Rayma – eine Tantra-Golfgeschichte

Golfer sind Mystiker und somit anfällig für die wundersamen Offenbarungen, die sie hinter jedem brennenden Dornbusch vermuten, in den sie ihren Ball geschlagen haben.

In kindlicher Naivität wird jeder Firlefanz ausprobiert, der angeblich dem Schwung dient oder verspricht, das Psychodrama, das sich bei den meisten Golfern zwischen den Ohren abspielt, zu lindern.

Golfgurus mühen sich mit Büchern und Videokassetten, den Untergang des Abendlandes heraus zu zögern und immer wieder dringt die messianische Botschaft von dem einen, neuen ultimativen Driver, der unser Leben verändern wird, in die Umkleidekabinen und erfüllt die Herzen verzweifelter Slicer und dröger Hacker mit neuer Hoffnung.

Geradezu mittelalterlich ist der Aberglaube unter uns Golfern bezüglich Zaubertränken, magischen Ritualen und geheimnisvollen Amuletten und Armbändern. Eine geradezu schmerzhafte Dummheit in der heutigen Zeit der Aufklärung, könnte man meinen. Aber jetzt kommt meine kleine Geschichte vom Rayma-Armband:

Ich begegnete Paul Lawrie bei der 1999 SAP / Deutsche Bank Open und er half mir bei einer kleinen Tombola-Aktion für meinen Heimatclub in den schottischen Highlands, der sich fast alle schottischen Spieler, sogar Monti, und etliche andere Tour Spieler anschlossen.

Als Paul Lawrie 1999 die Open gewann, dachte ich natürlich, es wäre gutes Karma, aber bald begriff ich, daß es etwas mit dem Armband mit zwei goldenen Kügelchen zu tun haben musste, das er am rechten Arm trägt.

Eine weitere interessante Begegnung war Matt. Matt ist Vertreter für Golfartikel. Als ich ihn kennen lernte, war er ein müder, grauer Mann, der auf der verzweifelten Suche nach seinem Golfschwung mürrisch über die Fairways stolperte und dabei eine Menge Eisen seiner Herstellerfirma in Teiche und Wälder warf. Ein Mann, dessen Divots weiter als seine Bälle flogen, kurz: ein Mann, wie du und ich.
Letzten Sommer traf ich Matt wieder: Ein braungebrannter, lebenslustiger Kerl, der mittlerweile in der Clubmannschaft spielte. Auf dem Grün lochte er alles, er schlug seine Bälle lange und gerade, aber noch bemerkenswerter war die etwa 23 Jahre jüngere Dame, die er mir als seine Lebensgefährtin vorstellte. Charmant und lebensfroh stand sie mit Matt auf dem Grün und ich und andere alte Zausel vergingen vor Neid, wenn sie ihren knusprigen, braunen Arm um Matt legte, um ihn vergnügt zu küssen. Am Arm trugen beide dieses Armband mit den Kugeln und ich fing an, mir darüber meine Gedanken zu machen.

Dann war da noch ein Bursche, den ich im Club beim Sommerfest beobachtete. Ein lauter fröhlicher Zecher, der sich noch in komatösen Zuständen das erste Brutto einheimst und seine Drives selten unter 300 Meter lässt. Die junge Dame an seiner Seite war mit Sicherheit nicht seine Tochter. Kein Vater würde seiner Tochter gestatten, derart üppige Formen so provokant zur Schau zu stellen. Er trug dieses Rayma-Armband und irgendwie wollte ich jetzt auch eins haben.

Dieses Rayma-Armband hat etwas mit Magnet-Therapie zu tun. Auf der Internetseite von Rayma erfahre ich, dass niemand genau weiß, wie Magnettherapie funktioniert, darüber aber viel geforscht wird. Es scheint jedenfalls eine magnetische Anziehungskraft auf junge Dinger zu haben. Rayma-Tantra? Es gibt mittlerweile etliche Beispiele dafür, dass Rayma-Träger ihr – nennen wir es – latentes Potential von Biomagnetismus dynamisch entwickeln.

Douglas Bell vom englischen Institut für Magnettherapie erklärt den Boom, den die Magnettherapie derzeit in den USA erlebt: „Jede Zelle des menschlichen Körpers ist ein elektrisches Feld mit magnetischem Potential“. Wie es scheint, erlebt gerade der Golfer, der in die Jahre kommt, sein eigenes Potential in vollkommen neuer Weise, sinniere ich, während ich eine blonde Beauty anstarre, die gerade im Pro Shop mit einem Burschen, der ihr Opa sein könnte, ein hübsches, goldenes Rayma-Band aussucht.

Es war die Firma Rayma, die das Original biomagnetische Armband entwickelte, das Paul Lawrie, Lee Westwood und Matt tragen. Majorsieger Tom Kite hat es übrigens auch und braucht seit dem diese dicke Brille nicht mehr, mit der er immer wie seine Mutti aussah.

Die Hersteller des Rayma-Armbands empfehlen, das Armband entweder auf dem rechten Handgelenk mit den Polen nach oben, oder am linken Handgelenk mit den Polen nach unten zu tragen. Wenn nach einiger Zeit keine positive Wirkung verspürt wird, sollte das Handgelenk gewechselt werden. Zwischen dem Rayma-Armband und seinem Träger besteht eine Interaktion. Daher ist es nicht empfehlenswert, dasselbe Armband abwechselnd mit jemand anderen zu tragen oder ein bereits getragenes zu verschenken. Die elektrische Ladung, die die Wirkung des Armbands ausmacht, verringert sich mit der Zeit, was mich etwas an den Magnetismus mancher Beziehungen erinnert. Von diesen Armbändern, die in Palma de Mallorca in Raymas eigener Fabrik hergestellt werden, wurden bereits weltweit über 12 Millionen Stück verkauft. Die Rayma-Armbänder findet man in Deutschland in ausgewählten Golfläden, Sportgeschäften und Sexshops.

Leute, ich bin Ende vierzig, Single und will nicht wahrhaben, dass es das schon war. Also, um es kurz zu machen: natürlich habe ich jetzt auch so ein Armband.

Zuerst stellte ich fest, dass es auf Microsoft-Produkte allergisch reagiert, aber wer tut das nicht. Dafür bekomme ich, seit ich das Armband habe, keine Kettenbriefe mehr, meine Bücher laufen saugut und ich habe fünf Kilo abgenommen. Ich kann nicht besser Putten, ärgere mich aber nicht mehr so. Den Ball schlage ich nicht länger als früher, aber ich finde ihn schneller im Wald.

Na, und was Sie jetzt am meisten interessiert: Ja, Sie ist 25 Jahre alt, klug, stilvoll und absolut süß. Sie spielt Golf und sie liebt es, mit mir Golf im Fernsehen anzuschauen. „Jede Zelle in unserem Körper ist ein elektrisches Feld mit magnetischem Potential“, könnte man sagen. Am Arm trägt sie ein kleines goldenes Rayma-Armband.

© by Eugen Pletsch, 2001