Legenden vom Attighof (2006), eine surrealistische Hommage an den Golfclub Attighof, galt jahrelang als verschollen, bis der Text 2021 von Edith und Günther Bachor, den Inhabern des Attighof wiederentdeckt wurde.
Cover: Siggi Demand
Über das Golfspiel wollte ich eigentlich nicht mehr schreiben, da habe ich gesagt, was ich zu sagen habe. Aber wenn es um Magie, Zwerge, Ausserirdische und wundersame Dinge der besonderen Art geht, mache ich doch mal eine Ausnahme und das kam so: Im Januar traf ich Edith und Günther Bachor, die Inhaber des Golfclubs Attighof, in dem ich früher häufig zu Gast und zeitweise Mitglied war. Im Gespräch schwärmten sie mir von einem Text vor, den ich 2006 (offensichtlich im Vollrausch) verfasst haben soll und der dann verschollen war, zumindest in meiner Erinnerung. Herr und Frau Bachor erzählten mir, dass diese Geschichte auf der Internetseite des Golfclubs Attighof zu finden ist und gerne aufgerufen wird.
Am Abend las ich den Text erstmals seit Jahren und schlug der Familie Bachor am nächsten Tag vor, die Geschichte in einer von Peter Ruge illustrierten Ausgabe als Büchlein zu veröffentlichen. Das wurde begeistert aufgenommen und wer die Legenden vom Attighof lesen möchte, kann die Printausgabe bei einem Besuch im Golfclub Attighof erhalten. Ansonsten ist die überarbeitete Buchfassung mit 30 Cartoons von Peter Ruge und Textbeiträgen von Barbara Helbig als PDF auf der Attighof-Website zu finden.
Den Vertrieb meiner Ausgabe bei ePubli habe ich eingestellt.
Titel vergriffen, aber noch im Online-Antiquariatshandel erhältlich.
Die Story zum Buch
Schottland 1995: Obwohl ich an einer fortgeschrittenen Borreliose litt, meinte ich mich am 3. Tag der OPEN nochmal nach St. Andrews schleppen zu müssen. Ich erinnere mich vage daran, dass ich mit einem Golfjournalisten (HPK) über den Platz lief, um John Daly, Arnold Palmer und Jarmo Sandelin zu beobachten. Es war irrsinnig heiß, was mir den Rest gab.
Den Finaltag verbrachte ich im Bett und schaute 10 Stunden BBC. John Daly gewann die OPEN.
Wir flogen zurück nach Frankfurt, worauf ich sofort in die Hautklinik der Uni Gießen verfrachtet wurde. Zehn Tage hing ich am Tropf und wurde mit Doxycyclin vollgepumpt. Vor meinem inneren Auge sah ich immer wieder Bilder von hohen Bergen unter einem dunklen Himmel. Tibet? Ein eigenartiger Geruch von Yakdung zog mir in die Nase, als plötzlich eine Gestalt in meinem Bewusstsein auftauchte, die sich mit Ho Lin Wan vorstellte. Er meinte, ich sei Lobsang Dzong, und fragte mich ziemlich unverblümt, warum ich unser Match vermasselt hätte.
Ahnungslos, was die Details meiner früheren Inkarnation angeht, war ich reichlich verwirrt.
Es ist signifikant für Golfer, wenn zwei Stimmen um die Herrschaft im Bewusstsein kämpfen. Tim Gallwey beschreibt dieses Phänomen ausführlich in seinem Buch »Inner Game Golf«.
Für einen einigermaßen normalen Menschen, der von diesem ganzen übersinnlichen Kram keine Ahnung hat, ist es jedoch nicht leicht zu akzeptieren, wenn plötzlich ein schlecht gelaunter Tibeter im eigenen Kopf auftaucht. Ich schloss also die Augen, zählte eins – zwei, aber Ho Lin Wan war nicht weg. Er stellte sich breitbeinig in meine Aura, meinte, er sei mein alter Golfkumpel aus Tibet, und begann, mir meine Geschichte zu erzählen: Wir waren beide Mönche in einem Kloster der medizinischen Fakultät von Lhasa und ziemlich auf Golf abgefahren, das wir von den Engländern kannten, die vor den Toren unserer Stadt spielten. Wir hatten noch einen Gefährten, Lobsang Rampa*, der Jahre später nach England flüchtete, dort Apotheker wurde und ein paar Bestseller schrieb. Es gab nur uns drei Golfmönche in Lhasa und wir waren ein gutes Team. Mit der Zeit galten wir als die Nationalmannschaft von Tibet, denn es gab sonst keine Golfer.
Bei einem Spiel gegen einige Mönche eines chinesischen Klosters der »Tao Yin«-Tradition, zu dem wir uns an unserer nördlichen Grenze trafen, habe ich, wie Ho Lin erzählte, gewisse Regeln missachtet. Ich schlug meinen Ball, ohne die vorgeschriebenen Gebete und Verneigungen zu verrichten und zudem noch out of bounds über die Grenze nach China. Dabei traf ich einen chinesischen Offizier mit meinem Yakdungball mitten in die Gosch‘. Die Schande war groß. Wir verloren das Match, der Offizier sein Gesicht und der Dalai Lama war blamiert, womit seine Position gegenüber Peking zu wackeln begann. Diese Provokation einer »imperialistischen Mönchsnomenklatura« konnte von den Chinesen natürlich nicht hingenommen werden und Scharmützel an der Grenze begannen, bei denen ich bald darauf erschossen wurde. Der Rest ist Geschichte.
Es ist nachträglich gesehen ein saudummes Gefühl, dass das eigene Land überrannt und geknechtet wird, nur weil man einen Ball nach rechts verzogen hat. Wirklich dumm. Tut mir Leid, Leute. Aber die Chinesen lauerten schon seit Jahren hinter der Grenze und haben nur darauf gewartet, dass ein Ball rüber fliegt, damit sie endlich einmarschieren können. Also, was soll’s.
In vielen vergangenen Leben hatte ich (so glaubte ich zumindest) genügend gutes Karma angesammelt, um im buddhistischen Sinne einem letzten Anhaften gemäß, als zukünftiger OPEN-Sieger in Schottland wiedergeboren zu werden.
KOSMOS-Ausgabe
Stattdessen bekam ich die karmische Höchststrafe: Ich wurde als Deutscher wiedergeboren und musste für Jahre als clubfreier Golfer mit mittlerem Handicap in der Hölle schmoren – bis mich die Zecke biss!
Während die Ärzte ihre Geschütze gegen die Borrellien auffuhren, begann ich ein Buch zu schreiben, das später unter dem Namen ‚Der Weg der weißen Kugel‘ in Golfer-Kreisen einigermaßen bekannt werden sollte. Ho Lin Wan half mir dabei.
Ist es nicht wirklich sonderbar, dass ein seriöser Verlag wie der KOSMOS-Verlag, Stuttgart, bereit war, diese Geschichten zu veröffentlichen? Es kann nur KARMA gewesen sein – oder totale Inkompetenz, dass mein Redakteur, der von Golf absolut keine Ahnung hatte, 2005 bereit war, den WEG in das renommierte Verlagsprogramm aufzunehmen.
Merkwürdigerweise wurde das Buch zu einem Renner in der Golfszene und nach 20 Jahren gilt es als eine Art ‚Kultbuch‘, was immer das sein mag.
Für mich ist der WEG ein Bild, an dem ich immer wieder weiter gemalt habe, denn in jeder Ausgabe wurden Texte aktualisiert, geändert, erweitert oder verworfen.
Ursprünglich handelte es sich um die Abrechnung eines Clubfreien Golfers mit dem Golf-Establishment und war gespickt mit laienhaften Tipps zum Spiel, zur Ausrüstung und zum ganzen Drumherum des Golfspiels – kurz geagt: allem, was in anderen Golfbüchern nicht zu finden ist.
Der WEG – Erstausgabe bei BOD
Aber Vorsicht: Der Weg der weißen Kugel enthält nicht nur lustige Geschichten, sondern schildert auch die etwas zähen historischen Hintergründe des Golfsports in Deutschland, ein Thema, das Light-Golfer auf der Suche nach dem schnellen Kick schnell langweilen könnte.
Der Weg der weißen Kugel ist also kein Golflehrbuch, sondern eine Sammlung von Erlebnissen, Erfahrungen und Erkenntnissen, die der Autor in 30 Jahren als aktiver Golfer gesammelt hat. Dass meine Hinweise zum Spiel einigen Golfer mehr geholfen haben als manches Golflehrbuch, steht auf einem anderen Blatt.
Mein Problem beim Schreiben, damals wie heute, ist, dass mir immer wieder irgendeine Sicherung durchbrennt, worauf sich fachlich kompetente Hinweise mit surrealen Geschichten vermischen. Deshalb meinte der KOSMOS-Verlag irgendwann, ich habe mit meiner Schreibweise ein ganz neues Genre erfunden, das in Insiderkreisen als GOLFGAGAISMUS bezeichnet wurde. Die ganz schrägen Passagen gehen vermutlich auf die Narrenkappe von Ho Lin Wan, der in meinen Büchern immer wieder in verschiedenen Rollen auftaucht.
Mittlerweile hat der KOSMOS-Verlag sein Golfbuch-Programm ausgemustert und obwohl die Neuauflage vom ‚WEG‘, die 2015 erschien, bereits Weihnachten 2016 vergriffen war, wurde das Buch nicht mehr neu aufgelegt. Ich erhielt die Buchrechte zurück.
Wer den Weg der weißen Kugel beschreiten möchte, muss sein Glück im Antiquariatsbuchhandel suchen – ich habe den BoD-Vertrag der letzten Ausgabe gekündigt.
Aus unserer Serie „Oldies but Goodies“ heute: Ein kleines Telefonhörspiel aus der Zeit als ich einem bekannten Golfprofessional (Pro) noch regelmäßig mit meinen Anrufen auf die Nüsse ging…
„Tut Tuut“„Tut Tuut“
Pro: Ja bitte?
EP: „Hi, ich bin´s…“
Pro: unterdrückter Seufzer: Oh, prima, na, was kann ich für Dich tun?
EP: Och, wollte mich nur mal melden …
Pro: Das ist nett. Es war schön mit Dir zu reden…
EP: Hey!
Pro: Ja?
EP: Ich bin jetzt endlich erleuchtet!
Pro: (Pause, dann atmet er wieder): Gute Nachricht! Großartig! Also – es war schön mit Dir zu reden…
EP: Nein, ich meine es Ernst!
Pro: Na prima, endlich. Und seit wann bist du …äh … erleuchtet?
EP: Es fing an, als mir das Eisen 5 auf den nackten Zeh knallte. Das war eine sehr intensive Erfahrung und ich spürte, dass jetzt etwas passieren wird. In der ZEN- Literatur ist das exakt so beschrieben: Es gibt Vorzeichen der Erleuchtung …
Pro: (plötzlich interessiert) Und was passierte dann?
EP: Dann trank ich den Wodka, den ich bei einem Turnier gewonnen hatte. Ich wachte nachts auf, musste kotzen, wurde auf dem Weg zum Klo ohnmächtig, schlug mit dem Kopf an den Schrank und die nächsten Tage war ich vollkommen platt.
Pro: Vom Wodka?
EP: Nein, vom Orangensaft im Wodka. Meine Bioresonanz-Expertin meint, da wäre ein Schimmelpilz drin gewesen …. und weil mein Magenmeridian durch die Verletzung am 2. Zeh ohnehin schon geschwächt war…
Pro: …wurdest Du erleuchtet!
EP: Nein, nicht deswegen. In den folgenden Tagen machte ich eine sehr schwere Zeit durch, so, wie es auch von Eckart Tolle erzählt wird. Ich hatte dermaßen die Scheißerei – schlimm! Nach drei Tagen war ich vollkommen leer, wie Buddha, und dann ERWACHTE ich und merkte, dass ich erleuchtet bin.
Pro: (langsam genervt) Ach ja? Und woran merktest du das?
EP: Schwer zu sagen. Diese selige Leichtigkeit in mir. Dieses Nichtverlangen, zum Beispiel nach Wodka. Und dann natürlich die Allwissenheit.
Pro: Du bist jetzt allwissend?
EP: Tja, scheint so. Kann es selber kaum glauben.
Pro: Ich glaub´ es nicht!
EP: Kannst Du ja testen.
Pro: Wie?
EP: Na, frag mich irgendwas.
Pro: Wie viele Stunden war ich heute auf der Driving Range?
EP: Keine.
Pro: Stimmt. Na gut, das war einfach. (blättert nebenher) Aber: wie heißt der erste Satz im dritten Absatz des Buches Jenseits der Scores?
EP: Du meinst auf Seite auf Seite 57? „Der Weg des Meisters erfordert Offenheit um die eigenen Grenzen zu überschreiten, und den Mut, Misserfolge zu riskieren“. Meinst Du das?
Pro: (erstaunt) Tatsächlich! Na gut – jetzt: Ken Wilber „Ganzheitlich handeln“ Seite 91 letzter Satz…
EP: „Tiefe Spiritualität beinhaltet eine weite Wissenschaft von den höheren Ebenen menschlicher Entwicklung.“
Pro: Hmpffff (sprachlos).
EP: Also los: Frag mich mal was richtig Schweres!
Pro: OK, OK, mir fällt schon noch was ein… denkt … Also: Ein Mann, 42 Jahre, war 7 Jahre bei der Telekom und wurde dann zu T-Systems strafversetzt. Er sitzt mit seinem fünfjährigen Sohn und seiner Frau, (die eine Schwester in Dortmund hat,) in einem Intercity-Express nach Berlin. Auf der Gegenstrecke bewegt sich ein Güterzug mit halber Geschwindigkeit Richtung Kassel. Dieser Mann, 42 Jahre, mit einem Muttermal am Kinn, steht beim Golfschwung leicht gebeugt, zuckelt von Bein zu Bein, hat eine hohe Anspannung, fasst den Schläger zu fest, holt viel zu schnell aus, kreuzt, dreht sich aber im Durchschwung kaum, verschiebt seine Mittelachse enorm und hat kein Finish. Wie ist sein Ballflug und wann erreicht der Intercity Berlin?
EP: Ballflug kerzengerade und Ankunft 13 Uhr 08!
Pro: Stimmt. Sagenhaft. Diese Pfeife hat gestern jeden Ball kerzengerade getroffen. Ich fragte ihn, warum er zu mir kommt …
EP: … und er sagte, er könne immer nur gerade aus spielen, aber seine Kumpels können auch rechts und links rum und er möchte lernen, wie man einen Slice spielt. Außerdem, sagte er, seine Frau wollte mal einen Tag in Berlin rumbummeln und sein Sohn die Eisbären sehen.
Pro: Donnerwetter. Genau das waren seine Worte.
EP: Tja, ich kann es nicht ändern. Bin halt erleuchtet. Noch ´ne Frage?
Pro: Noch eine: Wer ist der beste Golflehrer der Welt?
EP: ……….
Pro: Na?
EP: ……….
Pro: Was ist los? Keine Antwort?
EP: Das ist das Schweigen der Buddhas. Es gibt Fragen, die werden mit Schweigen beantwortet. Steht alles in meinem ZEN-Buch.
Pro: Tja, das kann sein. Dabei hätte mich gerade diese Antwort interessiert.
EP: Du musst die Antwort in DIR finden.
Pro: Ja, danke für den Hinweis. Und was hast du jetzt vor?
EP: Da denk ich nicht dran. Lebe ja total im JETZT.
Pro: Klar, hatte ich vergessen. Und … äh … wie ist es so, wenn man erleuchtet ist.
EP: Nicht schlecht. Lässt sich mit Leben … tja … also … wollte es dir nur mal erzählt haben.
Pro: Das ist nett. Es war schön mit dir zu reden…
EP: Man sieht sich …
Pro: Klar und erleuchtet …
EP: HA! Guter Zen-Witz. Klar und erleuchtet! Bis denne … ich segne dich, mein Sohn
Pro: Danke. Tschüss.
„Tut Tuut“.
Pros Frau: Wer war das? Wieder dieser Spinner? Wir hatten wegen dem doch extra die Telefonnummer gewechselt.
Pro: Ja, schon wieder dieser Spinner … (murmelt): Aber woher hat er die neue Nummer?
„Notizen eines Barfußgolfers“ ist eine für die Buchfassung überarbeitete Auswahl an Texten, die der Golfautor Eugen Pletsch in seinem renommierten Blog (cybergolf.de) zwischen 2006 und 2018 veröffentlicht hat. Kommentare zu aktuellen Golf-Themen, Szene-sezierende Glossen, Golf-philosophische Betrachtungen, praktische Tipps und stille Hinweise auf das mystische Geheimnis dieses eigenartigen Spiels, dem der Autor in seiner mittlerweile 30jährigen Wanderung (…) ZUM epubli SHOP
Als ich 1985 mit dem Golfspiel begann, lernte ich als Erstes die Wartelisten der Golfclubs kennen. Aber dann wurden immer mehr – meist sehr exklusive – Golfanlagen gebaut, die leider das negative Image verfestigten, das dem Golfsport nach wie vor anhängt.
Ende des 19. Jahrhunderts waren deutsche Kurorte bei Reichen und Adligen aus aller Welt äußerst beliebt. Die englischen Eliten, die während der Kur nicht auf ihren Lieblingszeitvertreib verzichten wollten, brachten den Golfsport nach Deutschland.
Zuerst wurde in Kurorten wie Bad Homburg und Baden-Baden gespielt, wo auch die ersten Golfvereine gegründet wurden. Aus diesem Grund hat der Golfsport hierzulande, im Gegensatz zu Schottland und England, keine proletarische Tradition.[1]
Diese ersten Golfclubs in Kurparks bzw. in der Nähe von Kurorten waren den Angehörigen gehobener Gesellschaftsschichten vorbehalten, denn um Land zu kaufen, um das Clubhaus zu bauen und um die Unterhaltskosten zu finanzieren, musste viel Geld in die Hand genommen werden. Sofern kein wohlhabender Gönner die Golfanlage finanzierte, war ein Club auf Spenden, Umlagen und Aufnahmegebühren angewiesen, die wiederum nur von gut situierten Bürgern aufgebracht werden konnten.
Die Golfclubs organisierten sich in Landesverbänden, die gemeinsam den Deutschen Golfverband bilden. In diesem Sinne war der DGV ursprünglich die Vertretung aller cluborganisierten Golfer hierzulande.
In den 1980er Jahren wurde Golf spielen in gewissen Kreisen modern. Wer als Unternehmer, Freiberufler, Banker, Erbe, Mafiosi oder wie auch immer zu Geld gekommen war, versuchte einen Platz in einem der renommierten Golfclubs zu bekommen. Weil die Nachfrage weitaus größer als das Angebot war, mussten Bewerber jahrelang auf ihre Aufnahme warten – eine Situation, von der die Clubs heute nur noch träumen können.
Betreibergesellschaften, die einen Markt witterten, begannen deshalb, supertolle, superteure Plätze zu bauen. Sie hofften auf die Schönen, Reichen und Erfolgreichen, die noch keinen Platz in den privaten Clubs gefunden hatten. Auch der DGV hatte Blut geleckt, verließ seine Kernkompetenzen und versuchte sein Verbands-Gewese zu „professionalisieren“. In dieser Zeit mutierte der DGV von einer Vertretung aller Golfer zu einer Lobby der Golfclubs und Golfplatzbetreiber – die häufig andere Interessen als wir Golfspieler hegt.
Die Clubvorgabe (54 bis 37) wurde eingeführt, um dem »Breitensport Golf« den Weg mit einem Bulldozer zu bahnen, aber mit der Rezession änderte sich die Wetterlage. Geld wurde knapp. Unternehmer, Freiberufler, Banker, Erben und Mafiosi brachten ihr Geld dahin, wo es nicht vom Staat verplempert werden konnte und bald herrschte eine Dürre, die etliche Betreibergesellschaften an den Tropf der Banken führte. Selbst private Golfvereine bekamen Probleme, weil die Platzpflegekosten explodierten. Zu allem Überfluss offenbarte eine DGV-Studie, dass der Golfsport in Deutschland nach wie vor ein schlechtes Image hat. Weite Kreise unserer Gesellschaft haben Ressentiments gegenüber ‚privilegierten Selbstbedienern‘ oder was auch immer mit Golf assoziiert wird.
Planerischer Größenwahn und ausufernde Nachfolgekosten brachten viele Golfclubs in finanzielle Schwierigkeiten, weshalb mittlerweile Hunderte von Golfclubs um neue Mitglieder und Greenfee-Spieler buhlen.
Den Golflehrern erging es dabei nicht besser: Nachdem das Handicap 54 beschlossene Sache war, brach bei vielen die Panik aus und der Umsatz zusammen. Bislang mussten Anfänger Stunden nehmen bis Handicap 36 erspielt wurde, doch nun glaubten viele Neugolfer, dass der „Golfführerschein“ ausreichen würde, um in das Spielgeschehen eingreifen zu können.
Um zu überleben, begannen manche Golflehrer, den Golfschwung in filigranen Einzelpaketen zu vermitteln (um damit komplette Verwirrung zu stiften, die sich bezahlt macht) und andere mussten sich (je nach Club) mit windigen Platzreifekursen durchschlagen. Die Fähigkeit des zügigen Golfspiels auf dem Platz ging dadurch immer mehr verloren. Damit Geld in die Kasse kommt, bemühen sich die meisten Clubs und Golflehrer seitdem in diversen Marketing-Aktionen um »Frischfleisch«, wie der Neugolfer in der Golflehrersprache liebevoll genannt wird. Angeblich, um den Qualitätsstandard unter den Golfanfängern zu vereinheitlichen, wurde die »DGV-Platzreifeprüfung«, mit der man anfänglich nur die VcG-Wilden traktierte, in allen Clubs eingeführt. Nach der DGV-Platzreifeprüfung, auch »Golfführerschein« genannt, sollten Golfanfänger in der Lage sein,»sicher, zügig und unter Berücksichtigung der traditionellen Regeln« Golf zu spielen. Sie wären dann »auf beinahe allen Golfanlagen in Deutschland gern gesehene Golfspieler«.[2]
Die Realität zeigt, dass das ein Witz ist. Immer mehr schlecht ausgebildete Golfer tapern über die Heide und das, was man früher als »flüssiges Spiel« bezeichnete, ist auf vielen Plätzen nicht mehr realisierbar. Je verzweifelter manche Clubs Mitglieder suchen, umso laxer wird die Berechtigung zum Spiel auf dem Platz gehandhabt. Klamme Clubs locken mit fragwürdigen Platzreife-Angeboten und da wo man nach Greenfee-Spielern lechzt, zählt nur das liebe Geld. Wegen des wirtschaftlichen Drucks darf heute jeder ziemlich schnell auf den Platz. Das ist eigentlich schön, aber auch gefährlich und für sportliche Golfer (und manche Golflehrer) ein Alptraum, denn das Fortkommen auf dem Platz ist nur so schnell, wie es der langsamste Hacker zulässt.
Nach wie vor ist Deutschland ein Golfzwerg und das spielerische Niveau wird von schlechten Spielern, bestenfalls von Mittelmaß bestimmt. Etwa zwei Drittel der deutschen Golfer spielen (laut Statistik des DGV) im Handicap-Bereich 36–54 und wären damit in vielen Ländern weltweit überhaupt nicht als Spieler zugelassen, es sei denn auf Public Courses via „Pay & Play“. Zumindest in den Metropolen sind mittlerweile so viele »Platzreife«-Hacker unterwegs, dass sie höchstens noch jenen Golfern auffallen, die ihr Handwerk im Laufe mühseliger Jahre erlernten. Aber diese Saurier, denen es zumindest manchmal gelingt, Spielfluss mit Spielfähigkeit zu verbinden, werden bald ausgestorben sein, wenn das so weitergeht, denn das allgemeine spielerische Niveau hat – wie erfahrene Spieler berichten – stark abgenommen. Selbst ein Mindeststandard an Etikette ist vielerorts zum Novum geworden; regelfeste Spieler werden mittlerweile als Erbsenzähler und Spaßbremsen diffamiert. Dazu kommt, dass Golf gefährlich wird, wenn motorische Chaoten ohne Sinn und Ziel über den Platz ballern.
Mittlerweile hat sich der Golfsport „diversifiziert“, wie der DGV das nennt. Verbands-Golfer, Turnier-Golfer, Handicap-Fetischisten, Netzwerk,- und Afterwork-Golfer, Business-Golfer, Promi-Golfer, Charity-Golfer, Public Course Hacker, Cross-Golfer, Party-Golfer, Senioren,- Urlaubs,- und Freizeit-Spieler sowie etliche andere Gruppieren spielen sich gegenseitig die Bälle in die Hacken, während Betreibergesellschaften und Golfclubs von ihrem Verband erwarten, dass er das ‚Produkt Golf‘ optimal an diese Zielgruppen vermarktet. Aber ist Golf ein Produkt? 9-Loch Turniere, 6-Loch-Runden, größere Golflöcher und eine Vereinfachung der Regeln sollen das Spiel jetzt schneller, einfacher und interessanter machen. Aber wird dieses altehrwürdige Spiel, wenn es aus kommerziellen Gründen dramatisch verändert wird, seinen ‚Spirit‘ bewahren können? Wir werden sehen.
Mit „Spirit of the Game“ ist nicht nur das Golfspiel gemeint, sondern auch eine innere Haltung, die von Sportsgeist, Anerkennung des Reglements, Humor und Kameradschaft geprägt sein sollte. Manche glauben sogar, dass in diesem Spiel die Möglichkeit der Selbsterkenntnis steckt! Wer Golf auf seiner Metaebene verstehen will, sollte deshalb auch auf Verhaltensweisen achten, die von vielen Neugolfern und manchem älteren Golf-Autisten offensichtlich nie als essentielle Bestandteile des Spiels verstanden wurden. Damit meine ich Etikette, Ehrlichkeit, soziales Verhalten und Eigenverantwortung. Das bedeutet auch, dass versucht wird, das Spiel zu erlernen, soweit es die eigenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zulassen.
Das Schöne ist, dass man bei allen Irritationen, die der moderne Golfsport mit sich bringt, immer wieder Golfer trifft, die nicht dem Klischee des Golfers entsprechen und nichts mit den Standesdünkeln gewisser „Eliten“ zu tun haben. Sie wandern unter dem weiten Himmel, treiben ihren Ball vor sich her und sind bereit, sich Schlag für Schlag mit ihren inneren Dämonen auseinanderzusetzen – egal, ob sie auf Golfplätzen oder auf Brachen spielen oder zwischen den Dünen am Meer.
[1]Das ist insofern von Bedeutung, weil es erklärt, warum Deutschland nur wenige Spitzengolfer hervorgebracht hat. Es mag etliche hervorragende Amateure geben, aber nur wenige Profigolfer von internationalem Rang. Spieler wie Langer, Cejka und Siem haben einen anderen sozialen Hintergrund. Für sie ist Erfolg im Golf mit sozialem Aufstieg verbunden, während eine Laufbahn als Profigolfer für die meisten Sprösslinge unserer „Golfer-Familien“ einen sozialen Abstieg bedeuten würde. [2] laut DGV-Webseite auf golf.de
Textauszug aus: „Der Weg der weißen Kugel“ von Eugen Pletsch (Weitere Infos: siehe »Platzreife«.)
An nassen, kalten Tagen wandern die Gedanken zurück in die Vergangenheit. Mancher Schwerenöter erinnert sich dann der einen oder anderen Liebschaft, die in seinem Leben eine besondere Rolle gespielt hat.
Auch ich versuchte ich mich heute Morgen besonderer Liebschaften zu erinnern, muss jedoch gestehen, dass ich den Überblick verloren habe. Die ersten Erlebnisse sind unvergesslich, aber dann zieht sich ein gnädiger Schleier über die Jahre meiner Irrwege, bis die Farben und Formen schließlich wieder deutlicher werden. Früher gab es viel mehr monogame Spieler, die, sei es durch Glück oder durch Zufall, bereits zu Beginn ihrer Spielerkarriere jenem Schlägersatz begegnen durften, dem sie bis ans Ende ihrer Tage treu bleiben konnten. Es war die Zeit, als Golflehrer noch als echte Berater fungierten und die empfohlenen Produkte von Handwerkern stammten, die höchste Qualität als Mindeststandard ansahen. Wie maßgefertigte Schuhe aus London konnte solch ein Schlägersatz bei richtiger Handhabung und Pflege nicht nur ein Leben lang gespielt, sondern darüber hinaus an die nächste Generation vererbt werden.
Zu jener Zeit, als ich mit dem Spiel begann, wurde der heutige Golfmarkt gerade erst entwickelt. Da in meinem Fall kein Golfschlägerset als Erbschaft in Aussicht stand, ergriff ich selbst die Initiative und wurde zum Material-Fetischisten. Oft lag ich mit klopfendem Herzen und ratternden Gedanken nächtelang wach und dachte über die Vor- und Nachteile verschiedener Schläger-Modelle nach, von denen ich hoffte, dass sie meine spielerische Unfähigkeit ausgleichen könnten.
An der Lausward und in Schotten traf sich der damalige Golf-Underground, die geächteten Barfußgolfer, für die es im Weltbild des DGV keinen Platz gab.“
Bei meinem schottischen beinah-Schwiegervater Jim hatte ich meine ersten Übungsschläge mit einem Linkshänder-Set absolviert. Nach einer Inkubationszeit von zwei Jahren brach schließlich der Golfvirus in mir aus und ich kaufte mir in einem Kaufhaus in Reutlingen aus der Deko der ‚Schottischen Woche‘ zwei Hickory-Eisen sowie einen Hickory-Blade-Putter[2]. Damit stand ich auf der Driving Range und weil ich mich dafür schämte, dass ich keinen Ball traf, übte ich meist nachts. Dann half ich am Abend, die Range-Bälle aufzusammeln, wodurch ich die frei schwingende Zentrifugalebene entdeckte, die ich im „Weg der Weißen Kugel“ beschrieben habe.
Irgendwann in meiner zweiten Golfsaison habe ich aus der Grabsch-Kiste eines Pro-Shops im Schwäbischen ein modernes Eisen 7 sowie ein Holz 4 (Laminat von RAM) jeweils für 10 Mark ergattert. In Donaueschingen fand ich ein Eisen 3. Auch SEVE, so erzählt die Legende, hatte mit einem Eisen 3 angefangen. Im Gegensatz zu SEVE traf ich dieses Eisen 3 allerdings niemals.
Als Nächstes träumte ich von einem moderneren Putter mit größerem Sweetspot. Neue Eisen und Putter mit Cavity Back begannen gerade, den Markt zu erobern und alle Firmen versuchten, mit neuen Produkten auf diesen Zug aufzuspringen.
Auf meinen Fahrten zur Lausward besuchte ich regelmäßig einen Golfdiscount-Outlet Store, der sich ebenfalls im Hafen von Düsseldorf angesiedelt hatte. Darin standen in großen Kartons Bündel von ausgemusterten Laminat- und Persimmon-Hölzern sowie kistenweise Einzelschläger von RAM, John Letters oder Lynx – Marken, die hierzulande kaum noch jemand kennt. Golfschuhe aus Fernost waren für 30 Mark zu haben und Regenanzüge waren entweder schwer wie Ölzeug oder so schlecht, dass sie sich im Regen beinah auflösten. Trotzdem war der Golfdiscount für mich ein Paradies. Nach wochenlanger Marktbeobachtung und einer schlaflosen Nacht genehmigte ich mir den ersten neuen Putter, ein Beryllium Kupfer-Modell namens ‚Smoothy‘ von McGregor, natürlich ein Sonderangebot. Und als Highlight gönnte ich mir kurz darauf dann auch noch meinen ersten vollen Schlägersatz zum halben Preis und hoffte, damit endlich ein richtiger Golfer werden zu können, was sich bald als Irrtum herausstellen sollte.
Den besseren Laden, eine Golfhouse-Filiale in der Düsseldorfer Innenstadt, besuchte ich ebenfalls, aber das war eine andere Welt. Dort gingen Golfer ein und aus, die sich richtige Clubmitgliedschaften leisten konnten. Im Golfhouse fand ich zwar manches Schnäppchen, aber für uns Barfußgolfer von der Lausward war der Discounter am Hafen die angesagte Adresse. Jedes Mal, wenn ich nach Düsseldorf kam, spukte mir eine neue Theorie im Kopf herum, welche Schläger meine Ausrüstung komplettieren könnten. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, das mir etwas fehlte und ich begann, mich mit allem möglichen Firlefanz zu befassen, den der Golfmarkt im Laufe der Zeit hervorbrachte.
Schließlich kam der Tag, an dem ich im Düsseldorfer Immermann-Viertel einen japanischen Golf-Shop entdeckte, dessen Schaufenster mit geschmiedeten Blades dekoriert war, die in zeitloser Schönheit erstrahlten. Meine gegossenen, bleischweren Ping-Nachbauten, für die ich mich nach endlosen Überlegungen entschieden hatte, erschienen mir dagegen wie tölpelhafte Bauerntrampel. Dieser japanische Golf-Shop, der heute längst verschwunden ist, vermittelte mir etwas von der Grazie und Schönheit des Materials. Es folgten Jahre der Suche nach jenen besonderen Golfschlägern, die meinem Spiel die angemessene Ästhetik, Würde und Effizienz verleihen könnten. Ein Irrweg, wie mir heute scheint, denn auf schmerzhafte Weise habe ich lernen müssen, dass selbst der ästhetisch ansprechendste Schläger bei fehlerhaftem Schwung und mangelhaftem Ballkontakt wenig Effizienz bietet und jede Würde schnell verloren geht, wenn der Schock einer hart getroffenen Klinge durch den Arm zuckt und den Musikanten-Knochen zum Singen bringt.
Nur hin und wieder, wenn mich der Hafer sticht, nehme ich meine alten Apex II-Eisen mit auf den Platz. Gebeutelt von Hochmut und Größenwahn hoffe ich dann auf den perfekten, satten Schlag, den Hogan-Eisen mit etwas Glück einmal pro Runde gewähren. Was letztlich aber nicht immer der Fall ist! Viel öfter erinnern mich Hogan-Blades auf äußerst schroffe Weise daran, dass die Golfgöttin ihre Gunst nur jenen gewährt, die in Demut und Bescheidenheit verharren. Woraufhin ich mich nach kurzer Zeit dann doch lieber wieder meinem modernen Golfbesteck zuwende, das leichter den irrsinnigen Glauben nährt, man habe etwas vom Geheimnis des Spiels entdeckt.
(c) by Eugen Pletsch
Aus „Notizen eines Barfußgolfer“, Softcover, Erhältlich in allen Fach-und Onlinebuchandlungen. Vom Autor signierte Sonderausgabe (Erstandruck) EUR 20.- inkl. Versandkosten, Bestellen…
„Notizen eines Barfußgolfers“ ist eine für die Buchfassung überarbeitete Auswahl an Texten, die der Golfautor Eugen Pletsch in seinem renommierten Blog (cybergolf.de) zwischen 2006 und 2018 veröffentlicht hat. Kommentare zu aktuellen Golf-Themen, Szene-sezierende Glossen, Golf-philosophische Betrachtungen, praktische Tipps und stille Hinweise auf das mystische Geheimnis dieses eigenartigen Spiels, dem der Autor in seiner mittlerweile 30jährigen Wanderung (…)ZUM epubli SHOP
Sechseinhalb Golfbücher habe ich mittlerweile veröffentlicht, endlose Schachtelsätze über das Golfspiel verfasst, Sätze, die wie Katzen schnurren, wie Mantras summen und manchmal wie Motorsägen Nerv tötend aufkreischen. Ich habe meine Leser zu betören versucht, habe mich eingeschleimt, war manchmal barsch, trotzig, sarkastisch, zynisch und bisweilen sogar witzig – aber es war umsonst.
Als ich zu schreiben begann, waren Golfer meist golfsportlich ambitionierte Menschen, die neue Gäste im Club noch mit Handschlag und einem „Gestatten, Soundso…“ begrüßten – um in meinem Fall sofort zu erkennen, dass ich weder den Stallgeruch noch das Einkommen hatte, um mir mehr als ein paar Stunden Übungszeit auf der Driving Range zu erkaufen (und selbst für die Gunst musste ich mit mancher Clubsekretärin noch heftige Sträuße ausfechten).
Ich trauere dieser Zeit nicht nach, im Gegenteil, denn ich war damals ein vogelfreier Golfer, ein Außenseiter, der um Spielmöglichkeiten betteln musste. Diese einstigen „Gentlemen“ des deutschen Golfsports, die mich zu mancher Satire anregten, hatten mein mittlerweile etwas abgestandenes Bild vom deutschen Golfer geprägt (wobei ich dem damals weitgehend üblichen, niveauvollen Umgang miteinander mittlerweile bisweilen etwas nachtrauere).
Hätte ich damals erkannt, dass ich selbst der Prototyp des neuen Golfers war, hätte alles anders kommen können.
Intellektuell unbelastet wie eine Tontaube und vollkommen golfverrückt taumelte ich über die Fairways, so man mich ließ. Und was habe ich in dieser Zeit gelesen? Fast nichts! Ein Buch hatte ich, das „Das Golf-Handbuch“ von Alex Hay. Sonst nur Magazine mit möglichst vielen Bildern. Bilder vom Golfschwung, Bilder von den neusten Schlägermodellen, Bilder von den schönsten Golfplätzen der Welt – Bilder, Bilder, Bilder – mit ein paar erklärenden Sätzen und dazwischen die üblichen PR-Artikel. Das hatte ausgereicht um mich träumen lassen, ich wäre ein Golfer. Internet gab es noch nicht. Was zum Teufel war also in mich gefahren, dass ich irgendwann damit begann, eigene Bücher mit viel Text und wenigen Bildern zu veröffentlichen? Und all diese Notizen, Blogs, Kommentare und Glossen?
Leider konnte ich nicht anders. Wie gerne hätte ich lehrreiche Golf-Cartoons gezeichnet, mit deren Hilfe sich jeder Vollhorst mit DGV-Jagdschein auf feuchten Pfötchen in den Golf-Dschungel hätte wagen können, dahin wo Tiger brüllen, Geier fallen und Giftschlangen hausen.
Aber ich konnte es nicht. Bisweilen halfen mir Peter Ruge und Klaus Holitzka meine Idee vom Golfspiel zu skizzieren. Also schrieb ich meine Schachtelsätze und hoffte, meinen Lesern damit dennoch eine Freude zu bereiten.
Es gibt viele Golf-Welten über die man schreiben kann: Club-Golfer, Mannschafts-Golfer, Liga-Spieler, Netzwerk-Golfer, Business-Golfer, Vereinsmeier, Verbands-Granden und jene Wohlstandsverwahrlosten, die leider das Image vom Golf in Deutschland geprägt haben.
Ich habe keine Ahnung was die alle machen und denken. Deshalb schrieb ich jahrelang in meinen ‚Notizen‘ und Kommentaren, was mir gerade einfiel. Online entdeckten mich überraschend viele Leser und manche kauften sogar meine Bücher. So wurden „Der Weg der weißen Kugel“, „Golf Gaga“ und „Endlich einstellig!“ Sparten-Bestseller, später folgten „Achtung Golfer!“ und „Anmerkungen für Golfreisende“.
Soweit ich das aus Zuschriften weiß, sind meine Leser meist Menschen, die von diesem Spiel wirklich fasziniert sind, die aber einen anderen Zugang zum Golf suchen. Für diese Leute schreibe ich am liebsten, denn wer sich wirklich mit Golf beschäftigt, entwickelt allein schon als Überlebensstrategie jene Art von Humor, die man braucht, um an meinen Geschichten Gefallen zu finden. Manche der Figuren, die ich beschreibe, sind sehr skurril und viele haben offensichtlich einen Sockenschuss, aber sie sind liebenswert, auch wenn das in meinen Erzählungen nicht immer deutlich wird.
Besonders in meinem Buch „Achtung Golfer!“ meinem – wie ich im Nachhinein sagen muss –schwierigsten und unverstandensten Werk – nahm ich kein Blatt vor den Mund. Ein Leser schrieb mal, es wäre meine Tragödie als Autor, dass die, für die ich schreibe, nicht lesen geschweige denn mich verstehen und die, die lesen und mich ggf. verstehen würden, nie ein Buch anfassen würden, das mit GOLF zu tun hat.
Tja, damit muss ich leben, so, wie der Kosmos-Verlag mit der Restauflage von „Achtung Golfer“ und Ihr mit Eurem Golfspiel…
Eine kurze autobiografische Zusammenfassung meiner „Golf-Laufbahn“
Es war an einem Sonntag in Luxemburg vor mehr als 30 Jahren. Kurz nach 12 Uhr muss es gewesen sein, denn wir tranken bereits einen Malt. Jim, mein schottischer beinah-Schwiegervater, stellte sein Glas auf den Gartentisch, nahm einen Golfschläger, setzte einen Ball auf einen kleinen Stift und schlug einen Golfball in Richtung der Wiese hinter dem Haus. Da war niemand außer ein paar Kühen. Die Kühe schauten nicht mal auf, als Jim den Ball schlug. Offensichtlich wussten sie bereits, dass Jim sie nie treffen würde. Der Ball flog nur ein paar Meter, dann verschwand er im dichten Gras. Jim ärgerte sich und schlug noch einen Ball. Der flog dann etwas weiter und Jim lächelte listig. Irgendetwas faszinierte mich an dem, was er da machte. Deshalb wollte ich es auch mal probieren. Er gab mir seinen Schläger, zeigte mir wie man ihn hielt und ich versuchte nach dem Ball zu schlagen. Ich traf ihn nicht. Vermutlich um mir Mut zu machen, sagte Jim, er wäre Linkshänder. Die Schläger wären also für mich falsch rum. Das war mir egal. Es war wirklich egal, denn als ich später Schläger für Rechtshänder bekam, traf ich zunächst auch keinen Ball. Das ist nun mal so. Zumindest bei besonders talentierten Spielern wie mir. Ein weniger talentierter Spieler trifft den Ball meist gleich zu Anfang. Dann denkt er – oder sie – das Spiel wäre ganz einfach, verliert den Respekt und entwickelt sich kaum mehr weiter. Alle guten Spieler haben großen Respekt vor dem Golfspiel, aber auch sie kommen nie wirklich weiter. So geht das bis in die Weltklasse. Irgendwo hapert es immer. Da triffst du endlich deine Eisen, prompt fliegen die Drives ins Aus. Und kriegst du die Drives auf die Bahn, dann verlässt dich dein Putter. Man sagt, das Golfspiel sei unbesiegbar. Niemand hat das Spiel jemals gemeistert. Höchstens Bernhard Langer! Der spielt nach wie vor wie von einem anderen Stern, was mich vermuten lässt, dass er tatsächlich von einem anderen Stern ist.
Dass ich mittlerweile seit mehr als 30 Jahren Golf spiele, wundert mich selbst am meisten, denn eigentlich bin ich ein keltischer Barde. Ich erzähle gerne Geschichten, zumindest so lange, bis man mich an den Baum bindet. Bevor ich Jim traf, war ich Straßensänger. Dass ich weder singen noch besonders gut Gitarre spielen konnte, war kein Problem. Ich hatte trotzdem Geld im Gitarrenkoffer, weil ich den Leuten Geschichten erzählte. Ich begann irgendeinen Song, zum Beispiel einen Talking Blues von Bob Dylan, aber dann quasselte ich über dies und das, über Gott und die Welt. Die Leute schauten, blieben stehen und warfen Geld in meinen Koffer.
Jahre später, als ich das Golfspiel kennenlernte und schnell süchtig danach wurde, reiste ich beruflich durch Deutschland. Jeden Abend war ich an einem anderen Golfplatz und lernte so die deutsche Golf-Szene kennen. Zu dieser Zeit waren Golfer meist sportlich ambitionierte Menschen aus gesellschaftlichen Schichten, die in meinem sozio-kulturellen Hintergrund als Establishment bezeichnet wurden. Fremde Gäste im Club wurden noch mit Handschlag und einem „Gestatten, Dr. Soundso…“ begrüßt – um in meinem Fall sofort zu erkennen, dass ich weder den Stallgeruch noch das Einkommen hatte, um mir mehr als ein paar Stunden Übungszeit auf der Driving Range zu erkaufen. Und selbst für diese Gunst musste ich mit der Clubsekretärin noch heftige Sträuße ausfechten. Die einstigen Gentlemen des deutschen Golfsports, die mich zu mancher Satire anregten, prägten mein mittlerweile etwas abgestandenes Bild vom deutschen Golfer – wobei ich den weitgehend niveauvollen Umgang dieser Zeit bisweilen vermisse. Aber ich trauere dem nicht nach, denn ich war damals ein vogelfreier Barfußgolfer*, ein Außenseiter, der um Spielmöglichkeiten betteln musste. Die Erkenntnis, dass ich selbst der Prototyp des neuen Golfers war, wurde mir erst Jahre später bewusst.
GOLF! Ich wollte nur spielen! Intellektuell unbelastet wie eine Tontaube und vollkommen golfverrückt taumelte ich – tatsächlich häufig barfuß – über die Fairways, so man mich ließ. Schließlich begann ich, über meine Zeit als clubfreier Golfer zu schreiben. Mein erstes Buch „Der Weg der weißen Kugel“, eine Mischung aus Fakten und Fiktionen, wurde signifikant für meine Art des Schreibens. ‚Surreale Golf-Satire‘ – wie es der Verlag bezeichnete – galt als ein neuer Stil im Golf-Genre, obwohl Golfer (wie Jäger und Angler) seit Jahrhunderten Lügengeschichten erzählen. Zum Glück wurde „Der Weg der weißen Kugel“ sehr erfolgreich und entwickelte sich im Laufe der Jahre (ähnlich wie Bernhard Langer) zum Klassiker.
Mit B. Langer
Ende der 1990er Jahre ging es dann auch bei mir mit dem Internet los. Auf meiner Website Cybergolf.de veröffentlichte ich regelmäßig eine Kolumne, die zuerst ‚Golf Gaga‘, dann ‚Golfnotizen‘ und später nur noch als ‚Notizen von Eugen Pletsch‘ in der Golf-Szene bekannt wurde. Es folgten Kolumnen in Golf-Zeitschriften. Ich machte das, was man heutzutage bloggen nennt und war vermutlich Deutschlands erster Golf-Blogger. (…) Soweit ich das aus Zuschriften weiß, sind meine Leser meist Menschen, die von diesem Spiel wirklich fasziniert sind, aber einen anderen als nur technischen Zugang zum Golf suchen. Für diejenigen schreibe ich am liebsten, denn wer sich wirklich mit Golf beschäftigt, entwickelt allein schon als Überlebensstrategie jene Art von Humor, die man braucht, um an meinen Texten Gefallen zu finden. In diesem Sinne hoffe ich, dass Ihnen meine Auswahl gefällt und dabei hilft, auf dem Golfplatz zu überleben.
Eugen Pletsch
PS: *Der Begriff Barfußgolfer bezieht sich auf den Satz „Wir brauchen viel mehr Barfußgolfer!“ mit dem Jan Brügelmann, 1982 bis 1994 Präsident des Deutschen Golf Verbandes (DGV) den Golf-Kommentator Carlo Knauss zitierte. Barfußgolfer im Sinne von volksnah, öffentlich zugänglich, nicht länger elitär. Mittlerweile gibt es viele, auch preiswerte Optionen, dieses sonderbare Spiel zu erlernen.
Quelle: Auszug aus „Notizen eines Barfußgolfers“ (Texte 2008-2018) erschienen bei epubli 2019 (c) by Eugen Pletsch