Die grüne Minna

LeserInnen, die den „Weg der weißen Kugel“ aufmerksam gelesen haben möchten bisweilen mehr über die wirbelnden Golfderwische von Tao Yin wissen. Dazu sollten fortgeschrittene Adepten des Golfweges etwas von Bodhidharma wissen, der sowohl als Begründer der Chan (ZEN)-Tradition, als auch als Gründer des TAO Yin Klosters im Königreich Shambhala geehrt wird.
Bodhidharma war der 1. Patriarch des ZEN-Buddhismus, der auf der wortlosen Übermittlung der Lehre (Sunflower-Sutra) basiert. Wie man heute weiß, blieb ihm verwehrt, eines gewaltsamen Todes zu sterben, den so viele große Meister (Buddha, Jesus..) aus karmischen Gründen wählten. Was die Grüne Minna damit zu tun hat und wie die kleinen grünen Männchen auf den Mars kommen, erfahrt Ihr in dieser Geschichte. (ep)

Der Tag an dem Bodhidharma nach langen Wanderungen endlich zur chinesischen Grenze kam war für den tibetischen Grenzwächter ein Tag wie jeder andere. Der Himmel leuchtete in dunklem Blau. Ein leiser Wind strich von den Bergen herüber zum Pass auf dem eine kleine Hütte neben der Grenzmarkierung stand. Der Pass war eine mehrere hundert Fuß breite Hochgebirgsebene von ewigweißen Riesen umschlossen.

„Von wegen leiser Wind“, grummelte Bodhidharma, der sich an die Affenkälte der tibetischen Hochplateaus nie gewöhnen würde. Der Wind pfiff ihm durch die weiten Armöffnungen seiner schweren verfilzten wollenen Überkleidung. Die Jahre, die er auf seinem Weg nach Norden von Indien durch Tibet verbracht hatte, begannen an seiner Substanz zu zehren. Er erinnerte sich an die Zeit, als er sein Boddhisattva-Gelübde abgelegt hatte. Es war so heiß, dass er zuerst für alle Wesen betete, die ein Fell trugen. Überhaupt: Damals war es in jeder Hinsicht eine heiße Zeit in Nordindien: Es gab jede Menge verrückter Yogis und Asketen, die sich als direkte Nachfolger des erhabenen Gautama Buddha ansahen und dies jeden wissen ließen, der bereit war, dafür etwas springen zu lassen. Dicke Chapatti-Swamis, in ihren roten Roben kreisend, verkündeten in endlosen Chants die Neuerung der Religion, während die ehrwürdigen Brahmanen-Priester stocksauer über den Unfug waren, den dieser vermeintliche Thatagatha unter die Leute gebracht hatte. Sie nannten ihn verächtlich Siddharta Who? und droschen ihre jungen Priesterschüler bis ihnen Krishnas Flötentöne wie Funken vor den Augen standen. Bildhübsche ascheverschmierte Dakinis strolchten jede Scham verachtend kichernd über die Märkte und erzählten von all den Ehrwürdigen und weisen Saddhus, die oben in den Bergen beim Anblick ihrer nackten Ärsche alle Gelübde vergaßen.

In diesem Sommer als Bodhidharma erwachte, war es grässlich heiß und die Mücken nagten an dem letzten bisschen Hirn, das den Menschen geblieben war. Die schwüle Nachmonsunzeit erschien vielen unerträglich, die gelben Mönchgewänder waren nass und verstunken und juckten auf der Haut. Doch für Bodhidharma war es eine wunderbare Zeit. Der Duft der Erleuchtung erfüllte ihn wie die Blüten des Waldes. Nachts spiegelte sich Shivas Mond silbern auf dem Wasser der Flüsse und  tagsüber schien die goldene Sonne auf Wüsten, Dschungel, Ebenen und Tempel, kleine Städte, und Dörfer.
Seit seinem wunderbaren Moment des Erwachens spürte Bodhidharma seine Liebe zu allen Wesen und Dingen zu Hunden, Affen, Kindern und ihre geduldigen Mütter. Selbst die verrückten indischen Väter, korrupte Brahmanen und nervige „Suchende“ schloss er in sein Gebet ein und sprach das Bodhisattva-Gelübde, welches besagt, dass er solange nicht ins Nirwana eintreten würde, bis alle fühlenden Wesen befreit wären – von Hunger, Gefangenschaft, Unterdrückung, Not und Verblendung, von Ruhelosigkeit, verlogenen Politikern, räuberischen Banken, sowie GEZ-Gebühren für miserable Fernsehprogramme, die er, mit dem Buddha-Auge die unendliche Kette der Kausalitäten vorauseilend, kommen sah.

Kurz darauf passierte dann die Geschichte mit der Grünen Minna. Sie war eines jener hübschen Shiva-Groupies, die in der Spiritual-Szene rumhing und auf große Typen stand. Eines Tages kam sie von einer Tempelorgie ermattet zum dem Bambushain, in dem Bodhidharma zu predigen pflegte. Sie machte einen passablen Eindruck, zeigte sich sehr interessiert und wurde mit der Zeit zu einer glühenden Verehrerin des Buddhismus im Allgemeinen und von Bodhidharma im Besonderen.

Nachdem sie die Lehre des Erhabenen Buddha in ihren Grundzügen begriffen hatte, wurde ihr klar, dass der spezielle ZEN-Schlenker der wortlosen Übertragung des Geistes, den Bodhidharma drauf hatte, ein – wie man heute im Marketing sagen würde – Alleinstellungsmerkmal darstellte, das vernünftig vermarket, ordentliche Gewinne versprach. Während die Mönche über die perfekten Rundungen der hübschen Minna meditierten oder sich Mückenstiche aufkratzen, machte sie sich mit großer Begeisterung daran, das verlotterte Häufchen von Anhängern aufzumöbeln, das Bodhidharma zur damaligen Zeit umgab. Sie fütterte sie mit leckeren Chapatti-Fladen, sorgte dafür, dass sich die jüngeren Mönche auch unter der Vorhaut wuschen, flickte die mit Palmwedeln bedeckten Dächer der Hütten in denen sich die Jünger zur Ruhe betteten und konzentrierte sich ansonsten auf das Management der Gemeinde (Sangha).

Irgendwann eines Morgens, gerade als sie Bodhidharma die Glatze rasierte, spiegelte sich ihr Bewusstsein im Rasierschaum und in einer blitzartigen Satori wurde ihr Folgendes bewusst:
Erleuchtung gibt es nicht. Buddhismus, Befreiung, Rettung – alles Hokuspokus. Da ist nichts, was nicht ist, was nicht schon war oder sein wird, nichts, was nicht wäre oder irgendwie sein könnte, wenn es nicht anders wäre als es ist, weshalb so nicht sein kann und darum auch nichts wird.

Sie schabte den Rasierschaum von Bodhidharmas Haupt, wobei sie so zitterte, dass sie ihm einen ordentlichen Schmiss verpasste, was der Meister, der um seine Buddha-Ohren fürchtete, in stoischer Ruhe aussaß.  Minna rubbelte ihm das erleuchtete Haupt und stürzte dann in die Küche, wo es bald darauf zu einem zweiten Erleuchtungsschub kam: Während sie einen Stapel mit 23 Schalen trug und dabei in die Hände klatschte, wurde ihr vollkommen, absolut und für immer klar wie Kloßbrühe, dass Bodhidharma ein großer Heiliger war, der wie alle großen Heiligen das karmische Recht genoss, durch einen kleinen Anschlag, einen Terrorakt, Giftpfeile oder wenigstens durch eine makrobiotische Diät ums Leben zu kommen. Und ihr, Minna, war die Gnade zuteil geworden, den großen Bodhidharma abzumurksen, damit er in den sieben Himmeln als gerechter und würdiger Weisheitslehrer seinen Platz fände.

Minna hatte in ihrer Zeit unter den Shiva-Saddhus vielseitige Diät-Experimente durchgeführt, war aber, seit sie unter den Jüngern des Erhabenen weilte, zur ajurvedischen FDH-Kost übergegangen (Bettelschale voller Reis und Gemüse einmal am Tag).  Mittlerweile war sie jedoch so mit ihren Aufgaben in der kleinen Gemeinde ausgefüllt, dass ihr die Zeit fehlte, um sich ihr Essen zusammenzubetteln. So begann sie, sich einen Trunk aus eingelegten Brennnesseln zu brauen. Das Zeug setzte an und sie wurde immer grüner im Gesicht, weshalb sie bald die Grüne Minna genannt wurde (die später in Tibet als die Grüne Tara verehrt wurde).

Tja – und nachdem sie ihre Bestimmung erkannt hatte, ging sie dem Bodhidharma ans Leder. Bald gab es keine Hütte mehr, die nicht in Flammen aufging, wenn er sie betrat; keinen Elefanten, der nicht von wilden Bienen gestochen lostrampelte, sowie ER zum Verrichten seiner Notdurft im Dschungel verschwand. Wenn ein Ast brach, ein Damm, ein Fels ins Tal kollerte oder Giftpfeile aus dem Wirrwarr des Dschungels zischten, dann war die Grüne Minna nicht weit, Bodhidharma auf jeden Fall ganz in der Nähe.

„Hey, lass das“, sagte er eines Tages zu ihr, als er merkte, wie der Hase lief. „Ich bin kein vollkommen Erwachter. Ich habe noch eine Illusion an der ich hafte, nämlich die, alle Wesen retten zu müssen. Jetzt komme ich zu gar nichts, weil ich ständig damit beschäftigt bin, mich selbst zu retten.“

Für eine Weile ließen die Anschläge etwas nach.  Dafür verschlechterte sich die Ernährungslage drastisch. Die Grüne Minna forcierte ihren grünen Brennessel-Trunk als allein selig machende Sangha-Sangria, wodurch Bodhidharmas Schüler schnell zu einer kleinen Gruppe grüner Hardliner zusammenschrumpfte, die  schon zu viel mitgemacht hatten, um noch einmal das Lager zu wechseln. Außerdem glaubten sie der Grünen Minna, die ernsthaft behauptete mit diesem Brennesel-Trunk unsterblich werden zu können. Nach einer schier endlosen Gruppenmediation beschlossen alle gemeinsam zum Mars zu fliegen, wo ihnen Minna ewiggrüne Brennnessel-Felder versprach, die zwei Vorteile hätten: Erstens würden diese Brennnesseln nicht brennen und zweitens würden sie wie Pizza schmecken. Das klang für die kleinen grünen Männchen so verlockend, dass sie eine Astralreise zum Mars buchten. Eines Tages waren alle grünen Männchen Richtung Mars verschwunden und der Buddhismus galt in Indien für lange Zeit als ausgestorben.  Die Grüne Minna, der es bisher nicht gelungen war, einen Jahrhundertheiligen zu vergiften und die deshalb nicht mitgereist war, schmollte. Schließlich war eine so dicke Luft zwischen den beiden, dass sich Bodhidharma die Faxen dicke hatte und sich entschloss nach Norden zu gehen. In einem geheimnisvollen Seitental fand er das Königreich Shambhala und dort begründete er die Schule der wirbelnden Golf-Derwische von Tao Yin. Schließlich brachte er den Buddhismus, einer letzten Illusion folgend, über Tibet nach China und dann nach Japan, also in jene Länder, in denen der grüne Tee bis heute ein beliebtes Getränk ist.

Doch das kam alles erst später. Jetzt stand Bodhidharma auf diesem kalten Pass im eisigen Wind und der kleine chinesische Zöllner tibetischer Abstammung fragte ihn: Haben Sie etwas zu verzollen?

(c) by Eugen Pletsch

Grüne Tara

Om Ich verbeuge mich vor Ihr, die vor den acht Ängsten schützt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die den Glanz des Glückverheißenden ausstrahlt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die die Tore zu den niederen Bereichen verschließt.

Ich verbeuge mich vor Ihr, die den Pfad zu den höheren Bereichen weist.

Du bist meine ständige Begleiterin.

Beschütze mich immer mit deinem Mitgefühl.