über den Platz schimpfen und schon gar nicht über die lahme Ente im vorderen Flight (könnte die Ehefrau des Geschäftspartner sein). Saufen, fluchen und Schläger schmeißen…auch dabei sollte man sich im Griff haben.
Gerrys 35 Punkte schließen damit, dass man seinem Mitspieler auf der 18 auch dann die Hand gibt, wenn er keinen Fondsanteil zeichnet. Dass man ihm das dann auf der nächsten Runde heimzahlt, indem man zum Beispiel im Rückschwung nach den Kosten seiner Scheidung fragt, hat Gerry nicht erwähnt.

Über Combat-Golf, wie sublime Methoden des Killer-Matchplay genannt werden, steht in meinen „Anmerkungen über Golfreisende“ übrigens auch nichts drin, weil das Buch der Entspannung dienen soll.

Einen schönen Urlaub wünscht

Eugen Pletsch

Lesen führt zum Träumen (2015)

Letzte Woche spielten wir in gesitteter Gesellschaft neun Loch auf Sommergrüns, wobei ich meine mäßigen Drives durch mein kurzes Spiel einigermaßen ausgleichen konnte.

Nach der Runde versuchte ich im Clubrestaurant, eine Kiste Golfbücher zu verschenken. Obwohl ich nicht nur anspruchsvolle Bücher dabei hatte, sondern auch belletristische Titel wie die von John Daly oder Michelle Wie stieß ich auf wenig Interesse. Nur ein Buch mit dem Titel „Wie Pferde denken“ bin ich schließlich losgeworden. Das war‘s. Offensichtlich wollen Golfer nur noch Videos kucken.

Einst gab es in der tristen, kalten Jahreszeit nichts Schöneres, als sich mit einem lehrreichen oder lustigen Golfbuch oder Bildband in den Sessel zu setzen. Wie eine Tulpenzwiebel keimte dann in uns die Hoffnung auf, dass sich unser Spiel durch ein kleines Wunder in der kommenden Saison entscheidend verbessern könnte. Selbst wenn unser Spiel im Kompost unauslöschlicher böser Erinnerungen vor sich hin rottete, brachte uns das Lesen von Golfbüchern den Glauben an die blaue Tulpe zurück, die sich eines Tages öffnen würde, um in aller Schönheit zu erblühen.
Solange der Platz geschlossen war, träumten und summten wir in stillem Glück, während wir unsere Schläger polierten, die Griffe erneuerten und das Bag ausmisteten. Wir checkten Lofts und Lies, trugen uns mit dem Gedanken ein langes Eisen durch ein Hybrid zu ersetzen und versuchten bei unseren Schwungübungen im Trockendock herauszufinden, wie sich der Schlag in der kommenden Saison anfühlen würde.

Mit der Gewissheit, dass es immer wieder Menschen geben wird, die den ursprünglichen Geist unseres Spiels suchen und die Tradition des Spiels bewahren und weitergeben werden, warteten wir auf den Geruch von Frühling und Erde und sehnten den Tag herbei, an dem wir die erste Runde bei frühlingshafter Witterung spielen könnten. Bis dahin lasen wir Golfbücher wie Ben Hogans „Golfschwung“ und Illusionen von langen, geraden Drives und gelochten Putts wärmten unsere Golfer-Seelen. Mir ging es zumindest so und, soweit ich weiß, auch anderen Golfern.
Lesen – darauf will ich hinaus – führt zum Träumen. Vor sich hinträumen führt zu einer inneren Landschaft, die wir ausgestalten können. Heute weiß man aus der Wissenschaft, dass eine genaue Vorstellung tatsächlich Berge versetzen kann. Alle großen Golfer haben sich auf diese Weise ihr Spiel, Ihre Karriere, ihre Zauberschläge erträumt bzw. visualisiert.
Ich weiß: Mit meinen Ansichten stehe ich auf so einsamem Posten wie dieser japanische Soldat, den man auf einer philippinischen Insel vergessen hatte und der mehr als 20 Jahre ausharrte, bis man ihm sagte, dass der Krieg längst zu Ende wäre.
Erinnerungen, Träume – so antiquiert wie die Idee, sein Persimmon-Holz zum Saisonstart abzuschmirgeln, um es neu zu lackieren. Aber mancher Pro und mancher ältere Spieler weiß, wovon ich rede. Für Neugolfer gäbe es jedenfalls noch viel zu entdecken, aber statt zu träumen und zu visualisieren gieren sie nach den Fakten. Die bringt das Video-System des Golflehrers und mit den Bildern kommen die Informationen, was alles falsch gemacht wird. Und wenn man nur dran denkt, was man falsch macht, bleibt kein Raum um den nächsten Schlag zu visualisieren.

Die Frage ist, ob alle Golflehrer tatsächlich etwas mit Analyse-Systemen wie Scope anzufangen wissen oder ob manche nur Verwirrung stiften?

Professional Nigel Elder meint dazu: „Die PGAs bringen immer mehr Golfprofessionals hervor, die ihren Kunden immer mehr technische Ratschläge geben, die es einfach so schwierig machen, sich zu verbessern. Wenn man klugen Leuten wirklich zuhört, weiß man, dass jede Unterrichtsstunde, die sie nehmen, es nur noch schlimmer macht. Niemand sagt ihnen, dass sie sehr lange üben müssen, um ihren Schwung zu ändern oder diese neue Position zu lernen. Es ist ein Schneeballsystem.“

Mein Kommentar dazu (damals auf Facebook): „Wahre Worte“, worauf mir ein renommierter Golflehrer sofort schrieb: „Vielleicht hat Herr Elder da was nicht ganz richtig gemacht…. Meine Schüler würden meinen Plan nicht füllen, wenn sie keine nachweisliche Verbesserung sähen.“

Bei diesem Pro bin ich sicher, dass dem so ist, denn er gehört noch zur alten Schule. Aber wie oft hört man, dass viele Pros ausgebucht sind, obwohl man bei ihren Schülern keine „nachweisliche Verbesserung“ erkennen könnte. Wie auch, solange nicht das Spiel und das Ziel, sondern der „Schwung“ im Mittelpunkt der Bemühungen steht?

Die These, dass nur der optimale Schwung optimalen Spielerfolg ermöglicht, möchte ich zumindest im Amateurgolf in den Handicap-Klassen B, C, D, und F mal ganz vorsichtig hinterfragt haben. Es ist wie mit meinem Lieblingsthema, den Ärzten: Die Praxen sind voll, aber die Leute werden immer kränker. Ist doch so, oder? Die meisten Golfschüler (und Patienten) reden doch von nichts anderem. Das hängt aber – und da hat Nigel recht – damit zusammen, dass man uns „Golfpatienten“ nicht klar macht, wie lange wir für eine echte Veränderung sprich Gesundung arbeiten müssten.

Wenn mir jemand auf dem Platz erzählt, er habe in drei Trainingsstunden seinen „Schwung umgestellt“, dann kann ich nur lächeln. Rainer Mund spricht von ca. 6000 optimal (!) getroffenen Bällen, bis eine Schwungänderung wirklich im Körper angekommen ist. Nicht 6000 Schläge, sondern 6000 optimal (!) getroffenen Bälle!

Wer kann das heutzutage leisten? Wer kann das auch nur von sich verlangen? Vielleicht sollten manche Pros deshalb nicht so viel am Schwung schrauben, sondern den Leuten stattdessen zeigen, wie sie mit möglichst wenigen Schlägen von A nach B kommen.

Wir brauchen Golflehrer, aber bitte solche, die uns nicht mit Pseudo-Platzreifekursen, Fake-Fitting und ‚Paralysis by analysis‘ verarschen!

Ein Golflehrer sollte die Basics lehren, also Stand, Griff und Ausrichtung und das immer wieder bis zum St. Nimmerleinstag. Außerdem sollte er/sie hin und wieder mit uns über den Platz gehen um zu sehen, wo es hakt, wenn es nicht fließt. Es ist nicht immer der Schwung und auch nicht immer der Kopf.
(Neuerdings ist zu vermuten, dass manche Leute nicht allein deshalb schlecht spielen, weil sie vom Disput zwischen Self 1 und Self 2 zermürbt werden, sondern weil die GPS-Angaben nicht mit ihrem inneren Entfernungsgefühl übereinstimmen!)

Ergo ist es kein Wunder, wenn leise Kritik an der „modernen“ Golflehre flüsternd durch die Foren-Flure sickert und „mündige Patienten“ beginnen, sich über Methoden wie ‚Self Coaching‘, ‚Inner Game‘ und ‚differenzielles Lernen‘ zu informieren.

Golf lernen hat mit Selbstverantwortung zu tun. Punkt. Wenn wir die Verantwortung für unser Spiel an einen Golflehrer abgeben (oder die Verantwortung für unsere Gesundheit an einen Arzt), dann bekommen wir langfristig Probleme.

Noch mal: Wir sind für uns selbst verantwortlich! Wir können Fachleute um Hilfe bitten, aber wir sind es, die am Abschlag stehen und den Ball treffen müssen. Egal ob Pro oder Arzt: Beide können uns viel Blödsinn erzählen, so lange wir unser Hirn ausschalten, anstatt kritisch zu betrachten, ob es uns nach der Behandlung besser geht oder nicht.

Ist der Ball auf der Bahn oder im Rough? Da liegt die Latte.

(c) 2015 by Eugen Pletsch